von Frank Stein
Der vorliegende Sammelband vereint die Ausgaben #18-23 der Reihe „Kopfgeldjäger“. Diese gehören zu dem Cross-Over-Event „Crimson Reign“, das in der zweiten Hälfte 2022 alle Marvel-Comic-Reihen („Star Wars (2020)“, „Darth Vader (2020)“, „Doctor Aphra (2020)“ und „Kopfgeldjäger“) vereinte und gewissermaßen als Fortsetzung zum „Krieg der Kopfgeldjäger“ im Jahr zuvor diente. Die sechs „Kopfgeldjäger“-Hefte wurden ursprünglich in den USA zwischen Dezember 2021 und Juni 2022 veröffentlicht. Dieser deutsche Sammelband bei Panini folgte dann parallel im Softcover und im limitierten Hardcover im Dezember 2022. Geschrieben wurden die Comics weiterhin von Ethan Sacks, für die Illustrationen waren Ramón F. Bachs, Paolo Villanelli und Natacha Bustos verantwortlich, für die Farben Bryan Valenza und Arif Prianto.
Der Sammelband, der kurz nach dem Ende des Kriegs der Kopfgeldjäger startet, ist grob in drei Teile aufgeteilt. Im ersten geht es um den Kopfgeldjäger Beilert Valance. Für den sieht es nicht gut aus. Darth Vader hat ihn erwischt und den Schwerverletzten auf seinem Flaggschiff Exekutor wieder hergestellt. Mittlerweile ist Valance wirklich mehr Mensch als Maschine, was es Vader leicht macht, ihn zu kontrollieren. Um seine einstige Geliebte und deren Freunde zu schützen, sieht sich Valance gezwungen, einen Attentatsauftrag anzunehmen. Ziel ist ein einstiger imperialer Kriegsheld. Parallel dazu trauern seine Mitstreiter – T’onga, Losha, Bossk, Zuckuss und Tasu Leech – um den scheinbaren Tod von Valance. Sie fühlen sich macht- und nutzlos, was in einer etwas erzwungen wirkenden Action-/Gewaltszene in einer Cantina mündet. Dann immerhin kommen sie zu dem Schluss, dass sie 4-LOM finden müssen, den Partner von Zuckuss, denn seine Hackertalente können sie vielleicht auf die Spur des gesuchten Mädchens Cadeliah bringen.
Im zweiten Teil des Comics verschwindet Valance dann völlig aus der Geschichte. Stattdessen erleben wir die Bemühungen der anderen Kopfgeldjäger, den zum Monster umgebauten 4-LOM zu „retten“. Auch das geht natürlich nicht reibungslos über die Bühne. Im Anschluss sehen sich T’onga und ihre Mitstreiter gezwungen, sich mit Crimson Dawn persönlich anzulegen. Hier holpert der Comic kurz, denn wie sie von ihren ersten Infos auf den Gedanken kommen, die fiese Generalin Vukorah zu entführen, erschließt sich nicht so ganz. Dieser Versuch jedenfalls füllt mit viel Action die nächsten knapp 30 Seiten. Parallel dazu muss ein weiterer „alter Mann“ sterben. (Ich habe keine Ahnung, wie der Bandtitel zustande kam. „Der Tod kommt schnell und überall“ wäre irgendwie passender gewesen.)
Danach wechselt der Fokus für ein Heft zu Dengar, der sich wie immer unterschätzt und zu wenig respektiert fühlt. Umso freudiger nimmt er einen Attentatsauftrag von Crimson Dawn an, bei dem er zeigen kann, was er drauf hat. Danach endet das Ganze mit einem gemeinen Cliffhanger.
Das Cross-Over-Event „Crimson Reign“ war ja schon im Hauptcomic weniger eine straff erzählte Geschichte, als vielmehr ein Überblick über Monate, in denen Q’ira mit Crimson Dawn die Unterwelt aufmischt und das Imperium ärgert. Das setzt sich hier indirekt fort. Die Anbindung an den Hauptcomic ist gering, auch wenn der Einfluss von Crimson Dawn auf allen Seiten spürbar ist. Dennoch: Man kann den vorliegenden Band auch gut ohne den Rest des Events lesen. Allerdings ist er natürlich fest in den Handlungsfortlauf der „Kopfgeldjäger“-Reihe verankert, sodass eine Einzellektüre nicht zu empfehlen ist. Rein inhaltlich ist er durchaus kurzweilig zu nennen und liest sich gut weg, allerdings versuchen doch viele Actionmomente mit Kampfeinlagen darüber hinwegzutäuschen, dass an Story nicht so wahnsinnig viel geboten wird. Im Sammelband fällt es einmal mehr nicht so auf, aber stellt man sich das Ganze in sechs Einzelepisoden zerlegt vor, ist der Gehalt pro Heft doch eher dünn.
Optisch bietet der Band ein Potpourri der Stile, auch weil sich Illustratoren und Koloristen wild kombinieren. Ramón F. Bachs und Bryan Valenza sorgen für einen routinierten, aber nicht wirklich inspirierten Einstieg. Den definitiv stärksten Teil legt dann das Duo Paolo Villanelli und Bryan Valenza hin. Heft 20 und 21 sehen wirklich toll aus – mit sehr zurückgenommenem Strich, gelungener Mimik und realistischen Proportionen sowie teil spannenden Perspektiven. Der Wechsel hin zu Arif Prianto lässt das Ganze dann wieder etwas gewöhnlicher wirken, aber immer noch gut. In einen regelrecht abfallenden Cartoon-Stil verfällt der Comic dann unter dem Zeichenstift von Natacha Bustos. Das ist schon ein krasser Qualitätsunterschied, der eher zu einem Jugendmagazincomic passen würde.
Eine vollständige, aber keineswegs opulente Bildergalerie schließt den Band ab.
Fazit: Für Fans der Reihe ist der Band natürlich unverzichtbar. Die „Ablenkung“ durch das Cross-Over-Event „Crimson Reign“ bleibt gering, die Geschichte konzentriert sich weiterhin vor allem auf die Suche nach dem Mädchen Cadeliah. Das gefällt, wenngleich die Protagonisten nur schleppend vorankommen. Als Einzelcomic für Gelegenheitsleser ist der Sammelband nicht zu empfehlen. Es wird eine Menge Vorwissen vorausgesetzt, und das Ende ist einmal mehr ziemlich offen.
Star Wars – Kopfgeldjäger: Der Tod lässt auf sich warten
Comic
Ethan Sacks, Paolo Villanelli, Bryan Valenza
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-3045-3
140 S., Hardcover, deutsch
Preis: 18,00 EUR
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