WARS TCG: Incursion (1/2)

"WARS TCG" ist das neue Sammelkartenspiel aus dem Hause Decipher, die erste völlig eigene Weltenschöpfung der Kartenspezialisten. In zwei Artikel stellen wir euch dieses Spiel vor. In Teil 1 gibt es Infos zur Spielwelt und zum Sammeln.

von Bernd Perplies

 

Am 6. Oktober 2004 gab es bei der amerikanischen Spieleschmiede Decipher eine Premiere: ihr erstes, völlig eigenständig entwickeltes Science-Fiction-Universum erlebte mit einem Basis-Sammelkarten-Set seine Geburt. Das Universum trägt den Namen WARS (in der Anfangszeit noch „The Mumon Rift“ untertitelt), das Basis-Set nennt sich „Incursion“ (zu gut dt. „feindlicher Einfall“).

Fakten, Fakten, Fakten

Das „WARS – Incursion“-Set besteht aus 330 Karten: 110 Rares (R), 110 Uncommons (UC), 100 Commons (C), 4 Premium-Foils (PF) und 6 Starter-Only-Cards (S). Verkauft werden diese in 4 verschiedenen Starter-Packs zu jeweils 60 Karten und in Boosterpacks zu 15 Karten. Die Starter-Packs sind thematisch nach den 5 verschiedenen, spielbaren Fraktionen ausgerichtet: Es gibt einen Earther/Maverick-Starter, einen Quay-Starter, einen Shi/Maverick-Starter und einen Gongen-Starter. Die Mischung innerhalb der Starter ist fest, d.h. es befinden sich in jedem Starter die gleichen Karten, die sich aus Commons und Uncommons sowie den Starter-Only-Cards (S) – ausschließlich Locations – und 5 Foil-Karten (einer Starter-Only-Premium-Foil in doppelter Ausführung sowie 3 „normalen“ Foils (F)) zusammensetzen. Die Booster dienen der Aufwertung der eigenen Decks und beinhalten entweder 1 Rare-Card oder 1 Rare-Foil-Card (RF) sowie eine Mischung aus 14 C- und UC-Karten. Innerhalb der Booster kann man insgesamt 18 verschiedene Rare-Foil-Cards finden, die ungefähr im Verhältnis 1:7 (Booster) gepackt sind. Weitere Foils (F) sind nur im Rahmen von Werbemaßnahmen oder Events erhältlich – oder eben in den Startern. Im Augenblick gibt es 14 verschieden F-Karten, wobei 12 davon sich in den 4 Startern befinden und 2 auf Premieren-Events ausgegeben werden.

Ein Universum entfaltet sich

Um das „WARS TCG“ nicht einfach im luftleeren Raum hängen zu lassen, verpflichtete man den sowohl BattleTech- als auch Star-Wars-Fans wohl bekannten Autor Michael Stackpole, um eine Reihe Kurzgeschichten zu verfassen, die in die Atmosphäre und das Universum von WARS einführen sollen. Diese Stories liegen im WARS-Bereich der Decipher-Website als pdf-Dateien zum Download bereit (gemeinsam mit einem tollen Einführungs-Quicktime-Film!). Es sind eher kurze Momentaufnahmen, in die allerdings geschickt einiges an Hintergrundinformationen gepackt wurde.

2043 beginnt die Menschheit ihre Expansion ins All. Zunächst wird der Mond kolonisiert, 2076 dann der Mars. Wie so oft erlebt in verschiedenen Universen, entdecken die neuen Marsbewohner jedoch irgendwann ihren Freiheitsdrang, werden rebellisch und sagen sich von der guten, alten Erde los. So auch hier. Im Jahre 2364 erklären die Marskolonisten, deren Lebensstil asiatisch angehaucht ist und die sich mit dem Treiben auf der Erde nicht mehr identifizieren können, ihre Unabhängigkeit und geben dem Planeten einen neuen Namen: Gongen. Terra will diese Sezession natürlich nicht hinnehmen und es kommt zum Konflikt, der in der Schlacht um Phobos 2388 gipfelt. Auch von anderer Seite wird die irdische Raumfahrt bedroht. Lose Banden von Außenseitern und Raumpiraten, die ihre Heimat auf den Monden und Asteroiden des Sonnensystems gefunden haben, schließen sich 2389 zusammen und bilden damit eine dritte Fraktion, die nicht zu unterschätzen ist. Doch das größte Unheil steht noch aus. 2391 öffnet sich eine Raum/Zeit-Spalte, genannt Mumon Rift, und ein fremder Planet erscheint: Seyal. Mit ihm fallen die Quay und die Shi in das Sonnensystem ein, zwei Alienrassen, die, obwohl untereinander bereits verfeindet, nur ein Ziel kennen: Die Menschheit auszurotten. Der Krieg beginnt.

Erste Eindrücke des Spielers

Noch – ich betone das in weiser Voraussicht – lässt sich das „WARS TCG“ recht schnell und unkompliziert spielen. Man legt Locations, dazu Raumschiffe, Fahrzeuge und Charaktere und versucht dann, dem Gegner „Energie“ zu entziehen – entweder durch Kämpfe oder das Kontrollieren einzelner Örtlichkeiten. Wem das vage bekannt vorkommt, der irrt nicht: WARS setzt explizit auf den alten Spielmechanismus des „Star Wars CCG“ von Decipher auf, dessen Lizenz zwar an die Wizards of the Coast verloren wurde (die daraus ein Spiel entwickelten, das meines Wissen niemand wirklich interessiert...), dessen Regelwerk allerdings weiter in den Händen von Decipher lag und hiermit nun nutzbringend recycelt wurde – für Details siehe Artikel 2.

Die Starter-Sets machen ihrem Namen dabei alle Ehre. Für die ersten paar Runden WARS sind sie allemal gut, wenngleich man schon recht bald merkt, dass manche Fraktionen, wie die Quay als primäre Kämpfer, besser funktionieren als andere, wie die Kombo Shi/Maverick; deren Stärken scheinen eher in der Verteidigung zu liegen bzw. in dem geschickten Spiel mit Interrupts (Ereigniskarten). Und das gibt die vorkonfigurierte Mischung einfach nicht her. Hier wird – nicht ungeschickt – recht schnell das Bedürfnis nach eigenen Modifikationen geweckt, womit die Booster-Packs ins Spiel kämen...

Zwei neue Spielmechanismen finde ich besonders gelungen. Einerseits wären da die „Encampments“, Site-Locations, die man entweder einzeln spielen kann – dann sind sie ganz normale Sites, die beiden Spielern „Energy“ gewähren. Oder aber man steckt sie unter jedwede andere Location. In diesem Fall verlieren sie ihre Site-Eigenschaften und dienen nur noch als „Bonus“ für die eigene Seite (sowohl was Energy-Icons als auch Gametext angeht). Der Vorteil liegt auf der Hand: Der Gegner erhält keine neue Energy, man selbst schon. Der Nachteil geht damit aber einher: Je mehr Energy-Icons auf der eigenen Seite stehen, desto elementarer wird es, diese Location zu verteidigen, denn wenn der Gegner sie kontrolliert, hat das einen echt fiesen Energy-Drain zur Folge! Zum Zweiten wären da die Charakter-Karten, die man – für eine gewisse „Gebühr“ – einmal pro Spiel um 180° drehen kann, wodurch sich deren Werte teilweise dramatisch verändern. Das ist praktisch wie ein eingebauter Interrupt und schwebt somit wie ein Damoklesschwert über der eigenen Strategie.

Was sagt der Sammler?

Das „WARS TCG“ ist – im Augenblick sehr angenehm zu sammeln. Einerseits hat Decipher hinsichtlich des Kartendesigns wirklich was auf dem Kasten. Nicht nur die Abbildungen auf den einzelnen Karten sind überwiegend sehr hübsch (vor allem in der Foil-Version!), auch die Karten-Templates sehen einfach super aus! Persönlich muss ich zwar sagen, dass mir Karten mit Film-Stills zum Sammeln noch attraktiver erscheinen, aber das mag Geschmackssache sein. Andererseits ist ist die Reduzierung des FOIL-Sets auf realistische 18 Karten (RF) lobenswert. Im Gegensatz zu solchen Monster-Foil-Komplettsätzen wie bei dem „LotR TCG“ ist es hier mit dem Kauf von 2-3 Displays (die man als Sammler ohnehin braucht, um einen Satz „Incursion“-Karten zu erhalten) möglich, alle Foils zusammenzubekommen. Sehr nette Geste und dem Geldbeutel durchaus entgegen kommend (ganz ungeachtet der Tatsache, dass Sammelkartenspiele im Prinzip elend teuer sind). Bleibt nur zu hoffen, dass Decipher der Erfolg nicht zu Kopf steigt und sie zu Überschwemmungen des Sammlermarktes mit Ultra-Rares, Alternate-Image-Cards oder Karten in Shi-Runen hinreißt!

Fazit: Ob das Spiel ein Erfolg wird oder nicht, lässt sich schwer prognostizieren. Irgendwann könnte auch der Sammelkartenmarkt gesättigt sein. An Engagement mangelt es bei Decipher jedoch nicht: tolles Kartendesign, ein schickes und wohl erprobtes Spielsystem, eine aufwendige Werbekampagne und ein namhafter Autor, der, da wette ich, noch den einen oder anderen Roman zum WARS-Universum beisteuern wird, sind mehr als eindeutige Hinweise darauf, dass die Macher noch einiges vorhaben mit ihrer neuen Produktlinie. Ein Probespiel kann also nie schaden.


WARS TCG: Incursion
Sammelkarten-Grundset
Joe Alread, Michael Girard, Chuck Kallenbach u. a.
Decipher 2004
330 Karten, englisch
Preis: EUR 132,84 (Booster-Display)

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