Supernatural – Der Anfang vom Ende

Nach „Der verlorene Sohn“ und „Origins“ ist „Der Anfang vom Ende“ der dritte Comicband, der sich mit der Vorgeschichte der erfolgreichen TV-Serie „Supernatural“ beschäftigt. Dieses Mal wird ein Blick auf die konfliktreiche Beziehung zwischen Sam und seinem Vater John geworfen.

von Bastian Ludwig

 

Inhalt

Die Suche nach einem alten Bekannten, der möglicherweise etwas über den Mörder seiner Frau Mary wissen könnte, führt John Winchester und seine beiden Jungs nach New York. Hier treffen die drei auf Cox, ebenfalls ein Jäger, der als Anführer einer paramilitärischen Truppe den Kampf gegen das Übernatürliche im Big Apple leitet. Mit seiner Hilfe kommen die Winchesters Johns Informanten näher und näher.

Unterdessen ist Sam verärgert, da sein Vater ihm verboten hat, an den Feierlichkeiten zu seinem Collegeabschluss teilzunehmen. Nur die jüngste Enttäuschung für Sam in einem Leben voller Entbehrungen zugunsten der Dämonenjagd. Der Streit zwischen Sam und John spitzt sich immer weiter zu, und schon bald geht Sam in New York seine eigenen Wege.

Besprechung

Der Band fasst die Miniserie „Beginning’s End“ zusammen, die von Januar bis Juni 2010 erstmals in den USA erschien. Während die ersten beiden Miniserien „Der verlorene Sohn“ und „Origins“ relativ weit in der Vergangenheit angesiedelt waren, geht es nun in die Zeit kurz vor den Ereignissen der ersten Fernsehstaffel.

Erinnern wir uns an den Beginn der TV-Serie: Dean kommt nach Stanford, um Sam mitzuteilen, dass ihr Vater verschwunden ist, und ihn dazu zu überreden, mit ihm gemeinsam auf die Suche zu gehen. Mit der Zeit erfahren wir, dass sich Sam einst vom Leben als Jäger, das John seinen beiden Söhnen aufgedrängt hatte, abwendete, um Jura zu studieren. Die angespannte Beziehung zwischen Sam und seinem Vater wird in der Serie immer wieder erwähnt, wobei man zunächst davon ausgehen muss, dass ihre zwei sehr gegensätzlichen Charaktere für die Streitereien verantwortlich sind. Mit der Zeit stellt sich aber heraus, dass der auf den ersten Blick sehr sensibel wirkende Sam seinem harten, zuweilen kompromisslosen und – zumindest gegenüber Dämonen – brutalen Vater ähnlicher ist, als man glauben mag.

„Der Anfang vom Ende“ nimmt sich nun diesen Konflikt vor und schildert wie es dazu kommt, dass Sam seine Familie verlässt. Wie schon bei den beiden vorangegangenen Miniserien bleibt die eigentliche Handlung dabei mehr oder weniger irrelevant und kommt nicht über die Qualität der schwächeren Monster-of-the-Week-Episoden der TV-Serie hinaus, während der Fokus ganz auf die Figuren gelegt wird.

Und hier liegt für mich auch das Hauptproblem, denn ich werde mit John Winchesters Charakterisierung in den Comics einfach nicht warm. Klar, auch in der TV-Serie ist John oft ein richtiger Mistkerl, bei dem man den Eindruck bekommt, dass er seinen Söhnen nur aus Rachedurst ein normales, friedliches Leben vorenthält. Seine Liebe zu Sam und Dean ist aber trotzdem immer zu spüren, was auch dem ausgezeichneten Spiel des Darstellers Jeffrey Dean Morgan zu verdanken ist. Beim Comic-John merke ich von dieser Liebe jedoch nichts. Gegenüber Sam ist er stellenweise geradezu zynisch und grausam, was darin gipfelt, dass der Junge von seinem Vater angeschossen wird. An einer späteren Stelle rechtfertigt sich John gegenüber Dean, doch seine Beteuerung, dass er Sam zwar liebe, es aber dennoch notwendig sei, ihn so zu behandeln, wirkt an diesem Punkt nur noch wie ein Lippenbekenntnis. Natürlich, in der Fernsehserie hat man John bisher nur wenig zu Gesicht bekommen. Von daher bleibt eine Menge Raum, um die Figur mit neuen Wesenzügen anzureichern. Die Weise auf die das in den Comics getan wird, gefällt mir allerdings wenig und trifft meiner Meinung nach nicht die TV-Figur. Sich so sehr an der Charakterisierung einer Figur aufzuhängen, mag vielleicht pedantisch erscheinen, andererseits ist der komplette Comic nun einmal auf sein Personal ausgerichtet, wodurch dieser Aspekt eben umso deutlicher ins Gewicht fällt.

Da reißt es das Ruder für mich auch nicht herum, dass der Comic ansonsten annehmbar produziert ist. Die Handlung kommt – wie schon gesagt – eher konventionell daher, trifft aber dennoch ganz gut den Ton der Serie und ist recht spannend. Auch die graphische Umsetzung geht in Ordnung. Den Zeichenstift übernimmt wieder Diego Olmos, der schon „Der verlorene Sohn“ gestaltete hat. Nur für Heft 3 gibt er ihn an „Origins“-Zeichner Matthew Dow Smith ab, was durchaus passend ist, da dieses Kapitel ein von der Haupthandlung losgelöstes Zwischenspiel erzählt. In den Besprechungen der beiden ersten „Supernatural“-Bände habe ich meine Meinung zu den beiden Zeichnern schon ausführlicher dargelegt, und daran hat sich auch nichts geändert. Olmos macht seine Sache ordentlich, und er fängt die Atmosphäre der Fernsehserie gut ein, auch wenn ich seinen Stil nicht sonderlich einprägsam finde. Dow Smiths Zeichnungen sind mir nach wie vor zu detailarm, zu kantig und zweidimensional und seine Figuren wirken leblos.

Fazit: „Der Anfang vom Ende“ ist ein durchschnittlicher Comic, sauber, wenn auch nicht spektakulär illustriert und mit einer dünnen Handlung, die hinter dem Charakterdrama zurücktreten muss. Fans von „Supernatural“ bekommen ein paar im Prinzip spannende Hintergründe zur Fernsehserie präsentiert und dürften damit auch recht zufrieden sein, wenn ihnen denn die Charakterisierung von John Winchester nicht so widerstrebt wie mir. Für diejenigen, die „Supernatural“ nicht kennen, ist der Comic übrigens uninteressant, zum einen, weil seine Geschichte einfach nicht stark genug ist, um für sich selbst zu stehen, zum anderen, weil zu viel Vorwissen verlangt wird, da beispielsweise die Figuren keine Einführung bekommen. Wer also einfach nur auf der Suche ist nach einem Comic aus dem Bereich Horror, Mystery und Fantasy, dem empfehle ich, sein Geld lieber in Joe Hills „Locke & Key“ zu investieren.


Supernatural – Der Anfang vom Ende
Comic
Andrew Dabb, Daniel Loflin, Diego Olmos, Matthew Dow Smith
Panini 2011
ISBN: 978-3-862010-78-3
148 S., Softcover, deutsch
Preis EUR 16,95

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