Aktuelles

Sockenpuppen

Die „Kleine Reihe“ des System Matters Verlags erhält weiteren Zuwachs. „Ein Rollenspiel über Puppen und ihre Probleme“, so verrät uns der Untertitel. Die „Kleine Reihe“ hat bereits einige eher exotische Titel hervorgebracht, doch das klingt nun wirklich albern. Lohnt sich das Spiel vielleicht dennoch?

von Jens Krohnen

Der System Matters Verlag hat bereits eine ganze Reihe unterschiedlichster Erzählspiele veröffentlicht. Neben einigen nahezu universell einsetzbaren Ansätzen – wie „Geh nicht in den Winterwald“ –, die das Erleben unterschiedlicher Abenteuer erlauben, gibt es auch sehr spezialisierte Systeme, die darauf ausgelegt sind, genau eine Geschichte zu erzählen. „Kagematsu“ oder „Die Liebe in den Zeiten des Seidr“ sind solche Spiele. Auch „Sockenpuppen“ dient in erster Linie dazu, eine ganz bestimmte Geschichte zu erzählen.

Dafür schlüpfen die Spielenden in die Rolle von eben Sockenpuppen. Oder eher nicht, sondern vielmehr in die Rolle der hinter den Puppen stehenden Puppenspieler. Diese wiederum spielen natürlich … Sockenpuppen. Okay, das mag komplex klingen, ist es aber eigentlich gar nicht. Die Gruppe verkörpert eine Reihe von Puppenspielern, welche auf irgendeinem Lokalsender eine TV-Puppenshow für Kinder inszenieren. Doch in dieser speziellen Episode wird so einiges aus dem Ruder laufen, denn die Puppenspieler haben einen ganzen Haufen angestauter Probleme und Emotionen mitgebracht – und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die eigentliche Handlung der Episode entgleisen wird …

Zugegeben: Schon bei dieser kurzen Beschreibung finde ich, dass das nach jeder Menge Spaß klingt. Wie aber gießt „Sockenpuppen“ diesen Ansatz nun in Regeln? Tatsächlich kaum. Vielmehr bietet „Sockenpuppen“ einen lockeren Baukasten, um das Szenario zusammenzusetzen, und überlässt den Rest der Erzählfreude der Gruppe.

Alles beginnt mit der eigenen Sockenpuppe. Diese will nämlich zuerst einmal gebastelt sein, denn ohne Sockenpuppe würde „Sockenpuppen“ nun wirklich keinen Spaß machen. Das Spiel liefert einen Haufen Materialvorschläge und den gut gemeinten Rat, eher eine Papiertüte denn einer Socke zu verschönern – klar, das sollte schneller gehen. Hat jeder Mitspielende seine Sockenpuppe zur Hand, wählt jeder ein persönliches Motiv aus. Das kann von verschmähter Liebe über reine Geldgier bis hin zu schauspielerischem Größenwahn gehen. Dann gilt es, eine Beziehung zu einem anderen Charakter der Truppe auszuwählen: Vielleicht ist man das ungeliebte Mitglied einer unfreiwilligen Wohngemeinschaft, ein ehemaliger One-Night-Stand oder der größte Fan der restlichen Truppe? Daraufhin wird der Puppe eine Rolle innerhalb der Show zugewiesen – ist man für die coolen Sprüche, die Emotionen oder eher für den weisen Rat zuständig? Und zu guter Letzt gilt es noch, der Episode einen Handlungsüberbau zu verpassen – denn eigentlich will man ja den Kindern spielerisch und mit viel Humor etwas vermitteln. So könnte es um Freundschaft, das Teilen geliebter Gegenstände oder die Aufregung vor dem ersten Schultag gehen.

Diese vier Komponenten gemischt ergeben den Handlungsrahmen einer Spielrunde „Sockenpuppen“, in denen jeder Spieler nun nicht nur die Rolle seiner Puppe innerhalb der Show erfüllen soll, sondern zugleich seine persönlichen Ziele und Beziehungen durchsetzen will. Und das natürlich so subtil wie möglich – immerhin kann man ja nicht die Show sprengen. Einen Spielleiter sieht „Sockenpuppen“ nicht vor, wobei es eine alternative Regelvariante gibt, in der eine Art Regisseur ein wenig mehr Steuerung über das Spiel übernimmt. Nötig ist das allerdings nicht. Die richtige Erzählfreude in der Gruppe vorausgesetzt, sehe ich hier chaotische und aberwitzige Geschichten entstehen.

„Sockenpuppen“ liegt als 48-seitiges A5-Softcover im üblichen Querformat der „Kleinen Reihe“ vor. Das Layout ist quietschbunt und passt damit hervorragend zum Spiel. Die grobschlächtigen, flächig-farbigen Zeichnungen von eben Sockenpuppen unterstreichen die Stimmung des Spiels perfekt. Technisch gibt es damit, wie so oft bei System Matters, eine gute Note.

Fazit: Wie bei vielen anderen Erzählspielen auch gilt: „Sockenpuppen“ steht und fällt mit der Spielfreude der Gruppe. Das Spiel liefert alles, um eine – oder auch mehrere – denkwürdige TV-Episode(n) erzählen zu können. Wer an solchen eher ungewöhnlichen Konzepten seine Freude hat, sollte hier zugreifen.

Sockenpuppen
Grundregelwerk
Kurt Refling, Xan!
System Matters 2025
ISBN: n. a.
48 S., Softcover, deutsch
Preis: 16,95 EUR

bei system-matters.de bestellen