von Frank Stein
Lasst Opa mal vom Krieg erzählen … Es war im Jahre 1999, da erfand der US-amerikanische Spieleautor Richard Borg das Spiel „BattleCry“, ein Strategiespiel von überschaubarer Komplexität, mit dem sich diverse Schlachten des amerikanischen Bürgerkriegs nachempfinden ließen. Dazu wurden kleine Plastikeinheiten via Befehlskarten über ein breites Spielbrett mit Hexfeldern bewegt, das in exakt drei Zonen – linke Flanke, Zentrum und rechte Flanke – unterteilt war. Dieses Regelsystem sollte im Laufe der Jahre als „Commands & Colors“-System bekannt werden und weitere erfolgreiche Spiele hervorbringen, etwa „Memoir '44“ (2004), das zig Erweiterungen nach sich zog, oder „Commands & Colors: Ancients“ (2006), eine etwas komplexere und visuell trockenere Spin-Off-Reihe, die ebenfalls mehrere Folgespiele hatte.
Mit „BattleLore“ (2006) kam eine Fantasy-Variante auf den Markt, die in „Battles of Westeros (2010)“ auch den Cross-Over mit George R. R. Martins „Game of Thrones“-Serie wagte und mit „BattleLore: Second Edition (2013)“ ein paar Jahre später ein Aktualisierung erfuhr. (Zu dem Zeitpunkt hatte Borg bereits weitgehend aufgegeben, etwas anderes als Erweiterungen für die verschiedenen „C&C“-Reihen herauszubringen.) „Samurai Battles (2012)“, „The Great War (2015)“, Commands & Colors Tricorne: The American Revolution“ (2017) und „Red Alert: Space Fleet Warfare (2019)“ schlossen im Laufe der Jahre noch offensichtliche Lücken in der Auswertung des eingängigen Spielprinzips. Und jetzt also „Star Wars – Battle of Hoth“!
Eigentlich erstaunlich, dass es so lange gedauert hat, bis eine „Star Wars“-Variante von „C&C“ erschienen ist. Ein flottes Spielsystem und ein Universum voller Schlachten – „Battle of Yavin IV“, „Battle of Naboo“, „Battle of Geonosis“ oder „Battle of Endor“ kommen einem in den Sinn –, das passt doch wie Topf auf Deckel. Gut, es gab (und gibt) Tabletop-Systeme wie „Star Wars X-Wing“, „Star Wars Armada“ und „Star Wars Legion“, aber die sind mit ihrem ausuferndem Einheitenangebot (und im letzten Fall mit der Notwendigkeit, die Figuren erstmal zu kleben und gegebenfalls zu bemalen) doch eine ganz Spur komplexer. Nun, die Gründe mögen nur die Macher kennen. Jetzt jedenfalls ist das Spiel da und lädt zu 17(18) zunehmend komplexen Szenarios ein, die entweder einzeln oder in Form von zwei Kampagnen gespielt werden können.
Hexfelder, Befehlskarten und viele Minis
Schon die Boxenaufmachung verspricht „Star Wars“-Atmosphäre pur und lässt das Fanherz höher schlagen. Dieses Gefühl erhält sich, wenn man die Spielmaterialien in Augenschein nimmt. Es gibt einen robusten Faltspielplan, der für ein Strategiespiel kurioserweise fast klein anmutet (aber das sind wohl nur meine Tabletop-Augen, die darauf blicken, denn es gibt immerhin 7x10 Hexfelder). Der Plan zeigt die eisige Hoth-Landschaft und ist, typisch für das „C&C“-System zweifach geteilt, sodass sich drei Spielzonen ergeben. Die Rückseite ist übrigens ebenfalls bedruckt, stellt allerdings nur einen halben Spielplan dar. Dabei blicken wir nicht auf den frechen Versuch von Days of Wonder, uns das Spiel zweimal zu verkaufen. Stattdessen ist das wirklich nur als Bonus zu verstehen. Wenn wir im Freundeskreis zwei Spiele besitzen, lässt sich Szenario 18, der „Sturmangriff auf Hoth“, spielen, ein halt doppelt so großes Schlachtenvergnügen, das dem Geschehen im Kinofilm „Das Imperium schlägt zurück“ wohl recht nah kommen dürfte.
Neben dem Spielplan finden sich des Weiteren 19 doppelseitige Geländeplättchen zur Individualisierung der Szenarios in der Box, außerdem 6 Medaillenplättchen (Siegpunkte), 10 Abzeichenplättchen für Spezialeinheiten und 3 Strukturplättchen (zwei Schildgeneratoren und eine Ionenkanone), die es übrigens auch im Rahmen von Asmodees „Hobby Next“-Initiative als exklusive Miniaturen gibt, sofern man „Battle of Hoth“ in einem der teilnehmenden Spieleläden erwirbt. (Zur Stärkung des stationären Handels finde ich das an sich gut, grundsätzlich ärgere ich mich aber über jede Form von Promos und Exclusives, denen man als Fan nachrennen muss. Nicht jeder von uns kann kilometerweit fahren, um Conventions oder Hobbyshops zu besuchen.)
Außerdem finden sich 4 Kampagnenhefte und 10 Unterstützungskarten für die Kampagnen in der Box, 4 Kartenhalter, 6 Würfel, 1 Spielanleitung, 1 Szenarioheft, 3 Spielhilfen, 50 Befehlskarten und last but not least 74 Plastikminis in Gestalt von Schneetruppen, AT-ATs und Suchdroiden auf imperialer Seite respektive Echo-Basis-Truppen, Schneegleitern und Rebellenartillerien (die Anti-Infanterie-Lasergeschütztürme von Golan) auf Seite der Allianz. Hier erkenne ich direkt Luft nach oben. So gab es in der Schlacht von Hoth beispielsweise auch AT-STs und alternative Artillerie (die Antivehikel-Lasertürme von Atgar), Tauntauns und Speeder-Bikes. Vielleicht darf man sich hier noch auf eine Erweiterung freuen. Die Befehlskarten sind übrigens durchaus hübsch bebildert und die Miniaturen weisen – für ihre Größe und ihren Zweck – einen durchaus ansehnlichen Detailgrad auf. Hier gibt es wirklich nichts zu meckern. Das macht alles Lust darauf, zeitnah loszuspielen.
Wie wird’s gespielt?
Das Regelwerk ist dann auch erfreulich schlank. 4 Seiten beschreiben detailliert den eigenen Spielzug. Mehr braucht man auch nicht, denn gespielt wird im Wechsel, bis eine Seite die Szenarioziele erreicht hat. Danach folgt noch ein 5-seitiger Anhang, der die Standardeinheiten, Spezialeinheiten, Gelände, Gefechtsanlagen und Missionsziele auflistet sowie Regeln für das Teamspiel mit 3 bis 4 Personen bietet und ein paar Sonderfälle abdeckt. Das war es auch schon. Für Hobby-Strategen und Gelegenheits-Generäle ist das genau der richtige Umfang, um Spaß zu haben.
Grundsätzlich ist der Spielmechanismus leicht zu begreifen. Zunächst wählt man eins der Szenarios und baut das Spielbrett entsprechend auf. Das Szenario bestimmt die Anzahl und Startaufstellung der Einheiten, das vorhandene Gelände, die Zahl der pro Runde verfügbaren Befehlskarten und die Siegbedingungen. Danach wird abwechselnd in Zügen gespielt, bis eben diese Siegbedingungen (beispielsweise 4 oder 5 Punkte, Medaillen genannt) erreicht sind. Dann endet das Spiel sofort. Wer anfangen darf (oder muss), bestimmt ebenfalls das Szenario.
Bin ich am Zug, wähle ich aus meinen 3 bis 4 verfügbaren Befehlskarten eine aus. In der Regel wird auf den Befehlskarten eine Zone markiert und eine Anzahl an Einheiten, die dort aktiviert werden dürfen. Manche Karten beschreiben aber auch taktische Effekte, die dann zur Ausführung kommen. Ich lege die Befehlskarte offen aus, dann aktiviere ich passende Einheiten, etwa „2 Einheiten an der linken Flanke“ oder „alle Infanterie-Einheiten einer Zone“. Was Einheiten in ihrer Aktivierung tun können, erklärt eine Übersichtskarte. Fußtruppen beispielsweise können sich zwei Felder weit bewegen oder ein Feld weit und dann noch schießen.
Nachdem alle Einheiten bewegt wurden, erfolgt der Angriff, sofern möglich. Je nach Entfernung zum Gegner werfe ich mehr oder weniger 6-seitige Angriffswürfel. Deckung wie Hügel oder Schützengräben reduziert meine Angriffswürfel weiter. Auf den Würfeln befinden sich 6 Spezialsymbole: 2x Infanterie, 1x Fahrzeug, 1x Explosion, 1x Rückzug und 1x Fehlschlag. Je nach Gegner muss ich passende Symbole erwürfeln, um Schaden anzurichten. Jeder Schaden entfernt eine Figur aus der Zieleinheit. Wird die letzte Figur einer Einheit entfernt, wird diese als Siegpunkt auf die Leiste des Angreifers gestellt. (Einheiten kommen in unterschiedlicher Stärke: imperiale Schneetruppler treten beispielsweise immer zu viert auf, Sondendroiden als Paar, Schneegleiter düsen im Trio über die weiße Weite.) Für jedes Rückzugssymbol muss die Zieleinheit sich ein Feld zurückziehen. Stößt sie dabei an den Spielfeldrand oder ein Hindernis, geht auch eine Figur verloren.
Nachdem alle Einheiten angegriffen haben, ziehe ich eine neue Befehlskarte vom Nachzugstapel und mein Zug endet. Das geht, wie geschrieben, so hin und her, bis ein Kontrahent genug Siegpunkte ergattert hat.
Heiß oder kalt?
Auf einfachstem Level ist das Spiel taktisch beinahe simpel zu nennen. Viele Möglichkeiten hat man nicht, den Gegner auszumanövrieren. Man ist von seinen Befehlskarten und dem Würfelglück abhängig. Allerdings gibt es einige Stellschrauben, um Szenarios anspruchsvoller zu machen. Man kann vor Spielbeginn einen Anführer wählen – etwa Luke oder Leia beziehungsweise Vader oder Veers – und dessen drei Befehlskarten in den eigenen Stapel mischen. Außerdem gibt es sowohl „komplexere“ Geländearten und Aufbauvorgaben als auch „Spezialeinheiten“, die durch Symbol-Plättchen markiert werden und Sonderregeln erhalten, beispielsweise Scouts oder Elitegeschwader oder eine E-Web-Blaster-Truppe. Das alles macht das Spiel nicht schwer, aber es verleiht ihm doch etwas mehr Würze.
Schwer soll „Battle of Hoth“ aber auch gar nicht sein. Das Spiel wird ab 8 Jahren vermarktet und zielt eindeutig auf den Spielwarenhandel ab, nicht auf Wargamer. Ein flotter Spaß beim Figürchenschieben steht im Vordergrund, mit ein bisschen Taktik, ein bisschen Würfelglück und viel „Star Wars“-Atmosphäre. Genau diese Mischung funktioniert in der Tat wirklich gut. Wir hatten bei unseren Testspielen viel Spaß, und weil eine Partie nicht ewig dauert, sondern vielleicht eine halbe Stunde bis Stunde, lässt sich auch ohne Probleme noch eine zweite hinterherschieben. Ich würde dem Konzept ganz ehrlich seinen Erfolg wünschen, dann gibt es womöglich auch für die „Star Wars“-Variante von „Commands & Colors“ bald nette Erweiterungen: „Battle of Endor“, „Battle of Geonosis“, „Battle of Yavin IV“ – ich hatte ja schon ein paar genannt …
Fazit: „Star Wars – Battle of Hoth“ ist der neuste Ableger von Richard Borgs „Commands & Colors“-System. Taktisch weitgehend ein Leichtgewicht und mit einfachen Regeln ausgestattet, richtet es sich eher an Hobby-Generäle und jüngere Strategen als beinharte Wargamer. Das tut dem Spielspaß allerdings keinen Abbruch, im Gegenteil! Wer „Star Wars“ mag und gern Figürchen über den Tisch schiebt, ohne sich gleich in ein ausgewachsenes Tabletop-Regelwerk einzuarbeiten, der ist hier genau richtig. Schnell aufgebaut und flott gespielt, kann man hier (mindestens) 17 Szenarios lang das Eis mit Laserfeuer zum Schmelzen zu bringen.
Star Wars – Battle of Hoth
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 8 Jahren
Richard Borg, Adrien Martinot
Asmodee/Days of Wonder 2025
EAN: 3558380129172
Sprache: Deutsch
Preis: 49,99 EUR
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