Telperinquár – Battle of Fame

„Telperinquár – Battle of Fame“. Mit dem Slogan „Das Rollenspiel in Kartenform“ wirbt dieses neue Produkt auf dem Spielmarkt und offenbart damit seine wichtigsten Elemente. Es ist ein Mix aus TCG und P&P-Rollenspiel, sodass sich für Fans beider Spielsysteme der Blick über den Tellerrand lohnt und man in das jeweils andere Genre hineinzuschnuppern kann. Auf geht’s!

von Lars Jeske

 

Sammelkartenspiel mit Einflüssen vom Rollenspiel

Das Innovative an diesem Kartenspiel ist es, die typischen Aspekte eines Sammelkartenspiels (TCG) mit den grundlegenden Anteilen an einem Rollenspiel zu verbinden. Entstanden ist ein Hybrid, der sogar Spieler beider Gruppen zusammenbringen kann, da sich jeder regeltechnisch ausreichend vertreten wiederfinden wird. Vor allem TCG-Spielern ist das Spielprinzip überaus bekannt: individuelles Kartendeck, 20 Lebenspunkte, alle anderen angreifen und als Letzter übrig bleiben. Pro Runde kann jeder Spieler dabei von neuem auf eine bestimmte Anzahl von Aktionen zurückgreifen, um seine Karten auszulegen oder zu benutzen. Im Laufe des Spiels erhöht sich durch den Stufenanstieg des Helden die Anzahl der insgesamt möglichen Aktionen. Konzipiert ist das Spiel dabei genremäßig als PvP-Kampf, kann aber im Prinzip auch mit mehr Teilnehmern gespielt werden. Ein normales Spiel dauert ca. 15 min.

Ein erwähnenswerter Punkt ist, dass es sich bei „Telperinquár“ zur Abwechslung einmal nicht um ein Merchandise-Produkt zu einem aktuellen Kinofilm, des schnellen Gelds wegen, handelt, sondern ein eigenständig über Jahre entwickeltes Projekt. Der Name „Telperinquár“ bedeutet übrigens in der elbischen Sprache „Silberhand“, welche auch einen Großteil des Logos ausmacht. Ansonsten soll der Name genau das Gefühl widerspiegeln, wenn man sich seine Handkarten anschaut und den nächsten Zug überlegt.

Aufbau der Karten

Wie man es von TCG gewohnt ist, gibt es sowohl Starter, als auch Booster. Mit den Startern, den sogenannten Heldenpacks, kann man sofort losspielen, denn diese sind sehr gut spielbar und auch untereinander ausgewogen gestaltet. Kein Starter ist einem anderen haushoch überlegen. Die Boosterkarten können dabei helfen das eigene Deck gezielt zu modifizieren. Klassischer für ein TCG gibt es Karten der Kategorien häufig (C), ungewöhnlich (U), selten (R), sowie Karten, die man nur in den Startern (S) findet. Pro Starter gibt es hier eine Heldenkarte, 10 Stufenkarten und jeweils einmal andere 29 verschiedene Karten. Ungewöhnlich ist, dass die Karten der Starter allesamt nur im entsprechenden Starter zu finden sind. In einem Booster befinden sich 10 Karten (6C/3U/1R). Für die Sammler sei angemerkt, dass die 1. Edition aus 204 verschiedenen durchnummerierten Karten besteht (und den 4 verschiedenen Stufenkarten), davon 120+4S, 8R, 26U und 50C. Wie man sieht ein sehr überschaubarer Anteil an Rares, die im Gegensatz zu anderen TCG somit nicht ausschließlich das Spiel entscheiden.

Dem Spieler klassischer P&P-Rollenspiele, oder Rollenspiele am Computer, kommen ebenso einige Aspekte des Spieles sehr bekannt vor. Im Spiel übernimmt man explizit einen Charakter, welcher anhand des Heldenpacks ausgewählt wird. Im Moment gibt es den Geistlichen, den Kämpfer, den Schurken und den Zauberer. Dabei ist es sogar möglich, diese zu kombinieren, sich also beispielsweise als Zauberer-Schurke oder Kämpfer-Schurke in den Kampf zu stürzen. Jeder Held beginnt mit 20 Lebenspunkten, wobei man bei einem Stufenanstieg (Auslegen einer aus dem Deck gezogenen Stufenkarte) jeweils unterschiedlich viele Lebenspunkte als Bonus hinzubekommt. Wie üblich bekommt dabei der Zauberer weniger als z. B. der Kämpfer. Neben der markanten Kennzahl der Lebenspunkte bei TCG kennen die Rollenspieler unzählige weitere Eigenschaften, wie die bei „Telperinquár“ auch vertretene Rüstung und magische Resistenz für die verschiedenen Charaktere und Verbündete. Bezüglich der klassischen Attribute beschränkt man sich hier auf ein paar wenige, um das Spiel nicht unnötig zu verkomplizieren. Namentlich übernehmen die Werte für Kraft, Reflexe, Geist und Aura die Rolle der Restriktionen für das Ausspielen von bestimmten Karten. Auch diese Werte steigen je nach Heldenklasse im Laufe des Spiels durch die Stufenanstiege unterschiedlich stark an. Jedoch das Wichtigste überhaupt: Ohne einen W10 geht schon einmal gar nichts.

Spielweise

Nach dem Ziehen einer Karte folgt die Versorgungsphase, in welcher Langzeiteffekte verrechnet werden. Anschließend kann man eine weitere Stufenkarte auslegen (bis max. 10 pro Spiel). Neben den gesteigerten Werten und zusätzlichen Lebenspunkten, wird hierbei auch die Anzahl der möglichen Aktionen erhöht, und darauf kommt es an. Die anfänglichen 3 Aktionen, die man pro Runde zur Verfügung hat, werden im Verlauf bis auf 12 Aktionen angehoben, um mehr Möglichkeiten zu haben, seine Karten einzusetzen. In der Hauptphase kann man dann seinen aufgefrischten Aktionspool nutzen, um Karten zu aktivieren oder neue auszuspielen. Ebenso hat man die Möglichkeit, eine Angriffsphase auszuführen. Man versucht dabei den Gegenspieler durch direkte Angriffe von seiner irdischen Hülle zu befreien. Das ist jedoch nur gestattet, wenn dieser keine Verbündeten hat, die für ihn eingreifen. Zum Abschluss zieht man, so möglich, erneut eine Karte. Ein Handkartenmaximum gibt es angenehmerweise nicht, ebensowenige wie den „Decktod“.

Beim Austragen der Kämpfe kommt dann der oben erwähnte wichtige Rollenspielaspekt namens „W10“ zum Tragen. Den zugefügten Schaden kann man vor einem Angriff nicht genau kalkulieren, denn neben den Angaben auf den Karten erfolgt eine zusätzliche Modifizierung durch das Würfeln. Dies bringt insofern ein weiteres Glücksmoment mit ins Spiel, als dass die Extremwerte besondere Auswirkungen haben. Ein Patzer (gewürfelte 1) ist immer ein Fehlschlag, wohingegen eine echte Silberhand einen kritischen Treffer mit einer 10 ausführt. Gleiches gilt übertragen auch für das Durchführen von Heilung.

wie alles zusammenpasst

Auf allen Karten stehen (neben den Aktionskosten) bestimmte Attributsvoraussetzungen, die man erfüllen muss. Dieses verhindert zum einen, zu starke Verbündete oder Ausrüstungen durch frühzeitiges Ziehen sofort benutzen zu können, und spiegelt dadurch sehr gut die Erfahrung wieder, die man sich angeeignet haben muss, ehe man zu Höherem fähig ist. Als Zauberlehrling geling es einem eben noch nicht in der 1. Stufe, gleich den schwierigen Spruch der „Feuersbrunst“ auszusprechen, wohingegen ein Zaubermeister der 8. Stufe diesen locker aus dem Ärmel schütteln könnte. Zum anderen wird dadurch verhindert, dass ein Kämpfer sich atypisch verhält und plötzlich anfängt zu zaubern. Ihm wird es immer an dem nötigen Geist fehlen, und er verlässt sich lieber auf seine Kraft. Des Weiteren gibt es neben den freien Karten, die jeder benutzen kann der die Voraussetzungen erfüllt, auch extra gekennzeichnete klassengebundene Karten, die nur einem Heldentypus zugänglich sind. Dieses trägt sehr zur Stimmung und inneren Stimmigkeit des Spiels bei.

Ausstattung

Das Kartenmaterial verdient die Bestnote. Die Karten sind sehr stabil, dick und sogar laminiert, sodass diese selbst ohne Schutzhülle das Spiel überstehen. Die Qualität der Bilder auf den Karten ist hingegen sehr unterschiedlich. Da verschiedene Künstler beteiligt sind, variieren die Stile und die subjektive Qualität erheblich. Vom Strichmännchen über Manga bis hin zum detaillierten Gemälde ist alles vertreten. Dadurch passen nicht alle Karten gut zusammen, wohlwollend kann man dieses Konzept jedoch als abwechslungsreich und innovativ bezeichnen.

Gänzlich unerlässlich für ein Spiel ist ein zusätzlicher W10, damit man die Trefferpunkte auswürfeln kann. Einige Karten verlangen darüber hinaus auch einen Erfolgswurf. Sinnvollerweise sollte man noch Zettel und Stift oder ein paar Würfel und Marker bereithalten, um die Lebenspunkte, Ladungen etc. zu kennzeichnen. Denn gerade für Neueinsteiger ist es nicht ganz leicht, immer die Menge der verbliebenen Aktionen aller Spieler genau im Blick zu behalten, da man noch viel mit den Karten und deren Texten beschäftigt ist. Abhilfe dabei schaffen womöglich separate Marker dafür, auch um Streit zu vermeiden.

Da das Spiel neu ist und noch immer weiterentwickelt wird, sind die neuesten Regeln und Klarstellungen sowie ein FAQ auf der Internetseite zu „Telperinquár“ einzusehen. Ebenso wichtig ist dort die Rubrik der Anpassungen und Kartenmodifikationen, denn Einiges fiel dem Fehlerteufel anheim, andere Karten erwiesen sich als zu spielstark und mussten für ein besseres Balancing verändert werden.

Fazit: Das Spiel ist ansprechend, da kurzweilig und mit tollen Ideen versehen. Da die Menge der möglichen Aktionen begrenzt ist, muss man in jeder Runde neu entscheiden, ob es sinnvoller ist, eine neue Karte auszuspielen, oder eine ausliegende zu benutzen. Neben dem Würfelglück und dem minimierbaren Kartenziehglück, ist bei „Telperinquár“ also vor allem strategisches Handeln gefragt. Darin liegen die neue Herausforderung und der Reiz dieses Spiels.

Für mich ein TCG mit der Unterfütterung von Rollenspielelementen. „Telperinquár“ ist somit gut geeignet für TCG-Spieler, die einmal ein Stück weit in die Rollenspielwelt eintauchen wollen; Rollenspieler entdecken sogar noch mehr Neues. Das zusätzlich benötigte Spielmaterial haben theoretisch beide Fraktionen ausreichend vorhanden und mit der Zeit kennt man auch die geänderten Kartentexte. Ein ambitioniertes Projekt aus der deutschen Hauptstadt, welches hoffentlich ebenso angenommen wird, wie seiner Zeit die jetzigen TCG-Platzhirsche. An Konzept und Umsetzung dürfte es zumindest nicht scheitern.


Telperinquár
Sammelkarten-Grundset
PM Dragon 2008
208 Karten, deutsch
Preis: EUR 10,00 (Starter) / EUR 3,00 (Booster)

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