Worlds of Cthulhu #1

Nach einer druckereibedingten Verzögerung ist “Worlds of Cthulhu” (WoC) mit der #1 endlich in Deutschland erhältlich. Inhalt und Aufmachung lehnen sich deutlich an das beliebte deutsche Schwestermagazin „Cthuloide Welten“ (CW) an. Das Titelbild von WoC #1 wurde schon für die CW #1 verwendet. Von den 17 Einträgen im Inhaltsverzeichnis von WoC #1 sind sechs Beiträge bereits auf Deutsch erschienen, die zusammen 82 Seiten von insgesamt 132 Seiten ausmachen. Das sind 62% Zweitverwertungsanteil, aber man sollte berücksichtigen, dass WoC ein internationales Publikum ansprechen will, von dem nur ein kleiner Teil die zugrunde liegenden deutschsprachigen Publikationen kennen wird.

von Markus Kolbeck

 

Für WoC sind als Chefredakteur Keith „Doc“ Herber, bekannt als „Cthulhu“-Redakteur, als Redakteur Adam Crossingham, bekannt als Herausgeber von „The Black Seal“ und als Publishing Director Frank Heller, bekannt als Chefredakteur von CW und „Cthulhu“ im deutschsprachigen Raum, bestellt. Ferner gibt es noch die Associate Editors Daniel Harms und William Jones („Book of Dark Wisdom“). Ein Team also, das Qualität auf internationalem Niveau verspricht.

Nach der Einleitung geht es los mit dem 24-seitigen Szenario „The Secret of Knossos“, das auf deutsch bereits in CW #5 veröffentlicht wurde. Die Charaktere werden nach Heraklion auf Kreta zu einer Hochzeit eingeladen, die in einem Flammeninferno endet. Die Suche nach der Ursache führt in ein Fischerdorf, wo erste Hinweise auf einen bösartigen Feuerkult gefunden werden können. Nach einer Überlandreise und einem Abstecher in ein Kloster, kulminieren die Ereignisse schließlich in den Ausgrabungsstätten bei Knossos, wo das sagenhafte Labyrinth des König Minos auf die Charaktere wartet. Dieses Abenteuer hat es sicherlich verdient als „Best of“ der CW in die WoC aufgenommen zu werden, vermengt es doch geschickt die Sage um den Minotaur mit dem Cthulhu-Mythos.

WoC spricht mit Stéphane Gesbert, dem Autor von „Cthulhu 1000 AD / Dark Ages“. Das Interview geht über biographische Details des Autors, wie er zu „Cthulhu“ kam und natürlich recht ausführlich über sein „Cthulhu bei Fackelschein“-Setting.

Es folgt ein „Cthulhu Dark Ages“-Errata mit Antworten auf häufig gestellte Fragen, Klärungen zu den Regeln, Fertigkeitenergänzungen, überarbeiteten Kosten für Ausrüstung, einigen Ergänzungen zur „Natural Disasters & Occult Events“-Tabelle, klassischen Zaubersprüche und klassischen Mythosgottheiten.

Das 19-seitige „The Vampire of Schwarzbrunn“, das bereits im „Cthuloide Welten Bibliothek“-Band „Aus Äonen“ veröffentlicht wurde, ist für „Cthulhu bei Fackelschein“ geschrieben worden. In der Umgebung des Klosters Schwarzbrunn wurden mehrere Kinderleichen gefunden; die Charaktere sollten die Verbrechen, wenn es solche sind, aufklären. Natürlich verbirgt sich ein cthuloides Geheimnis dahinter; welches, das sei hier nicht verraten. Die klösterliche Atmosphäre des Abenteuers erinnert an „Der Name der Rose“, und das kann man durchaus als Lob verstehen.

„On Gaming in Averoigne“ lokalisiert das gleichnamige Land nach Motiven von Clark Ashton Smith in der französischen Avergne des Mittelalters bzw. der frühen Renaissance, aber hinterwäldlerischer und dafür umso romantischer. Dieses (Sub)Setting ist für „Cthulhu bei Fackelschein“ geeignet. Es wird ergänzt durch die Artikel „Averoigne Occupations“ und „Skills für Dark Ages: Averoigne“.

Das 23-seitige „Cthulhu Now“-Abenteuer „Project Pi“ wurde bereits in CW-Sonderband #2, „Hinter den Schleiern“, veröffentlicht. Darin spielen die Charaktere supertoughe und superkompetente vorgefertigte Elitesoldaten: Navy SEALs. Darin ist sicherlich kein Trend beim „Cthulhu“-Rollenspiel zu sehen, sondern eher eine Ausnahme. So ist auch das Szenario als One-Shot-Angelegenheit konzipiert und wahrscheinlich werden die Charaktere nicht überleben. In dem Abenteuer müssen die Navy SEALs ein scheinbar verlassenes Schiff untersuchen. Was sie noch nicht ahnen können, ist, dass ein cthuloider Virus an Bord des fremden Schiffes grassiert. Dieses Szenario ist sicher einmal als Abwechslung geeignet und bietet sich an, bei Cons gespielt zu werden, auch wenn es aufgrund der elitären Soldaten eher untypisch für „Cthulhu“ ist.

In der Rubrik „Law & Lawlessness in the 1920’s“ gibt es den ersten Teil von „Prohibition and Bootleggers“, der bereits in CW #6 erschienen ist. Darin wird man über die Prohibition und Gesetzeshüter in den USA in den 20ern informiert, sowie über zivile Berufe und Gangstertum, die damit in Verbindung stehen. Berühmte Gangster und Polizisten werden auch vorgestellt. An der Prohibition kommt man bei Abenteuern in den 20ern in den USA kaum vorbei, sodass dieser Artikel wie gelegen kommt.

In der Rubrik „Professional Speaking“ wird diesmal der Archäologe vorgestellt, der Beginn des Berufs als auch sein gegenwärtiger Stand in den 1920ern und 1930ern. Es gibt eine Zeitleiste mit wichtigen Entdeckungen, wobei acht Grabungen näher dargestellt werden. Eine Übersicht mit ausgewählten Fachausdrücken und eine Liste mit typischen Ausrüstungsgegenständen sind auch dabei. Es folgen weitere interessante Fakten, so z. B. zu Genehmigungen und Sponsortum. Drei berühmte Archäologen werden näher unter die Lupe genommen. Von der Art dieses Artikels kann man sich mehr wünschen, kann man doch damit Berufe ausschmücken und sich entsprechend dem Beruf professionell verhalten.

In „Out of the Dark Realms in Between“ wird „Part 1: An Expedition to Tiahuanaco“ präsentiert, zuerst veröffentlicht in CW #3. Der Artikel schildert die Erforschung der Stadt und des nahen Sees im Text und durch Tagebuchaufzeichnungen. „Aus den dunklen Zwischenreichen“ war immer gut zu lesen und hat jetzt also verdienterweisen seinen Weg in die WoC gefunden.

In der Rubrik „Cult Exposed“ wird ausführlich das Werden und Vergehen der Starry Wisdom Church geschildert. Sollten die Charaktere einmal mit diesem Kult in Berührung kommen, findet der Spielleiter relevante Informationen dazu hier.

In „Keeper’s Corner“ wird die „Cthulhu“-Matrix vorgestellt, zuvor in CW #3 veröffentlicht. Den Artikel kann man ruhig ein zweites Mal lesen, fördert er doch das Abenteuerschreiben.

In der „Delta Green“-Rubrik gibt es Neuigkeiten zu einem französischen Geheimdienst, der sich Cthulhu-Mythos-Wissen aneignen will.

Ferner gibt es noch eine d20-Rubrik und einen lustigen „Dork Tower“-Cartoon.

Fazit: Wie gesagt, besteht in dieser Ausgabe von WoC ein hoher Zweitverwertungsanteil, doch ist zu berücksichtigen, dass zunehmend neue Artikel Aufnahme in das Magazin mit zukünftigen Ausgaben finden werden. Die enthaltenen Abenteuer sind diesmal alle leider keine Erstveröffentlichungen, sodass man sich diesbezüglich auf spätere Ausgaben vertrösten muss. Es ist zu begrüssen, dass WoC ein handfestes Spielmagazin ist, also ohne Fiction, die man auch im Buchladen erwerben kann. Die Qualität der Artikel ist deutlich überdurchschnittlich, nur der Preis von knapp 18 Euro bei 132 Seiten Umfang entspricht eher dem eines Abenteuer- oder Quellenbandes als einem Magazin. Alles in allem ist eine verstärkte internationale Präsentation von „Cthulhu“ wünschenswert, und so stellt die Erstveröffentlichung von WoC eine Freudenstunde für Fans des gepflegten Horror-Rollenspiels auf der ganzen Welt dar.


Worlds of Cthulhu #1
Internationales CoC-Magazin
Keith Herber, Frank Heller (Hrsg.)
Pegasus Press 2004
ISBN: 3-937826-06-8
132 S., geheftet, englisch
Preis: EUR 17,95

bei pegasus.de bestellen