von LarsB
Das Spielmaterial
In der kleinen Schachtel im bekannten Kartenspielformat findet man neben der Anleitung 90 Karten einfacher Qualität. Auf jeder Karte sind Katzen illustriert – manchmal als Blätter an einem Zweig in einer Vase, manchmal als aufgeschlagene Kokosnuss mit Cocktail im Hintergrund und manchmal als Eistopping. 90 Karten – 90 verschiedene Illustrationen. Nicht nur Katzenliebhaber werden beim Anblick der fantasievollen Zeichnungen ins Schnurren geraten. Jede Karte ziert außerdem eine einzigartige zweistellige Zahl mit passender Farbkodierung, die sich auch im Kartenhintergrund in der oberen und der unteren Hälfte wiederfindet. Benachbarte Ziffern (so wie die „2“ und die „3“) sind im Farbton manchmal arg nah beisammen, was die Unterscheidung „auf einen Blick“ erschwert. Leider haben die Karten nur oben links ihren Zahlenwert aufgedruckt. Damit ist die „Fächerrichtung“ streng vorgegeben.
Die Anleitung macht ihren Job leider nicht so, wie ich es von der Anleitung eines Spiels für Spiele-Einsteiger und Gelegenheitsspieler erwarten würde. Punkt eins: Es fehlt der grundsätzliche Spielaufbau. Hand, Nachziehstapel (Katzenstapel), Katzenkorb und Kuschelkorb werden in Salamitaktik präsentiert. Punkt zwei: Es sind zwar Beispiele vorhanden, aber diese bauen umständlich aufeinander auf. Erst macht Miauz etwas, dann Schnurri und dann Tatze. Was hatte Miauz nun nochmal gemacht? Und war das jetzt wichtig für den Zug von Schnurri? Ich lese besser nochmal nach. Drittens: Einige Fälle werden von der Anleitung erst gar nicht behandelt.
Die Struktur des Spiels ist eigentlich total einfach. Das muss dann in der Anleitung auch so klar abgebildet und erklärt sein. Als erfahrener Brettspieler kann ich mir die Details mit Mühe und Versuch und Irrtum noch erschließen. Ich würde aber wetten, dass Opa Harald neben dem Weihnachtsbaum in seinem Schaukelstuhl ganz nervös schaukelt, wenn Oma Johanne ihn zum dritten Mal darauf hinweist, dass der kleine Yalcin nun endlich mal das Spiel ausprobieren will, wo er doch schon keine echte Katze vom Weihnachtsmann geschenkt bekommen hatte. „Das kann doch wohl nicht so schwer sein, Harald!“ Recht hat sie!
Das Spielablauf oder auch „Der Versuch einer Spielregel“
Jeder Spieler hat zu Beginn des Spiels fünf Karten auf der Hand. Alle übrigen Karten bilden den verdeckten Nachziehstapel (den „Katzenstapel“) in der Mitte des Tisches. Jeder Spieler hat einen eigenen Ort, in welchen er Karten vor sich ausspielt. Dieser Ort heißt Katzenkorb (nicht Katzeklo!). Karten, die dort liegen, sind am Spielende einen Punkt wert. Wir wollen also Karten in unseren Katzenkorb spielen. Es gibt gleich daneben jeweils noch einen Kuschelkorb. Jede Karte, die wir hier hineinspielen, ist gleich vier Punkte wert. Das Befüllen des Kuschelkorbs geht aber nicht so einfach. Mehr dazu unten.
Wie kriegen wir Karten in den Katzenkorb? Wenn wir an der Reihe sind, dürfen wir (mehrere) Karten mit einer „Gemeinsamkeit“ in den Katzenkorb spielen, wenn mindestens eine von ihnen „die Bedingung“ erfüllt. „Gemeinsamkeit“? „Die Bedingung“?
„Die Bedingung“ wird durch die oberste, aufgedeckte Karte des Katzenkorbs des Spielers zur Rechten festgelegt. Drei weiße Pfeile nach oben neben dem Zahlenwert auf der Karte signalisieren, dass die Zahl meiner Karte größer sein muss als die Zahl auf der obersten Katzenkorbkarte des rechten Nachbarn. Was bedeuten drei graue Pfeile nach unten? Das wisst ihr! Ihr kennt den Unterschied zwischen größer und kleiner … Wichtig: „Die Bedingung“ muss dabei nur eine einzige Karte erfüllen, auch wenn ich mehrere Karten ausspiele (dazu kommen wir gleich). Wichtig ist, dass am Ende eine Karte ganz oben im eigenen Katzenkorb liegt, welche „die Bedingung“ erfüllt. Erfüllen mehrere Karten „die Bedingung“, kann ich mir aussuchen, welche dieser Karten ich ganz oben in meinen Katzenkorb lege. Das ist dann die neue Bedingung für meinen linken Sitznachbarn. Netterweise sage ich ihm diese neue Bedingung an. Also etwa „größer als 3“.
Was bedeutet „Gemeinsamkeit“? Ganz einfach: die erste oder die zweite Ziffer der zweistelligen Zahl ist gleich. Beispiele? 34-37-39 geht (erste Ziffer gleich). 23-43-73-83 geht (zweite Ziffer gleich). 37-73 geht nicht (weder die erste Ziffer noch die zweite Ziffer ist gleich).
Liegt also eine 52 mit drei grauen Pfeilen nach unten offen im Katzenkorb meines rechten Nachbarn, kann ich zum Beispiel die drei Karten 21, 31 und 61 spielen. Ich darf entscheiden, ob ich die 21 oder die 31 oben auf in meinen Katzenkorb lege, weil beide Zahlen „die Bedingung“ (kleiner als 52) erfüllen. Viele Karten in den Katzenkorb spielen zu können ist gut, weil es viele Punkte bringt. Und jetzt kommt’s: Wenn du gleich vier Karten mit einer Gemeinsamkeit auf einen Schlag ablegst, dann legst du eine dieser Karten verdeckt in den Kuschelkorb! Ja, in den 4-Punkte-pro-Karte-Kuschelkorb! Whoop! Whoop! Der Rest kommt wie oben beschrieben in den Katzenkorb.
So, und nun kommt’s noch dicker: Legst du gleich fünf Karten in einem Streich in den Katzenkorb, hast du das Spiel direkt gewonnen. Ende. Tusch. Siegerehrung. Aber dazu brauchst du eben fünf Karten mit Gemeinsamkeit, welche „die Bedingung“ erfüllen …
Wenn ihr mich fragt, ob man bedienen muss, wenn man kann, würde ich sagen: ja. Die Regel schweigt hierzu. Aber nur so kann ein allzu stumpfes Spielen auf die 5-Gemeinsamkeiten-Kombination unterbunden werden.
Bist du mit deinem Zug fertig, füllst du deine Hand auf fünf Karten auf. Hat man schon fünf Karten auf der Hand, nimmt man sich eben keine Karte.
Was passiert, wenn man „die Bedingung“ für das Ausspielen einer Karte nicht erfüllen kann (ihr wisst schon, die weißen und grauen Pfeile neben der Zahl der obersten Karte des Nachbarn)? Liegt zum Beispiel eine 59 mit weißen Pfeilen aufwärts bei meinem rechten Nachbarn Harald oben im Katzenkorb und ich habe keine Karte mit einem Wert größer als 59, dann muss ich die oberste Karte meines Katzenkorbs auf die Rückseite drehen (oder sie auf der Rückseite belassen). Wenn bei mir noch keine Karte liegt, kann auch nichts umgedreht werden. Ich erhalte noch die Möglichkeit, eine Handkarte unter den Stapel zu legen und mir eine neue Karte vom Nachziehstapel zu ziehen. Hier suggeriert die Regel, dass man erst abwerfen muss und dann nachziehen darf. Ich empfehle die Reihenfolge umzukehren: erst nachziehen, dann abwerfen – für etwas mehr Taktik und etwas weniger Zufall. Harald darf dann noch eine sechste Karte auf die Hand ziehen – als Belohnung für seine diabolische, nicht erfüllbare Bedingung. Uahaha! Er darf aber nie mehr als sechs Karten auf der Hand haben. Nie. Das gilt nicht nur für Harald, sondern grundsätzlich für alle „Katzensprung“-Spieler.
Kann meine linke Nachbarin Johanne „die Bedingung“ von Harald auch nicht erfüllen (ich gebe ja aufgrund der umgedrehten Karte in meinem Katzenkorb keine Bedingung mehr vor), dann wird auch Johannes oberste Katzenkorbkarte umgedreht. Auch sie darf dann noch eine Karte tauschen. Dann ist (in unserer beispielhaften Dreierpartie) Harald wieder dran. Weil es keine Bedingung mehr gibt, dreht auch er seine oberste Katzenkorbkarte auf die Rückseite. Dann legt eine oder mehrere Karten (mit Gemeinsamkeit) frisch auf seinen Katzenkorbstapel und gibt damit eine neue Bedingung für mich vor.
Das Spiel endet, wenn ein Spieler keine Karten mehr auf der Hand hat und keine Karte nachziehen kann, weil der Nachziehstapel leer ist. Dann ist jeder Spieler noch einmal dran. Einen Punkt gibt es pro Karte im Katzenkorb, egal auf welche Seite sie gedreht sein mag. Vier Punkte gibt es pro Karte im Kuschelkorb. Pro (unausgespielter) Karte auf der Hand muss man sich einen Punkt abziehen. Diese Karten liegen dann wohl im „schneiderschen Katzeklo“.
Das Spielgefühl
„Katzensprung“ ist ein leichtes Katzenabwurf- respektive Kartenabwurfspiel für nebenher. Es will nicht anstrengend sein. Während des Spiels gehen dem verkopften Spieler folgende Fragen durch den Kopf: Welche Bedingung wird mein Mitspieler wahrscheinlich nicht erfüllen können? Wie kriege ich die meisten Karten ausgespielt? Lohnt es sich, auf die vierte Karte zu warten, wenn man doch schon drei Karten mit Gemeinsamkeit auf der Hand hat? Wie stelle ich sicher, wahrscheinlich bedienen zu können? Welche Kompromisse gehe ich dafür ein? Und wo finde ich auf der Karte die Katzendarstellung? Am Ende hängt aber doch viel vom Nachziehglück ab.
Vier Karten mit Zweite-Ziffer-Gemeinsamkeiten sind schon selten, wenn man nicht in Vollbesetzung spielt. Und das gilt umso mehr, je kleiner die Spielerunde ist. Warum? Je kleiner die Runde, desto mehr Karten fliegen aus dem Spiel. Im Drei-Spieler-Spiel etwa sind die Karten 61 bis 90 überhaupt nicht im Spiel. Es gibt dann nur sechs Karten mit Zweite-Ziffer-Gemeinsamkeit. Für Erste-Ziffer-Gemeinsamkeiten kann sich der Verzicht auf drei schnelle Punkte in der Regel schon eher lohnen. Wohl dem, der die Karten mitgezählt hat. Oft bin ich aber selbst getrieben von „der Bedingung“ meines Mitspielers, sodass ich einfach die Karte(n) ausspiele, die überhaupt gehen. Damit ist der Spielfluss katzengleich flink.
Das Spiel spielt sich meist schnell herunter. Ein paar Karten finden meist den Weg in den Kuschelkorb. Gegen Ende (mit leerem Nachziehstapel) kommt dann ab und zu eine schräge Dynamik auf. Ein Spieler spielt die letzten Karten herunter, ohne dass die Mitspieler nochmal eingreifen könnten. Das heißt, Richtung Finale macht man sein Deck besser nochmal robust – mit niedrigen und hohen Karten, um bedienen zu können. Nur muss man jene überhaupt mal nachziehen. Oftmals werden im Laufe der Partie nur die mittleren Karten abgeworfen, sodass diese auch im unerquicklichen Rest des Nachziehstapels zu finden sind.
Nach dem Nachziehen vor dem Abwerfen der Karte (unter den Nachziehstapel), wenn man nicht bedienen kann, bekommt zumindest eine hauchdünne Puderschicht taktische Entscheidung, wenn man zuerst schauen darf, welche Karte man erhält und dann entscheidet, welche Karte man ablegen möchte.
Der Fünf-Karten-auf-einmal-Sieg? Der kommt auch mal vor und stellt für den klar hinten liegenden Spieler die letzte Chance dar, doch noch vorbeizuziehen. Eine solche Möglichkeit ist grundsätzlich gut. Aber bringt es Spaß, konsequent die fünfte Karte zu spielen oder sie gegebenenfalls auszutauschen, wenn die Chancen nicht gut stehen, dass es klappt? Den Rest der Partie verschenkt man dann nämlich definitiv. Das muss jeder für sich selbst beurteilen. Aber ja, wenn es klappt, ist es fast schon episch.
Fazit: Alles in allem ist „Katzensprung“ ein schnelles und seichtes Kartenspiel mit hohem Glücksfaktor, das sich mal schnell und einfach runterspielen lässt. Gelegenheitsspieler mit Katzenhintergrund spricht „Katzensprung“ aufgrund der fantasievollen und vielfältigen Gestaltung der Karten besonders an. Leider ist die Darbietung der Regeln schwer verdaulich. So empfehle ich das Spiel vor allem Katzenmenschen mit Affinität zu „Glück im Spiel“, die bei Regelunklarheiten nicht gleich aufstecken, sondern im Internet den „Ringboten Online“ zu finden vermögen. Maunz.
Katzensprung
Kartenspiel für 2 bis 6 Spieler ab 8 Jahren
Bernard Cabarrou
Fun Bot 2025
EAN 4255682706030
Sprache: Deutsch
Preis 12,00 EUR
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