von Bastian Ludwig
„Thunderstone Advance“ ist eine Fortsetzung von „Thunderstone“, die als eigenständiges Spiel funktioniert, aber auch mit bisherigen „Thunderstone“-Veröffentlichungen kombiniert werden kann. Ich habe „Thunderstone“ bisher nur ein einziges Mal gespielt und das ist auch schon ein paar Jahre her, weswegen ich „Thunderstone Advance“ nicht fundiert mit irgendeinem anderen Beitrag der Reihe vergleichen kann. Wenn mich mein Gedächtnis aber nicht vollkommen trügt, sind die Unterschiede zwischen den beiden Spielen so marginal, dass Fans von „Thunderstone“ auch Fans von „Thunderstone Advance“ werden dürften. Mehr sei dazu nicht gesagt, im Folgenden werde ich mich alleine auf „Thunderstone Advance“ konzentrieren.
Im Grunde ist „Thunderstone Advance“ eine Mischung aus „Dominion“ und „Munchkin“. Mit Letzterem hat es die Grundidee gemein, mit immer besser ausgerüsteten Helden in einen Dungeon zu gehen und immer stärkere Monster zu bekämpfen, um immer wertvollere Belohnungen zu kassieren, wobei der Humor, bei „Munchkin“ ja das zentrale Stilmittel, bei „Thunderstone Advance“ durch ein düsteres Fantasy-Ambiente ersetzt wird. Von „Dominion“ wiederum leiht es sich dessen preisgekrönte Spielmechanik, bei der jeder Spieler mit einem eigenen Kartendeck spielt, das er im Verlauf des Spiels immer weiter ausbaut und aus dem er für jeden seiner Züge eine begrenzte Anzahl an Handkarten zur Verfügung hat.
Auf den ersten Blick erweckt „Thunderstone Advance“ den Eindruck eines Regelmonsters. Satte 38 Seiten Spielanleitung und 79 verschiedene Kartentypen können beim Auspacken der Spielmaterialien durchaus abschreckend wirken. Umso schöner, dass sich das Spiel schon beim ersten Einlesen als wenig kompliziert herausstellt. Das liegt zum einen daran, dass in jeder Partie nur ein Teil der 79 Kartentypen zum Einsatz kommt, zum anderen sind die Grundregeln wirklich schlicht gehalten. Spieltiefe entsteht durch das von jedem Spieler frei zusammenstellbare Kartendeck und dadurch, dass bei jeder Partie eine unterschiedliche Auswahl der 79 Kartentypen zum Einsatz kommt, sodass die Spieltaktik jedes Mal variiert werden muss.
Wie muss man sich das Spiel aber nun vorstellen? Von jedem der 79 Kartentypen gibt es eine mehr oder weniger große Anzahl. Je Partie werden 22 dieser Kartenstapel ausgesucht, der Rest wandert zurück in die Spielschachtel. Die 22 Stapel sind zwei Bereichen zugeordnet, entweder dem „Dorf“ oder dem „Dungeon“. Gespielt wird mit sechs Handkarten, die man vom eigenen Kartendeck zieht. Das Spiel startet man mit einem Deck von nur zwölf eher schwachen Karten. Ist das Deck leer, werden die Karten neu gemischt. Wenn man am Zug ist, hat man vier Aktionen zur Auswahl, wobei die wichtigsten „Das Dorf besuchen“ und „Kampf im Dungeon“ sind.
Im Dorf kann man verschiedene Fähigkeiten seiner Handkarten nutzen und sich so den einen oder anderen Vorteil verschaffen, vor allem betreibt man aber Kartendeckoptimierung. Jeder Spieler kann sich mit seinen Handkarten, von denen einige einen Geldwert besitzen, Karten der ausliegenden Stapel hinzukaufen. So schart man etwa eine Gruppe von „Helden“ um sich, die gegen Monster kämpfen können, kauft verschiedene „Waffen“, um die Kampfkraft der Helden zu stärken, besorgt sich nützliche „Gegenstände“ oder „Zaubersprüche“ und heuert auch den einen oder anderen „Dorfbewohner“ an. Will man irgendwann stärkere Monster besiegen, darf man sein Deck aber nicht nur quantitativ verbessern, sondern muss auch an seiner Qualität arbeiten, indem man es von schlechten Karten wie etwa „Flüchen“ befreit und auch die ein oder andere an sich positive, aber zu schwache Karte beseitigt. Bei gerade einmal sechs Handkarten ist nämlich jeder Kartenslot wertvoll. Im späteren Spielverlauf kann man es sich einfach nicht mehr leisten, dass etwa ein schwacher Held wie der „Soldat“ einem stärkeren Helden den Platz auf der Hand wegnimmt.
Irgendwann fühlt man sich dann fit genug, in den Dungeon zu gehen und das zu machen, was Rollenspielhelden in einem Dungeon eben so machen: Monster töten, Erfahrungspunkte bekommen, mit etwas Glück Beute abgreifen und – im Falle von „Thunderstone Advance“ – vor allem Siegpunkte sammeln. Das Kampfsystem ist dabei schlicht. Monster haben Lebenspunkte, die durch verschiedene Boni und Mali noch leicht verändert werden können. Der Spieler guckt, wie viele Angriffspunkte er auf seiner Hand hat. Die kommen hauptsächlich von den Helden, verstärkt durch Waffen, Gegenstände und so weiter. Ist der Angriffswert höher oder gleich den Lebenspunkten, ist das Monster besiegt. So schnetzelt man sich voran, bis man irgendwann dem „Donnersteinträger“ gegenübersteht. Ist er besiegt, endet das Spiel und der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat gewonnen.
Hat man die grundlegenden Aktionen erst einmal verstanden und sich auch ein bisschen in die Fähigkeiten der einzelnen Karten eingelesen, ist „Thunderstone Advance“ ein flottes Spiel. Ein Zug kostet nicht besonders viel Zeit, sodass man schnell wieder an der Reihe ist, was auch daran liegt, dass es elend lange Aktionsketten, wie man sie von „Dominion“ kennt, weil man sich dort mit entsprechenden Aktionskarten immer mehr Aktionen und Handkarten für den aktuellen Zug besorgen kann, bei „Thunderstone Advance“ so nicht gibt. Der zügige Spielverlauf entschädigt dafür, dass Interaktion keine Rolle spielt. Stattdessen bastelt man für sich selbst am eigenen Kartendeck herum und kämpft auch alleine gegen die Monster.
Die Kartendeckoptimierung ist der eigentliche Kern des Spiels, hier entfaltet es seine Spieltiefe. Denn auch wenn natürlich eine gehörige Portion Glück dazugehört, sechs Handkarten zu ziehen, mit denen man in dieser Kombination etwas Sinnvolles anfangen kann, kann man diesen Glückfaktor durch ein geschickt aufgebautes Kartendeck massiv verringern.
Die Karten sind allesamt hübsch gestaltet, obgleich sie auf den ersten Blick verwirrend wirken. Das liegt zum einen daran, dass verschiedene Kartenarten zwar unterschiedliche Farben haben, diese Farben aber zum Teil kaum auseinanderzuhalten sind, zum anderen an den zahlreichen Symbolen, die an allen Ecken und Enden der Karten platziert sind. Deren Logik hat auch noch eine Besonderheit, kann doch das gleiche Symbol unterschiedliche Bedeutungen haben. Findet man zum Beispiel das Päckchen-Symbol auf einem Helden, gibt es seine Stärke an, findet man es auf einer Waffe, markiert es deren Gewicht. Gewöhnungsbedürftig ist eine solche Paarung von Symbolen vielleicht, dumm ganz bestimmt nicht, hält sie doch die Anzahl der Symbole im Zaum.
Außer den Karten gibt es nur noch wenig Spielmaterial. Ein Spielbrett, auf dem die Felder für die Kartenstapel markiert sind, hilft beim Spielaufbau und sorgt für Ordnung. Das ist praktisch, leider aber auch nur von minderer Qualität aus dünner, sich wellender Pappe gefertigt. Daneben gibt es noch Kartentrenner für die einzelnen Kartentypen. Die sind absolut notwendig, weil der Spielaufbau ansonsten eine Ewigkeit dauern würde, aber richtig praktisch sind sie nicht, weil sich die Karten in den viel zu großen, wahrscheinlich für Erweiterungen ausgelegten Vertiefungen der Spielpackung nur schlecht durchblättern lassen.
Fazit: „Thunderstone Advance“ ist nach ein wenig Einarbeitungszeit ein flottes Spiel für Kartendecktüftler mit leichten Rollenspielelementen. Wer sich in einem High-Fantasy-Setting zuhause fühlt und vielleicht sogar „Munchkin“ und „Dominion“ zu seinen Lieblingsspielen zählt, macht hier bestimmt keinen Fehlkauf.
Thunderstone Advance – Die Türme des Verderbens
Kartenspiel für 1 bis 5 Spieler ab 12 Jahren
Mike Elliott
Pegasus Spiele 2012
EAN: 4250231704000
Sprache: deutsch
Preis: EUR 39,95
bei amazon.de bestellen