Worlds of Cthulhu #4

Die aktuelle "Worlds of Cthulhu" bietet ein weiteres Mal verschiedene Artikel von Autoren verschiedener Länder. Obwohl einige Artikel Übersetzungen von bereits erschienen Beiträgen aus der "Cthuloiden Welten" (CW) sind, hebt sich die aktuelle Ausgabe des Magazins angenehm von seiner deutschen Mutter ab.

von amel

 

Rezensionen von Zeitschriften zu schreiben ist stets etwas undankbar, denn ein abschließendes Urteil über ein unzusammenhängendes Sammelsurium an Artikeln fällt immer schwer. Und so sei es dem Leser überlassen, aus den gegebenen Informationen zu schlussfolgern, ob ihm ein Kauf lohnend erscheint oder nicht. Der Preisunterschied zur deutschen Zeitschrift, bedingt durch Übersetzerkosten u. a., und die Frage, ob man die Originalartikel besitzt, werden dabei sicherlich genauso ausschlaggebend sein, wie die Qualität des Materials.

Die Zeitschrift ist im alten "Cthulhu"-Layout gestaltet (das ganz alte mit dem abgebrannten Rand). Alle dargebotenen Karten sind gut gelungen und die alten Fotos wie immer sehr stimmungsfördernd. Einige der Zeichnungen zerstören leider den sonst guten Eindruck. So hätte ich auf die von mir als "Gekrickel" empfundenen Zeichnungen im Abenteuer "The Horrible Lonely House in the Woods" gern verzichtet. Einige Texte und Überschriften (z. B. der "Cathulhu"-Charakterbogen) sind gescannte Texte, die an Schärfe vermissen lassen.

Das Abenteuer "The Voice of the Animals" von Christopher Smith Adair bildet den gelungenen Auftakt. Es wurde für "Delta Green" konzipiert und spielt im "Severn Valley" von Ramsey Campbell. Ein Krankheitsfall erregt bei dem Geheimdienst PISCES, dem britischen Pendant zu Delta Green, aufsehen, weil es sich um eine neue Viruskrankheit handeln könnte. Die Charaktere sollen ermitteln und gelangen bei ihren Nachforschungen zu Umweltschutzaktivisten und zu seltsamen Forschungsanlagen. Das Abenteuer ist angenehm modern und bietet ein ungewöhnliches und spannendes Showdown.

"Encyclopaedia Cthulhiana"-Autor Dan Harms versucht dem Leser in "Efficacious  Wizardry" die cthuloide Zauberei näherzubringen, geht dabei aber einen ganz anderen Weg als das neue "Arcana Cthulhiana" von Pegasus. Beschäftigt sich der genannte Band mit der stimmungsvollen Eingliederung der Zauber ins Spielgeschehen, nimmt sich Harms der dort etwas vernachlässigten Tatsache an, dass Magie häufig eingesetzt wird, um ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Wahnsinnige Kultisten werden die Zauber, die sie beherrschen, auch nutzen wollen, und selbst Spielercharakteren sollte man dies nicht generell verwehren – manchmal will das Böse benutzt werden. Harms gibt dem Leser einige wissenswerte Hinweise dazu, auch wenn die Informationsdichte durchaus höher sein könnte.

Wer das Pech hatte, die verschiedenen Artikel über "Katzulhu" zu verpassen, und schon immer mal auf Samtpfoten auf Kultistenjagd gehen wollte, wird sich über die beiden nächsten Artikel, namentlich "Cathulhu" und das Abenteuer "The Black Cat", freuen. Die Idee eine Katze zu spielen, erscheint nur auf den ersten Blick abwegig und schon nach wenigen Zeilen meint der Leser, Kater Francis aus den "Felidae"-Romanen beobachten zu können, wie er mit Witz und Neugier Cthulhu-Anbeter überführt. Die beiden Artikel von Ingo Ahrens wurden übersetzt und erweitert. Wichtigste Erweiterung sind wohl die "Tricks", spezielle Fertigkeiten wie "neun Leben" oder "guter Mauser", von denen jede Katze ein oder zwei besitzt. "The Black Cat" hetzt die Charaktere in typischer Felidae-Manier gegen einen Serienmörder und ist nicht nur ernst gemeint (man kann "Cathulhu" auch als Parodie spielen, wie von Frank Heller in der "Cthuloiden Welten #4" gezeigt wurde), sondern auch gut aufgebaut und spannend.

Das Abenteuer "The Horrible Lonely House in the Woods" kennt der deutsche Leser aus dem Band "In Labyrinthen". "Cthulhu"-Chefredakteur Frank Heller schrieb die klassische Spukhausgeschichte (seine erste Veröffentlichung für Pegasus), in der sich die Charaktere eingesperrt in einem einsamen Haus gegen einen unschönen Gegner wehren müssen. Eine wirklich spannende Geschichte, die übrigens auch auf deutsch in der Neuauflage des "Spielleiter-Handbuchs" zu finden sein wird; eifrige Sammler können sich das Abenteuer also nun dreimal ins Regal stellen.

Ist man am Ende des "schrecklichen Hauses" angekommen, hat man zwei Drittel des Heftes hinter sich gebracht, aber noch viele kürzere Artikel vor sich. Um Wahnsinn im Mittelalter geht es in "Insanity and Faith in Averoigne", einem weiteren Artikel von Daniel Harms, der nicht nur für Averoigne-Spieler interessant ist. "Save the Whales!" bietet auf drei Seiten ein mäßig interessantes Kurzszenario. Hans-Christian Vortisch – wer auch sonst – verrät uns unter dem Titel "American Police Weapons" alles über amerikanische Polizeiwaffen in den 20ern und 30ern, was netterweise auch allgemeine Hintergrundinformationen über Gesetze u.ä. einschließt. Trotz der schlechten Bebilderung (mir ist egal, ob es zum B-Movie-Charme passt, ich finde die Bilder einfach hässlich) ist "Electric Hoe-Down of the Atomic Reptile Bikini-Women – in 3-D!" ein witziges B-Movie-Abenteuer, in dem eine schlechte Country-Band gegen gezüchtete Monsterfrauen antreten muss. "Friedrich Wilhelm von Junzt" – eine leicht ergänzte Übersetzung des deutschen Artikels – sind sechs Seiten des Heftes gewidmet. "The Chyptozoologist" ist eine weitere Übersetzung und beschreibt nicht nur den Beruf, sondern auch einige absonderliche Wesen und eigenartige Entdeckungen. Der dritte Artikel von Dan Harms berichtet unter dem Titel "The Secret Flame of Bubastis" über einen Kult der Göttin Bast. Zwei sehr kurze Artikel bilden den Abschluss: Das ist zum einen die Charaktererschaffung während des Spiels, wie sie von Thomas Finn bereits in der CW erläutert wurde, und zum anderen ein kurzer Text über Delta-Green-Agenten, die sich zur Ruhe setzen wollen oder müssen.

Fazit: Die vierte Ausgabe von "Worlds of Cthulhu" ist also prall gefüllt. Ein Fazit gibt es wie angekündigt allerdings nicht. Die Artikel sind von guter Qualität und bilden eine Sammlung, die ich jedem ans Herz legen würde, wenn es die "Cthuloide Welten" nicht gäbe. So aber muss sich das englische Tochtermagazin einen Vergleich mit seiner Mutter gefallen lassen – und das überlasse ich jedem von euch selbst.


Worlds of Cthulhu #4
Internationales Magazin für H. P. Lovecrafts Cthulhu
Diverse Autoren
Pegasus Press 2006
ISBN: 3-937826-63-7
Seitezahl, Softcover, englisch
Preis: EUR 17,95

bei pegasus.de bestellen