Aktuelles

Star Wars: Die Jedi-Meister

Manche Jedi-Meister, wie Mace Windu oder Yoda, sind längst Legenden im „Star Wars“-Universum. Über andere weiß man kaum etwas, außer dass sie stumm auf einem Sessel in der Ratskammer des Jedi-Tempels hocken können. Oppo Rancisis, Yarael Poof, Plo Koon, Adi Gallia, Even Piell, Ki-Adi Mundi, Depa Billaba, Eeth Koth, Yaddle und Saesee Tiin – sie alle werden zu Helden in John Jackson Millers neuem Roman.

von Ye Olde Jedi-Master

Es war ganz sicher nicht so, aber ich stelle mir das Pitch Meeting für „Die Jedi-Meister“ folgendermaßen vor:

„John Jackson Miller? Wir haben einen Job für Sie.“
„Super. Lassen Sie hören.“
„Wir brauchen einen Roman über Jedi.“
„Klingt gut. Welche?“
„Alle!“
„Äh … gebt mir einen Moment Bedenkzeit.“
… 
„Ich habe eine fantastische Idee!“
„Perfekt. Schießen Sie los.“
„Wir wissen ja, dass der Rat der Jedi die ganze Zeit in seinem Turmzimmer hoch oben im Tempel auf Coruscant sitzt. Ernsthaft, haben sich Meister wie Eeth Koth oder Oppo Rancisis jemals von ihrem Stuhl erhoben? Ich bezweifle es. Nun kommt Qui-Gon Jinn, der alte Jedi-Herumstreuner, und beschuldigt den Rat, von ihrer hohen Warte aus den Bezug zum normalen Leben, zu den kleinen Leuten verloren zu haben.“
„Okay. Und weiter?“
„Der Rat beschließt daraufhin, eine Feldexkursion weit raus in den Mittleren Rand, zum Planeten Kwenn, zu machen.“
„Kwenn? Nie gehört.“
„Der stammt aus einem Rollenspiel-Abenteuer von WestEnd Games aus dem Jahr 1988, ‚Tatooine Manhunt‘.“
„Nerd!“
„Ich weiß. Danke.“
„Okay. Was machen die Jedi-Meister auf Kwenn?“
„Na, sie mischen sich unter die kleinen Leute – und helfen, wo sie können.“
„Beispiele?“
„Äh … Ki-Adi Mundi könnte eine Beziehung kitten. Even Piell kümmert sich um Schulkinder, deren Unterricht ausfällt. Plo Koon und Saesee Tiin vermitteln in einem Taxifahrerstreik. Eeth Koth räumt für die Witwe eines verstorbenen Antiquitätenhändlers dessen Archiv auf.“
„Wow, das klingt echt … unspektakulär.“
„Das Ganze wird mit einem Augenzwinkern erzählt. Weltfremde Jedi treffen auf schräge Einwohner. Mir schwebt da so eine Szene vor, in der Ki-Adi Mundi ein Eis kaufen will, aber dem Eisverkäufer nicht klarmachen kann, dass er nur Eis ohne Geschmack möchte.“
„Aha. Ist der Eisverkäufer zufällig ein Sith?“
„Nein, wieso?“
„Mir fehlt gerade ein bisschen die Bedrohung.“
„Natürlich gibt es auch eine Bedrohung! Eine dunkle Bedrohung gewissermaßen. Aus den Schatten.“
„Okay. Welche?“
„Piraten! Diese Ecke des Mittleren Rands wird von Piraten heimgesucht. Die fieseste von ihnen ist Zilastra, eine Nautolanerin.“
„Und die legt sich mit den Jedi an?“
„Ja.“
„Warum?“
„Äh … Kindheitstrauma. Sie lebte einst in einem Waisenhaus. Ihre machtsensitiven Freunde wurden von einem Jedi abgeholt; sie hat man zurückgelassen.“
„Eindeutig ein Grund für eine jahrzehntelange Vendetta. Weiter.“
„Sie hat bereits den ehemaligen Padawan von Meisterin Depa Billaba getötet. Und als Depa ihr nachspürt, schnappt sie auch die und will sie zu Tode foltern, natürlich vor Kameras, als Abschreckung.“
„Whoa! Ist das nicht ein bisschen krass? Hier kauft Ki-Adi Mundi ein Eis und da wird Depa Billaba zu Tode gefoltert?“
„Wird ja nur darüber geredet. Am Ende kommt alles ganz anders. Zilastra will ja alle Jedi töten. Also greift sie mit ihren Partnern Kwenn an.“
„Ein paar Piraten gegen zwölf Jedi?“
„Vierzehn.“
„Wieso vierzehn?“
„Qui-Gon Jinn und Obi-Wan Kenobi sind auch dabei.“
„Die gehören doch gar nicht zum Rat.“
„Aber jeder Fan kennt sie.“
„Und was führt sie nach Kwenn?“
„Äh, sie könnten Eeth Koth beim Ausmisten des Archivs helfen.“
„Welches Archiv?“
„Das von dem toten Antiquitätenhändler.“
„Ach richtig. Klingt etwas unspektakulär.“
„Natürlich werden sie in all die Ereignisse verwickelt. Sie sind immer da, wo die Action passiert.“
„Warum?“
„Die Macht will es so.“
„Feine Sache. Erleben die auch etwas Lustiges?“
„Unbedingt! Sie treffen drei trottelige Piraten. Ich stelle sie mir wie die drei Stooges vor: Wungo, Ghor und der Lobber.“
„Der Lobber?“
„DER Lobber!“
„Ah.“
„Die drei sind Raumschiffdiebe, kriegen aber nix auf die Reihe. Und dabei treffen sie ständig auf Qui-Gon und Obi-Wan.“
„Okay. Und am Ende gibt es eine große Schlacht?“
„Auf Kwenn, ja.“
„Piraten gegen vierzehn Jedi.“
„So ist es.“  
„Die Piraten kriegen doch die Hucke voll.“
„Aber sowas von. Zu Lande, zu Wasser und im Weltraum. Das wird eine Parallelmontage, auf die George Lucas stolz wäre.“
„Gefällt mir! Wie nennen wir das Buch?“
„Ich würde sagen, wir halten den Titel kurz und deskriptiv: ‚Die Jedi-Meister.‘“
„Ist gekauft.“

Fazit: Mit „Die Jedi-Meister“ legt Autor John Jackson Miller einen Roman vor, der sich vor allem durch eins auszeichnet: Er verleiht ganz vielen Mitgliedern des Jedi-Rats Stimme und Profil. Wer vorher mit Namen wie Oppo Rancisis oder Yarael Poof wenig anfangen könnte, kann sie hier ein bisschen besser kennenlernen. Die Handlung mäandert dabei zwischen humoristischen Einlagen und der etwas überzogenen Vendetta einer Möchtegern-Piratenkönigin hin und her, wobei die Jedi-Meister weder beim einen noch beim anderen nennenswert ins Schwitzen geraten. Trotzdem macht der Roman Spaß! Durch viele kurze Szenen und reichlich Personal liest er sich flott weg, und der liebevoll-ironische Blick des Autors auf die Bewohner von Kwenn erwärmt das Herz. Wer eine Geschichte voll interstellarer Spannung und galaktopolitischen Dramas erwartet, der ist mit „Die Jedi-Meister“ nicht gut beraten. Als Strandlektüre mit Schmunzel-Faktor eignet sich der Roman jedoch hervorragend.

Star Wars: Die Jedi-Meister
Film/Serien-Roman
John Jackson Miller
blanvalet 2024
ISBN: 978-3-7341-6406-4
576 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: 12,00 EUR

bei amazon.de bestellen (Partnerlink)