World of Warcraft – Shadow of War

Für alle die ganz schnell Neuerungen für das „World of Warcraft“-Brettspiel wollten, brachte Fantasy Flight Games mit der „Shadow of War“-Expansion über 450 neue Karten heraus, die das Spiel noch abwechslungsreicher gestalten, etwas verschnellern und die Marschrichtung für kommende Erweiterungen vorgeben.

von Lars Jeske

 

Mit „Shadow of War“ erschien gleich 2006 die erste Erweiterung zur Brettspielvariante vom „World of Warcraft“. Wenngleich hier die englische Variante vorgestellt wird, ist diese Expansion auch schon auf Deutsch beim Heidelberger Spieleverlag erschienen. Sofort als „ist ja nur eine Kartenerweiterung“ verschrien, bereichern diese neuen Karten das Spiel jedoch ungemein (und sind zum Teil essentiell für die zweite Expansion „The Burning Crusade“). Zum einen gibt es sinnvolle Ergänzungen, zum anderen werden neue Spielmechanismen vorgestellt.

Die handliche kleine Box, die sich später gut als Sortierhilfe im Grundspielkarton macht, besticht durch inhaltliche Übersichtlichkeit. Neben einem kleinen Regelheftchen befinden sich 90 große und 378 kleine Karten in der Schachtel, welche die Gesamtanzahl aller bisherigen Karten somit exakt verdoppeln.

Karten, Karten, Karten

90 normalgroße Karten bringen neue Events, Destiny Cards und Blue Quest Cards. Die 26 neuen Ereignisse unterteilen sich wiederum in neue Bossgegner, interessante neue Gegenstände im Auktionshaus und normale Ereignisse, die zumeist für beide Fraktionen gelten.

Neu eingeführt wurde das Konzept der Destiny Cards. Diese 39 Karten beinhalten 21 globale Ereignisse, die einen in jedem Spiel ereilen können. Hierbei wird das schon im Grundspiel erwähnte Konzept aufgegriffen, wenngleich nunmehr in einem besonderen Kartenstapel und nicht im Ereignisstapel. Es ist immer eine Destiny Card aktiv, deren Ereignis, je nach Zahl auf der Sanduhr, in spätestens 6 Runden ausgelöst wird. Obwohl es mehr positive als negative Effekte für die Spieler gibt wird, die Welt immer etwas durcheinander gewürfelt; vor allem die blauen Kreaturen werden hiervon oft getroffen. Die anderen 18 Karten sind jeweils 6 overlordspezifische und erschweren das Leben der Helden natürlich immer, zumeist sogar heftig, aber so sollte es auch sein. Im Prinzip sind Destiny Cards nichts anderes als zusätzliche Ereignisse mit einer gewissen Vorlaufzeit, um sich darauf einstellen zu können, da deren Auswirkungen schwerwiegender sind als die von normalen Ereigniskarten.

Die 25 Blue Quest Cards sind ebenfalls ein neues Spielkonzept. Nunmehr gibt es eine Möglichkeit, endlich mit den Roadblocks, also den unabhängigen blauen Kreaturen, etwas anfangen zu können. Bisher versperrten sie nur den Weg und provozierten unnütze Kämpfe, die eine wertvolle Aktion kosteten. Jetzt bekommt man – wenn die Kreatur auf einer der offen ausgelegten „Kopfgeld“-Karten abgebildet ist – zumindest einen minimalen Bonus. Dieser Bonus manifestiert sich vor allem in Form von Gegenständen aus dem neuen, 103 Karten starken Bonus Item Set, manchmal sogar in Form von Geld oder XP. Diese Blue Quest Cards sind freie, fraktionsunabhängige Missionen, das heißt wer auch immer zuerst das entsprechende Monster erschlägt, bekommt den Bonus und es wird eine neue Karte gezogen.

Ein großer Teil der neuen kleinen Karten (immerhin mit beinahe 200 Stück fast die Hälfte aller Karten der Expansion) besteht, wie nicht anders erwartet und üblicherweise in einer ersten Erweiterung zu einem derartigen Spiel, aus neuen/zusätzlichen Gegenständen, die man als Questboni einstreichen kann. Ein paar wirklich interessante sind dabei, und es ist durch diesen quantitativen Sprung auch für mehr Abwechslung im Spiel gesorgt.

Der oben schon erwähnten neuen Klasse der Bonus Item Cards sind ausnahmslos kleine Gegenstände zugeordnet. Vor allem Scrolls, Potions und Trinkets warten auf die siegreichen Kämpfer, welche für die im Grundspiel unterrepräsentierte General Item Box bestimmt sind oder sofort im Rucksack verschwinden. Glücklicherweise darf man von diesen Bonus Items bis zu 7 zusätzlich zu dem Limit der 3 großen im Rucksack haben. Anderenfalls wäre man zu oft gezwungen, die Gegenstände fallen zu lassen oder Städte zu besuchen.

Den wichtigsten Teil dieser Expansion stellen jedoch eindeutig die 10 neuen Talent Cards & Power Cards für jede der neun Klassen dar: 180 Karten, welche die ursprüngliche Auswahl von jeweils 12 auf je 22 erhöhen und dadurch fast verdoppeln. Natürlich waren nicht alle Karten davon zwingend notwendig, jedoch kann man jetzt die einzelnen Charaktere noch differenzierter entwickeln und den persönlichen Vorlieben anpassen.

Der Themenbezug zur jeweils ursprünglichen Klasse ist mit den neuen Karten gut beibehalten worden, sodass sich die neuen Karten gut integrieren lassen. Beispielsweise gibt es für den Druiden viele Karten, die sich auf eine seiner „Beast Forms“ beziehen. Generell fiel mir auf, dass es den Druiden wieder einmal besonders gut getroffen hat. Vorher schon ein starker Charakter, ist er auf alle Fälle nun ein perfekter Einzelkämpfer (etwa durch „Prowl“, „Enrage“, „Moonglow“ und „Frezied Regeneration“). Dennoch besitzt dieser Charakter die höchste Flexibilität von allen und kann der Gruppe sowohl als Angreifer als auch als Heiler zur Verfügung stehen, je nachdem wie er aufgebaut wird und wen die Fraktion benötigt. Einer der wenigen Charaktere, die zu viele gute Karten haben, sodass fast kein Platz mehr für „Reflection“ bleibt, einer Talentkarte, die pro Runde eine Energie erzeugt.

Die anderen Charaktere wurden glücklicherweise jedoch auch etwas aufgewertet. Einiges sei nachfolgend exemplarisch angerissen. Dem bisher eher schwächlichen Schurken (Rogue) wurden 2 neue Finishing Moves spendiert, was diesen viel spielbarer macht (dennoch leider kein Vergleich zum Druiden). Er bleibt somit weiterhin ein sehr herausfordernder Charakter für Vielspieler.

Der Priester darf sich nunmehr mit „Fade“ aus jedem Kreaturenkampf verkrümeln und kommt mit „Fear Ward“ und „Feedback“ relativ schnell an sehr spielstarke Kräfte. Generell ist beim konzeptionellen Heiler nunmehr eine viel offensivere Ausrichtung möglich.

Der Jäger trifft jetzt noch genauer (kann also sein Würfelglück reduzieren), da er noch mehr Möglichkeiten hat, sich die Würfel gleich so hinzulegen, wie er will, anstatt würfeln zu müssen.

Auch der Hexenmeister hat ein paar tolle neue Karten bekommen, die Eingang in das Spiel finden werden, nämlich „Soul Fire“ und „Create Healthstone“. Neben der neuen Möglichkeit, die Dämonendiener jetzt auch mit „Health Funnel“ heilen zu können, kann nun als weitere Alternative der Dämon „Fel Hunter“ beschworen werden.

Einige der neuen Kraftkarten für die Charaktere führen sogar das neu eingeführte Spellbook Icon, wodurch man sie je nach Bedarf zusätzlich am Beginn jeder beliebigen eigenen Aktion mit der entsprechenden Power Cards ausrüsten kann und nicht nur wie bisher üblich im Character Management Step am Ende des eigenen Fraktionsspielzuges. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Integration ins Spiel

Die wenigen neuen Regeln sind schnell erklärt und die Karten lassen sich problemlos ins Spiel einfügen. Durch die vielen neuen Gegenstände gibt es eine noch größere Abwechslung, sodass jedes Spiel anders verläuft. Besonders sinnvoll sind die Blue Quest Cards, denn durch diese wird das Spiel schneller, da man zügiger aufsteigen kann – dann gegebenenfalls jedoch länger auf seine Talent Cards gucken muss, da die Auswahl schon fast zu groß ist. Durch die Destiny Cards muss man noch mehr darauf achten, welche Modifikationen es in Lordaeron gerade gibt. Die neuen Talent & Power Cards verbreitern das Arsenal eines jeden Charakters, wodurch sich diese jedoch auch einander annähern (gleiche Kräfte, anderer Name). Neue Quests für die beiden Fraktionen gab es noch nicht, das hat man sich für die „The Burning Crusade“-Erweiterung aufgehoben.

Fazit: Die „Shadow of War“-Expansion ist vor allem für Vielspieler des Grundspiels geeignet, die ihre bevorzugten Charaktere nun auch einmal ganz anders entwickeln können. Durch die neuen Gegenstände gibt es auch in dieser Rubrik mehr Abwechslung. Die Gesamtqualität & -quantität der Karten ist angemessen. Leider rubbeln sich die Ränder der oft gespielten Talent Cards & Power Cards ab, was einem jedoch erst im direkten Vergleich mit der neuen Auswahl auffällt.

Wer mit der Expansion „The Burning Crusade“ liebäugelt, sollte sich „Shadow of War“ auf alle Fälle besorgen. Folgende zwei zusätzliche Gründe sprechen dafür: Zum einen werden die bei „Shadow of War“ noch etwas sinnlos wirkenden Power Cards zum Entfernen von Stun-, Poison- und Curse-Tokens für Paladin, Schamane und Zauberer richtig wertvoll. Die neuen Endgegner Lady Vashj, Kael’thas und Illidan Stormrage verteilen diese nämlich zuhauf. Somit ist man im dortigen Endkampf auf die „Shadow of War“-Erweiterung angewiesen, wenn man nicht mit einem Priester oder Schurken losziehen will, die diese Power Cards in der „Burning Crusade“-Expansion bekommen. Zum anderen gibt es mit der „Burning Crusade“-Erweiterung neue Blue Quest Cards, die ohne die Bonus Item Cards als Belohnung aus „Shadow of War“ so gut wie unnütz sind.

Kurzum: Das Basisspiel „World of Warcraft“ wurde durch diese Erweiterung sinnvoll verbessert und ergänzt.


World of Warcraft – Shadow of War (Expansion)
Brettspiel-Erweiterung für 2 bis 6 Spieler ab 12 Jahren
John Goodenough
Fantasy Flight Games / Heidelberger Spieleverlag 2006
ISBN: 1-58994-301-5
Box mit Regelwerk, 468 Spielkarten, englisch
Preis: $ 24,95

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