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Ein Streifzug über die ComicCon Stuttgart 2024

Wo kann man Sturmtruppler und Ghostbusters, Sauron und Jason Vorhees, Captain America und Captain Kirk an einem Ort treffen? Na klar, auf einer ComicCon. Am Wochenende des 30.11. und 1.12. fand die diesjährige Ausgabe der ComicCon Stuttgart statt – und der Ringbote war vor Ort, um ein wenig durch die Hallen zu streifen.

von Frank Stein

Dieses Jahr ist alles anders. Statt um 6:30 Uhr am Samstag stehe ich erst um 8 Uhr am Sonntag auf. Statt mich allein auf die Socken zu machen, sind meine Frau und die Kids dabei. Und statt für den Zug entscheiden wir uns fürs Auto, was sich als Segen erweist, denn Dank meines Presse-Tickets dürfen wir auf einem Extra-Parkplatz in Spuckweite des Haupteingangs zur Messe parken. So geht der Tag doch gleich entspannt los.

Gemeinsam stürzen wir uns ins Messegetümmel, werden gleich von einem Super Mutant Ninja Turtle, zwei schwarzen Todestrupplern und einem Batman empfangen. Vor allem meinem Kleinen gehen die Augen über. Es ist seine erste ComicCon. Noch vor den Hallen reihen sich Endzeit-Fahrzeuge. Auch die sind natürlich ein Highlight für meine technikverliebten Jungs, vor allem, weil die ausstellende Fan-Gruppe riesige Nerf-Kanonen, stilecht bemalt und gealtert, an ihre Pick-Ups geschraubt hat. Eine Weile kommen wir nicht vom Fleck. Es müssen Fotos gemacht werden, und der Große fachsimpelt mit einem Verkäufer der gepimpten Spielzeugwaffen über die verschiedenen Produkttypen.

Dann geht es weiter. Wir lassen uns von den Fan-Strömen in Richtung Halle 4 treiben. Insgesamt 48.000 Messegäste sollen es laut Veranstalter am Schluss gewesen sein. Klingt viel, trotzdem fühlt man sich nicht erdrückt, sondern kann sich fast immer gut bewegen. Überall sieht man Cosplayer, teils schon in vollem Ornat, teils noch letzte Kostümdetails richtend. Manga-Figuren, von denen ich zugegeben keine einzige mit Namen kenne, sind sehr präsent, dicht gefolgt von „Star Wars“-Charakteren. Hier haben gefühlt die Mandalorianer diesmal die Nase vorn. An jeder Ecke sieht man die Clan-Brüder und -Schwestern von Din Djarin. Aber auch die imperialen Angehörigen der „German Garrison“ laufen einem – wie immer auf solchen Events – oft über den Weg. Dagegen scheint die helle Seite der Macht eher unterrepräsentiert zu sein.

Aber Roboter gibt es eine Menge! Die „Droidbuilders Germany“ sind vor Ort – und, Mann, übt der Stand eine Faszination auf alle vorbeilaufenden Kinder aus. Es ist aber auch schon beeindruckend, wenn einem ein täuschend echt aussehender R2-D2 entgegenrollt und einen anpiepst. Und wenn man dann noch ein paar Schritte weiter an einer Werkbank unter die elektronikgefüllte Haube schauen kann, ist man gleich doppelt über die Kunstfertigkeit der Macher erstaunt. Doch ich greife voraus.

In Halle 4 werden wir zunächst von weiteren Panzerfahrzeugen mit Waffen begrüßt. Das geht bei meinen Jungs immer! Dass sich jenseits davon zahlreiche Manga- und Merchandise-Händler aufreihen – geschenkt. Gleich dahinter folgt das nächste Highlight mit der Gaming Zone. Dabei sind es nicht mal so sehr das neue Indiana-Jones-Spiel oder aktuelle High-End-Konsolen-Angebote, die meinen Großen interessieren. Stattdessen verzaubern ihn die ausgestellten Retro-Spiele-Automaten des „Flipper und Arcade Museums Seligenstadt“. Es geht doch nichts darüber, mit einem alten Joystick und auf einen Feuerbutton hauend ein kleines Raumschiff von links nach rechts zu steuern, das Pixelpilze und Außerirdische abschießt!

       Foto: Landesmesse Stuttgart GmbH & Co. KG

Die riesige Autogrammzone, die sich anschließt, fühlt sich geradezu erschreckend leer an, wie ein weiter Raum, an dessen Ende ein paar kleine Gestalten mit Betreuer sitzen. Es sind nun auch keine wirklich großen Namen vor Ort, dennoch frage ich mich, wie Gaststars wie Clark Gregg (Phil Coulson, „Agents of S.H.I.E.L.D.“), Babs Olusanmokun (Doktor M’Benga, „Strange New Worlds“), Joonas Suotamo (Chewbacca, „Der Aufstieg Skywalkers“) oder George Mann (profilierter „Star Wars“-Autor) die Con so erlebt haben. Denn ich stelle es mir schon frustrierend vor, in so einer Kabine zu sitzen und auf lange Absperrleinen zu schauen, die Fan-Massen lenken sollen – bloß steht da niemand außer zwei bis drei tapferen Seelen, wenn überhaupt. Es mag am Samstag anders gewesen sein, aber zumindest am Sonntag kommt mir dieser Teil der Con wie der am wenigsten beachtete vor.

Umso trubeliger geht es in der „Galactic Cantina“ am fernen Ende der Halle zu, dem großen „Star Wars“-Bereich. Dazu tragen natürlich vor allem die toll kostümierten Fan-Gruppen bei. Aber auch der AT-ST in Lebensgröße (!), die Rätselangebote der Teams von Jedipedia.net und Jedi-Bibliothek.de, die schicken Fotopoints und die Lichtschwertverkäufer sorgen für mächtig Stimmung in diesem Teil der Con. Fun Fact in diesem Zusammenhang: Die „Stuttgarter Nachrichten“ haben ihren Artikel zur Con mit einem Foto von Mister Spock, Uhura und Doktor McCoy verziert. Ich frage mich im Nachhinein, wo sie die drei „Star Trek“-Cosplayer aufgetrieben haben. Mir ist in der ganzen Zeit vor Ort exakt eine einzige, einsame Sternenflottenangehörige über den Weg gelaufen, die zwischen all den Sturmtruppen, Mandos und Jawas (doch, wirklich, da lief ein Trupp Jawas über die Con) sehr verloren wirkte.

In der hintersten Ecke von Halle 4 finden wir endlich das erste Angebot für Freunde des analogen Spiels. Asmodee ist erneut vor Ort und präsentiert das neuste Set seines Sammelkartenspiels „Star Wars: Unlimited“ mit dem Titel „Niedergang der Republik“. Hier gönnen wir uns natürlich ein Testspiel. Dabei fällt uns vor allem eine Eigenheit des neuen Sets auf. Viele Einheiten erzeugen nun sogenannte „Marker-Einheiten“. Das sind B1-Droiden auf Seiten der Separatisten und Klonkrieger auf Seiten der Republik. Die Einheiten selbst sind zwar schwach, aber es gibt verschiedene Effekte, um sie im Spiel zu nutzen. Man kann sie beispielsweise „verheizen“, um die Kosten bestimmter starker Einheiten zu senken (was irgendwie echt makaber klingt). Die Fähigkeit „Koordinieren“ dagegen verstärkt solche Einheiten-Gruppen, was sie unvermittelt deutlich schlagkräftiger machen kann. Ich sehe hier schon das ein oder andere „Schwarm-Deck“ auf die Zockerszene zukommen.

Weiter geht es in Halle 6. Der Eingang wird erneut von vielen Händlern von Comics und Memorabilia beherrscht. Dahinter schließt sich das TCG Village an, das ganz dem Sammelkartenspiel gewidmet ist. Vielleicht liegt es daran, dass der Nachwuchs zu dem Zeitpunkt etwas am Ziehen ist, aber tatsächlich bleibt mir von dem Bereich nur eine relativ verwaiste „Free Play Area“ und ein kleiner, aber gut besuchter „Lorcana“-Stand von Ravensburger im Gedächtnis. Den hinteren Teil der Halle teilen sich die Queer Avenue, das Cosplay Kingdom und die 18+ Area, alles Bereiche, die Hobbyfotografen und Kostümfans sicher ins Schwärmen bringen, aber uns (sprich: Erwachsene) zieht es (sprich: Kids) recht schnell weiter.

       Foto: Landesmesse Stuttgart GmbH & Co. KG

Ein kleines, gut verstecktes Highlight in der hinteren Hallenecke ist noch die Space-Days-Modellbau-Ausstellung, in der teils spektakuläre Modelle – vom „Perry Rhodan“-Kugelraumer über einen großen Kampfstern Galactica inklusive voll eingerichteten Hangars bis hin zu zahlreichen Sternenzerstörern und Millennium Falcons – präsentiert werden. Warum dieser für Kinder so staunenswerte Teil der Con hinter der 18+ Area versteckt worden ist, entzieht sich mir. Mein Rat für nächstes Jahr an die Macher wäre: Platziert die Modellbau-Ausstellung nach vorn in die Halle, etwa neben das TCG Village! Dann haben die Erwachsenen hinten ihre Ruhe und die jüngeren Besucher vorne ihre Freude.

Über einen Verbindungsgang erreichen wir dann gleich den Hintereingang von Halle 8, was in dem Fall gut ist, denn so stehen wir direkt vor der Hauptattraktion für unseren Großen, nämlich dem Stand der „Mechforce Germany“. Dort gibt es nicht nur Spielmöglichkeiten und Schauvitrinen, sondern auch einen Painting-Bereich. In diesem „Bälleparadies“ für Ältere lassen wir den Großen dann die nächste Stunde. Ein Timber-Wolf-ClanMech, ein Pinsel und ein paar Farben – und er ist glücklich. Wir gehen unterdessen in der benachbarten Card Show auf Jagd nach einem „Pokémon“-Booster für den Kleinen. Das ist tatsächlich schwieriger als gedacht. Einzelkartenordner und Sammlerboxen füllen die Tische der Händler. Dazu Karten auf Englisch und Japanisch. Auch einen stinknormalen Booster für 9 Euro lehne ich ab. Erst nach längerem Suchen finden wir deutsche Booster zum gewöhnlichen Einzelhandelspreis. Mein Gefühl: Der Teil der Con war früher einsteigerfreundlicher. Ich erinnere mich noch daran, dass vor zwei Jahren „Star Wars Force Attax“-Booster von netten Lego-Mitarbeitern verschenkt wurden und auf den Tischen bei Topps „Ahsoka“- und Fußball-Booster zum Mitnehmen lagen. Mittlerweile richtet sich das Ganze, auch mit mehreren Card-Grading-Anbietern, deutlich eher an erwachsene Profi-Sammler.

Ansonsten wird Halle 8 von den Künstlern der Artist Alley beherrscht. Hier gibt es wirklich eine Menge Kreativität zu bestaunen. Beinahe schamhaft versteckt dazwischen sind die Info- und Verkaufsstände einzelner Verlage, darunter Pabel Moewig („Perry Rhodan“), Cross Cult und Leseratten. Dieses merkliche Desinteresse der ComicCon-Macher an der Genre-Bücherzunft betrübt mich einmal mehr ganz privat. Mangas kann man in rauen Mengen erstehen, Comics immer noch in erklecklicher Zahl – aber fantastische Literatur muss man wirklich suchen. Nun gut, für diese gibt es dann ausgewiesene kleine und große Buchmessen. Aber dass es diese instinktive Trennung in ComicCons links und Buchmessen rechts – auch vom Publikum her! – überhaupt gibt, fand ich schon immer bedauerlich.

Mein Fazit, als wir am späten Nachmittag ziemlich laufmüde, aber jeder mit Beute in den Taschen Richtung Parkplatz zurücklaufen: Es war wieder eine schöne Con, die eine Menge zu entdecken bot. Vieles fühlte sich bekannt an, von der Hallenaufteilung und natürlich den eingeladenen Gruppen her. Diese Art von Vertrautheit ist einerseits schön, denn sie hilft bei der raschen Orientierung. Andererseits darf auch ruhig jedes Jahr etwas Neues passieren, immerhin kostet der Eintritt praktisch so viel wie der in einen Freizeitpark. Ich wiederhole mich hier, wenn ich schreibe, dass ich mich für 2025 über eine Rückkehr der genialen LEGO-Modellbauer freuen würde. Oder mal etwas mehr „Star Trek“-Präsenz. Auch eine dezidierte Fantasy-Ecke in „Der Herr der Ringe“-Optik wäre mal schick. Ich weiß, dass es da draußen spektakuläre Fantasy-Cosplayer und -Gruppen mit sehr schönen Lagern gibt. Grundsätzlich aber freue ich mich, dass überhaupt im Stuttgarter Raum solch ein großes Genre-Event existiert – und ich bin auch sicher nächstes Jahr wieder vor Ort, um mich in ferne Welten entführen zu lassen ...

Die nächste ComicCon Stuttgart wird am Wochenende, 29. und 30. November 2025, auf der Messe Stuttgart stattfinden.