Aktuelles

Interview mit Uland Grawe von „The CrunchFluff – Fantastic RPG Magazine“

Magazine waren vor dem Internet das schlagende Herz jeder Fan-Community – auch im Rollenspielbereich. In den 1980ern und 90ern sorgten Magazine wie „Der Grüne Gnom“, die „Pläi Beck“ und die „ZauberZeit“ für Lese- und Spielstoff, eine Ära, an die sich manch Alteingesessener noch gern erinnert. Das Magazin „The CrunchFluff“ will jene Gründerzeit wachrufen und mit dem Hier und Jetzt der Szene und dem Rollenspiel vereinen. Anlässlich des Crowdfundings auf GameOn Tabletop haben wir mit Macher Uland Grawe gesprochen.

von Bernd Perplies

Ringbote: Uland, „The CrunchFluff – Fantastic RPG Magazine“ wird als „ein einmaliges, systemoffenes Rollenspielmagazin“ angekündigt – aktuell noch bis zum 30. Juli im Crowdfunding. Was genau kann man sich unter dem Projekt vorstellen? 

Uland Grawe: Wir führen durch das Magazin in drei kuratierten Abschnitten – wie durch unterschiedliche Ebenen in einem Dungeon –, die verschiedene Facetten unserer Rollenspielkultur beleuchten: Nostalgie, Innovation und Gemeinschaft. „Nostalgie“ heißt bei uns nicht: Früher war alles besser. Sondern: „Früher war da etwas.“ In Interviews, Szeneporträts und Anekdoten erinnern wir an Menschen und Momente, die geprägt haben – gedruckt übrigens bei derselben Druckerei, die 1987 schon den „Grünen Gnom“ (eines der ersten Fanzines in Deutschland) aufs Papier brachte. 

„Innovation“ bedeutet für uns: Spieltiefe statt nur Regelupdate. Wir bringen Beiträge aus Psychologie, Pädagogik und Kreativforschung ein – zu Gruppenbindung, Perspektivwechsel, Resilienz, Immersion. Die unterschiedlichsten Perspektive sind für uns ein Werkzeug, um noch schöner miteinander zu spielen. Und unter „Gemeinschaft“ verstehen wir mehr als Forendiskussion. Mit unserem „CrowdCreative“-Format öffnen wir das Magazin für die Szene: Es entstehen Abenteuer, Essays, Regeloptionen, Spielideen – von vielen, für viele. Das macht „The CrunchFluff“ zu einem echten Gemeinschaftswerk über Systemgrenzen, Altersklassen und Szeneblasen hinweg. 

RB: So ein Projekt ist mit einer Menge Arbeit verbunden. Ihr seid kein Verlag. Wieso tut ihr euch das an? 

UG: (lacht) Gute Frage. Vielleicht weil ich’s nicht lassen kann. Aber im Ernst: Dieses Magazin ist keine nostalgische Flucht. Es ist eine Reise – zu den Menschen, die die Rollenspielszene geprägt haben. Manche sind noch dabei, andere sind längst in anderen Welten unterwegs. Aber alle haben Spuren hinterlassen. Wir haben zum Beispiel Jens Rassmus interviewt, heute ein bekannter Kinderbuchillustrator, früher Mitgestalter des Fanzines „Der Grüne Gnom“. Oder Max Dax, der mit 14 ein eigenes Zine gegründet hat, das die frühe Szene der 1980er Jahre prägte – und der heute in der Popkultur sehr präsent ist. Das sind doch unglaubliche Geschichten!

RB: Also doch vor allem Rückschau und Erinnerung? 

UG: Auch, aber nicht nur! Wir feiern nicht die alten Regeln, aber die Haltung, den Mut, die Kreativität. Und wir stellen die Fragen: „Was davon trägt bis heute? Und was machen wir heute besser?“ Deshalb sind unter anderem auch Tom Finn und Andreas Michaelis dabei – absolute Größen im „Das Schwarze Auge“-Kosmos. Andreas bringt ein Abenteuer mit, Tom ein exklusives Interview über damals und heute. Denn natürlich schauen wir uns auch auf das Jetzt: Wie entwickeln sich Indie-Regelwerke heute? Wie sieht ein Lebensprojekt wie „Magun“ von Leander Aurel Taubner aus – über 20 Jahre lang entwickelt, mit eigener Welt, Illustrationen, Systemlogik?

RB: Das klingt sehr breit aufgestellt. Wie hält man das zusammen?

UG: (schmunzelt) Auf jeden Fall mal mit ordentlich Spucke in den Händen. Und sicherlich durch unsere innere Haltung. Wir nehmen das Rollenspiel ernst – uns selbst aber nicht zu ernst. Und genau darin liegt die Freiheit. Wir schauen uns zum Beispiel in mehreren Meta-Artikeln an, wie Immersion am Spieltisch gelingt, wie Charaktere innerlich glaubwürdig werden oder wie psychologische Modelle (beispielsweise das Instanzenmodell von Freud Es–Ich–Über-Ich) beim Rollenspiel helfen können. Zeitgleich schieben wir auch mal eine satirische Seite hinterher oder ein liebevoll überdrehtes Horoskop für Charakterklassen. Wir wollen zum Nachdenken anregen, die Spielkreativität der Lesenden aktivieren und natürlich laute Lacher beim Schmökern des Magazins hören. 

Und vieles davon entsteht gemeinsam mit der Community. Wir nennen es „CrowdCreative“. Menschen bringen eigene Perspektiven ein, sei es ein Essay, ein magischer Gegenstand oder ein Blick zurück auf die eigene Spielgruppe von 1984.

RB: Was möchtest du mit dem Projekt in der Szene erreichen?

UG: Ich stelle es mir als Spiegel vor. Als Resonanzraum. Bisher gibt es nur ein Standardwerk von Tom Hillenbrand (der übrigens mit einem Interview im Heft dabei ist) zum Thema Rollenspielkultur, welches speziell auf Verlage und die USA fokussiert ist. Wir blicken auf die deutsche Gründerzeit der Rollenspielszene mit dem Fokus auf die Fanzines dieser und unserer Zeit. Und vielleicht erinnern wir uns als Rollenspielgemeinschaft daran, dass wir alle Teil von etwas Größerem sind. Rollenspiel ist für viele mehr als ein Hobby – es ist Begegnung, Verarbeitung, Aufbruch. Und manchmal eben auch: Kunst.

RB: Letzte Frage – warum sollte ich mir das holen?

UG: Weil du ein Teil davon bist. Ob du seit 40 Jahren als Dungeon Master spielst oder gerade erst deinen ersten Charakter gebaut hast – das hier ist auch dein Magazin. Wenn du „The CrunchFluff“ aufschlägst, spürst du: „Das ist mehr als Content – das ist Kultur.“ Und wenn du’s wieder zuklappst, hast du vielleicht eine neue Idee für deinen Charakter. Oder für dich selbst. Es ist nicht nur ein Heft. Es ist ein Ort. Ein Gespräch. Eine Einladung.

RB: Dann wünsche ich dir, dass noch viele dieser Einladung folgen. Vielen Dank für das Gespräch, Uland. Und noch viel Erfolg bei dem Crowdfunding.

Hier kann man am Crowdfunding teilnehmen.