XCOM – Das Brettspiel

Vor 21 Jahren war es das erste Mal soweit. Wir mussten am Computerbildschirm in rundenbasierten Kämpfen Aliens besiegen und in einer Simulation unsere Station ausbauen, damit unsere Soldaten bessere Ausrüstung erhalten konnten und wir eine Chance hatte. Das ganze war „Ufo: Enemy Unknown“ und gehört heute zu den Klassikern in der Computerspielgeschichte und zu einem der beliebtesten rundenbasierten Taktikshootern. Mit „XCOM“ erschien 2012 eine modernisierte Neuauflage des Spiels und jetzt gibt es auch das dazu passende Brettspiel mit „XCOM – Das Brettspiel“.

von Sebastian Thies

Eric M. Lang, bekannt für Spiele wie „Dice Masters“, „Arcadia Quest“, „Warhammer: Invasion“ und „Warhammer 40.000: Conquest“ oder „Chaos in der Alten Welt“, um nur ein paar zu nennen, hat sich das bekannte Computerspiel zur Hand genommen und daraus ein Brettspiel gemacht. Dennoch kann man diese Spiel nicht ganz ohne elektronische Hilfe spielen, denn um „XCOM – Das Brettspiel“ erleben zu können, benötigt man die dazugehörige App, die von FFG kostenlos zur Verfügung gestellt wird (sowohl für Android als auch Apple Produkte). Die App führt einen durchs Spiel und zeigt einem, in welcher Phase des Spiels man sich gerade befindet. Diese Phasen müssen auch nicht immer nach der gleichen Reihenfolge stattfinden und da sie mit einem Timer ausgestattet sind, der gnadenlos nach unten zählt, bleibt nicht viel Zeit für Entscheidungen.

Wie im Computerspiel übernimmt man die Rolle der Kommandanten, die versuchen, die Erde vor der Invasion der Aliens zu retten. Doch im Gegensatz zur Computerversion wird die Verantwortung auf vier Personen verteilt. Dies ist immer der Fall, auch wenn man das Spiel mit weniger Leuten spielen will. Dann müssen ein oder zwei Spieler mehrere Rollen übernehmen. Bei den Rollen handelt es sich um den Forschungs- und den Einsatzleiter sowie den Central Officer und den Commander (fragt mich jetzt nicht, warum zwei eingedeutscht wurden, die beiden anderen aber nicht).

Vor der Partie werden den Spielern die zu ihrer Rolle gehörigen Karten, Marker und Miniaturen gereicht. Um was es sich dabei genau handelt, werde ich bei der Erklärung der jeweiligen Rolle vornehmen. Bevor man nun aber die erste Partie spielen will, sollte man sich auf jeden Fall das Tutorial anschauen und durchspielen. Wie es für Computerspiele nämlich heutzutage üblich ist, gibt es keine Anleitung mehr in Papierform, sondern die Spieler lernen alles, was sie wissen müssen, um das Spiel spielen zu können, über das Tutorial.

Das Tutorial erklärt einem ganz genau, was die einzelnen Abschnitte im Spiel bedeuten und was jeder Spieler zu tun hat. Nach der wirklich gelungenen Erklärung, die wenig Fragen offen lässt, spielt man auch schon eine kleine Beispielparty und hierzu muss gesagt sein, dass man sich nicht wundern sollte, wenn man von den Aliens ordentlich seinen Hintern versohlt bekommt. Ob das Tutorial überhaupt zu schaffen ist, bezweifle ich stark, aber es bereitet einen schon mal auf das vor, was auf einen wartet.

Eine Partie

Startet man nun eine neue Partie, kann man als erstes einen Schwierigkeitsgrad auswählen und Neueinsteiger sollten auf jeden Fall „Einfach“ wählen, da ein erfolgreiches Abschließen ansonsten unwahrscheinlich ist. (Der Schwierigkeitsgrad Experte ist wohl für die Spieler eingebaut worden, die es mögen, wenn sie nicht den Hauch einer Chance haben). Hat man sich für die Schwierigkeit entschieden, muss man sich nun für eine von fünf Invasionsplankarten entscheiden. Diese gibt vor, wo das Hauptquartier der menschlichen Streitkräfte liegt, welche Arten von Aliens angreifen, wie weit die Panik in den Kontinenten vorangeschritten ist und was für eine finale Mission gemeistert werden muss, damit man das Spiel gewinnt.

Und ab hier ist dann auch erst einmal Schluss mit der Gemütlichkeit. Denn hat der Central Officer, der auch die App während des Spiels bedient, die Partie gestartet, beginnt die erste Runde mit der Zeitgebundenen Phase. Hier sagt einem die App welcher Spieler nun jeweils was zu tun hat. Dabei hat der Spieler immer einige Optionen zur Auswahl. Um das Ganze aber etwas schwieriger zu machen, hat man für jeden Schritt immer nur ein paar Sekunden Zeit, und sollte man diese überschreiten, muss man mit Konsequenzen rechnen.

Hier nun die einzelnen Unterphasen sortiert nach den Rollen im Spiel.

Der Commander:
- XCOM Budget: Der Commander nimmt sich soviel Geld, wie die App es sagt (das variiert je nach Schwierigkeit und Situation auf dem Spielbrett).
- Crisis: Hier zieht der Commander zwei Karten vom Kartenstapel für Krisen und entscheidet sich für eine, die später ihre Wirkung entfalten wird. Meist muss man hier zwischen Pest oder Cholera entscheiden, da eine schlimmer als die andere ist.
- Emergency Funding: Zwar bekommt man zu Beginn der Runde immer wieder einen bestimmten Geldbetrag, da aber jedes Schiff, jeder Soldat, jeder Wissenschaftler und jeder Satellit bezahlt werden will, reicht das Geld vorne und hinten nicht. Der Commander verfügt jedoch über ein paar Reserven, die er nun anzapfen kann.
- Deploy Interceptors: Der Commander kann Abfangjäger zu den verschiedenen Kontinenten schicken, um die dortigen UFOs zu bekämpfen.

Forschungsleiter:
- New Technology available: Zu Beginn der Runde zieht der Forschungsleiter 6 Tech-Karten, die er im späteren Spielverlauf einsetzen kann.
- Assign Research: Nun kann der Forschungsleiter eine seiner Techkarten auf die genannte Position (es stehen drei zur Verfügung) legen und ein bis drei Wissenschaftler auf dieses Projekt ansetzen.

Central Officer:
- Ufos Detected: Der Central Officer platziert UFO-Miniaturen auf die Kontinente, die ihm die App sagt.
- Deploy Satellites: Satelliten bekämpfen UFOs, die sich im Orbit um die Erde befinden. Sollte man es nicht schaffen, diese zu beseitigen, kann man davon ausgehen, dass die nächste Runde umso chaotischer wird.

Einsatzleiter:
- Choose Mission: Der Einsatzleiter zieht zwei der Einsatzkarten und entscheidet sich für eine, die er auf das Spielbrett für die vorgesehene Stelle legt. Ebenfalls zieht er, falls der Einsatz es verlangt Aliens, die er auf die Karte legt.
- Enemy in the Base: Der Einsatzleiter zieht ein Alien und legt es auf einen der drei Plätze, die für den Angriff auf die Station stehen.
- Deploy Squad to Mission: Hier kann der Einsatzleiter nun Soldaten aus seinem Pool in den Einsatz schicken.
- Defend the Base: Hier kann der Einsatzleiter nun Soldaten abstellen, um die Station vor den Aliens zu verteidigen, die versuchen einzudringen.

Einige dieser Phasen können mehrfach auftauchen.

Hat man das alles hinter sich, kann man erst einmal durchatmen, da es zur Resolution Phase geht, die nicht mehr unter Zeitdruck stattfindet. Zuerst muss all das finanziert werden, was man auf das Spielbrett gebracht hatte. Sollte man nicht genug Geld beisammen haben, steigt die Panik in den zu schützenden Ländern. Sollte man jedoch etwas Geld über haben, kann man damit neue Soldaten und Abfangjäger kaufen, was man auch tun sollte, da die, die man hat, meist keine lange Lebenszeit haben. Man sollte auch alle Geldmittel einsetzen, die einem zur Verfügung stehen, da man es nicht mit in die nächste Runde nehmen kann.

Als nächstes kommen nun die ganzen Dinge zum Einsatz, die während der ersten Phase gelegt wurden. Dabei kommen bei den meisten Stationen die im Spiel beigefügten Würfel zum Einsatz und das Spiel verwendet hier einen „press your luck“-Mechanismus. Die sechsseitigen Würfel geben an, ob man bei seiner Aktion (ob nun das Bekämpfen von Raumschiffen, Aliens oder das Erforschen) Erfolge hatte oder nicht, während der achtseitige Würfel die Aliens darstellt. Man kann so häufig Würfeln, wie man will, doch steigt mit jedem Versuch die Wahrscheinlichkeit, mit der der Alienwürfel alle an der Aktion teilnehmenden Einheiten zerstört.

Krisenkarten werden abgehandelt, neue wissenschaftliche Fortschritte (soweit die Erforschung erfolgreich war) an den Spieler gegeben, für die sie gedacht sind, und man kann in die nächste Runde gehen.

Ziel des Spieles ist es, genügend Einsätze zu erledigen, damit man zum finalen Einsatz gelangt. Sollte man diesen bezwingen, hat man das Spiel gewonnen. Dagegen stehen zwei Arten, das Spiel zu verlieren. Sollten die Aliens häufiger beim Kampf um die Station durchkommen, wird diese irgendwann zerstört und das Spiel ist verloren. Die zweite Art zu verlieren hängt mit dem Paniklevel der einzelnen Kontinente zusammen. Dieses steigt im Laufe des Spiels immer weiter an (entweder durch Krisen, verlorene Schlachten oder Geldmangel) und ist nur schwer wieder zu senken. Verfallen nun zwei Kontinente komplett der Panik, ist das Spiel ebenfalls verloren.

Zum Schluss wollen wir uns nun auch mal die Materialien genauer anschauen. Diese sind, wie es für Spiele vom Heidelberger Spieleverlag üblich ist, von guter Qualität. Die Karten sind übersichtlich und erklären sich von selbst. Die Miniaturen sind schön detailliert und es macht Spaß, sie auf dem Brett zu verteilen. Nur das Geld, die Wissenschaftler und die Satelliten werden durch Pappmarker dargestellt. Das Spielbrett ist schön gestaltet und übersichtlich.

Kritik

Als erstes möchte ich auf die App eingehen. Einige Puristen dürften sich darüber aufregen, dass man für Brettspiele keine elektronische Geräte benötigen sollte, doch ist diese Entwicklung eigentlich abzusehen gewesen und auch irgendwie logisch. Schon früher hatten wir Spiele, die auf Videos oder CDs zurückgegriffen haben und auch diese haben die herkömmlichen Brettspiele nicht abgelöst. Das gleiche wird auch hier der Fall sein. Und solange Apps wie hier verwendet werden, geht das auch vollkommen in Ordnung. Sie übernehmen die Aufgaben im Hintergrund, die bei herkömmlicher Methode das Spiel unnötig in die Länge ziehen würde.

„XCOM – Das Brettspiel“ ist ein schnelles, actionlastiges Spiel, das bei einigen zu Herzrasen führen könnte. Mit dem Timer, der gnadenlos die Zeit herunterzählt, kommt immer wieder Hektik am Tisch auf und Diskussionen müssen schnell geführt werden. Hier hat „XCOM“ einen riesigen Vorteil gegenüber anderen kooperativen Spielen. Während dort der sogenannte „Alphaspieler“ häufig die Macht an sich reißen kann und die Leitung über alle übernimmt, hat er hier einfach nicht die Zeit dafür und alle am Spiel Beteiligten können ihren Spaß haben. Man muss aber erwähnen, dass die verschiedenen Rollen nicht gleich gewichtet sind. So kommt man sich als Central Officer vor wie Sigourney Weaver in „Galaxy Quest“: Man wiederholt das, was einem die App sagt, und kann die UFOS und Satelliten platzieren, während der Einsatzleiter genau darauf achten, muss welche Soldaten er zu welchem Krisenherd schickt.

Fazit: „XCOM“ ist all denen ans Herz gelegt, die gerne auch mal beim Spielen in Stress geraten und schnelle Entscheidungen treffen. Spieler, die lieber Minutenlang ihren nächsten Zug planen, werden hier wohl Probleme bekommen.


XCOM – Das Brettspiel
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Eric M. Lang
Heidelberger Spieleverlag
EAN 4015566021686
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 44,95

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