von André Frenzer
François Baranger, geboren 1970, arbeitet hauptsächlich als Covergestalter und Concept Artists und Illustrator für Computerspiele und Filme wie „Harry Potter“, „Kampf der Titanen“ und „Die Schöne und das Biest“. Schon seit seiner Jugend ist er nach eigenen Angaben von H. P. Lovecrafts Horrorwelten fasziniert. So fasziniert, dass er mit „Das Grauen von Dunwich“ bereits die dritte illustrierte Ausgabe – nach „Der Ruf des Cthulhu“ und „Berge des Wahnsinns“ – einer Lovecraftgeschichte vorlegt.
Zum Inhalt: Die Geschichte beschreibt eine Reihe von Ereignissen, welche später als „Grauen von Dunwich“ bekannt werden sollten. In den abgelegenen Wäldern von Massachusetts liegt das Dorf Dunwich, wo die alten Geschichten von Hexerei noch lebendig sind und wo zuweilen seltsame Geräusche von den unheimlichen Hügeln herabhallen. Hier wird eines Tages im Jahre 1913 der kleine Wilbur Whateley geboren. Aufgrund seines ungewöhnlichen Wachstums und Aussehens wird das Kind schon bald von allen gemieden, zumal keiner weiß, wer der Vater ist. Der alte Whateley, Wilburs Großvater, war in seiner Jugend wegen Zauberei verschrien. Als er stirbt, beschließt der junge Wilbur schließlich, den Gerüchten nachzugehen und mehr über seine Herkunft zu erfahren. Doch damit setzt er eine Kette tragischer Ereignisse in Gang, die schließlich das namenlose Grauen zum Leben erwecken, das unter Dunwich geschlummert hat …
Neben dem ikonischen Dorf Dunwich, einem der zentralen Orte „Lovecraft Countrys“, führte Lovecraft in dieser Geschichte noch eine Reihe weiterer, fest mit unserer Vorstellung des „Cthulhu“-Mythos verankerten, Motive ein. Der tapfere, aber gebrechliche Professor Armitage, geheimnisvolle Rituale und ein von den Sternen herabgeschriebener Schrecken sind Bilder, welche nicht zuletzt im cthuloiden Rollenspiel dankbar aufgegriffen und immer weiter vertieft wurden. „Das Grauen von Dunwich“ gehört damit zu den Klassikern des Mythos und darf vorbehaltlos jedem an Horrorliteratur interessierten Leser ans Herz gelegt werden.
In dieser Ausgabe stehlen die großformatigen Bilder von François Baranger dem Autoren Lovecraft allerdings fast die Show. Denn die qualitativ beeindruckenden Hochglanzbilder, welche detailreich, verstörend realitätsnah und mit einem guten Blick für das jeweilige Motiv angefertigt wurden, sind eine wahre Augenweide. So unterstreichen sie die morbide Atmosphäre nicht nur des Landstrichs, sondern der gesamten Geschichte nahezu perfekt. Einziger Wermutstropfen – und wir jammern hier wirklich auf hohem Niveau – mag sein, dass Baranger seine Arbeit eher an bereits bekannten Motiven ausrichtet. So sind Lovecrafts Schrecken bereits für zahlreiche Brett- und Rollenspiele sattsam illustriert worden – ein Umstand, den der Autor selbst immer vermied und stattdessen auf wortreiche Beschreibungen des Unbeschreiblichen setzte. So hat sich in den Köpfen vieler Mythoskenner bereits ein Bild von Wilbur Whatley und seinem Zwillingsbruder etabliert, welches von Baranger zwar qualitativ hochwertig, aber wenig mutig-kreativ bedient wird. Hier hätte ich mir noch eine eigenständigere Interpretation des Künstlers gewünscht.
Technisch gibt es keinen Grund zur Klage. Der Band ist wirklich großformatig – wahrscheinlich so großformatig, dass er zwischen anderen Bildbänden immer auffallen wird. Das Hardcover ist stabil und liegt gut in der Hand. Die Übersetzung ist gut gelungen und fehlerfrei lektoriert. Die Illustrationen sind – wie erwähnt – qualitativ hochwertig.
Fazit: „Das Grauen von Dunwich“ ist ein Klassiker unter den Lovecraftgeschichten, die jeder Horrorliebhaber gelesen haben sollte. In der von François Baranger hochwertig illustrierten Ausgabe liegt eine Art „ultimative Version“ der Geschichte vor. Absolut empfehlenswert.
Das Grauen von Dunwich
Horror-Novelle
H. P. Lovecraft, François Baranger
Heyne Verlag 2023
ISBN: 978-3-453274-58-7
64 Seiten, Hardcover, deutsch
Preis: 27,00 EUR
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