Starship Battles

Das „Star Wars Miniatures Game“ existiert schon seit Jahren und hat mit dem Set zum 30-jährigen „Star Wars“-Jubiläum, „Alliance & Empire“, soeben seine sechste reguläre Erweiterung erhalten. Letztes Jahr erschien dann ein Ableger zu dem abwechslungsreichen Figurenkampfspiel: „Starship Battles“ trägt die Konflikte hinauf ins All.

von Frank Stein

Auf den ersten Blick klingt das Spiel wie der real gewordene Plastikwunschtraum eines jeden „Star Wars“-Fans: Raumschlachten im „Star Wars“-Universum. Sternenzerstörer gegen Nebulon-B-Fregatten, X-Wings gegen TIE-Fighter, ARC-170 Sternenjäger gegen Droidenkontrollschiffe der Handelsföderation und dazwischen die namhaften, schnellen, kleinen Schiffe unserer Helden: der Millennium Falke, die Wilde Karde, Prinz Xizors Virago und Darth Vaders TIE-Advanced x1.

Doch die erste Vorfreude wich ein wenig der Ernüchterung: kaum eines der kleinen, an sich sehr schnuckligen Raumschiffmodelle, das nicht auf die eine oder andere Art verbogen gewesen wäre. Die Regeln erwiesen sich zudem als stellenweise nicht ganz eindeutig und den Schlachten schien es schlicht an taktischer Finesse zu fehlen. Um es mit Lando zu sagen: So hatten wir uns dieses Geschäft wirklich nicht vorgestellt.

 

Doch wie es bei vielen Dingen der Fall ist, sollte man sich weder von seiner Vorschussbegeisterung noch von seiner Anschlussernüchterung leiten lassen, sondern einem Spiel die Chance geben, sich im Geiste des Fans zu setzen. Nachdem dies nun der Fall ist, wollen wir uns „Starship Battles“ etwas näher anschauen.

 

Fakten, Fakten, Fakten

 

Das Grundset umfasst 60 Raumschiffe – 30 der „Light Side“ (wozu Republik und Allianz zählen) und 30 der „Dark Side“ (also Separatisten und Imperium) – und man kann es in Form eines Starter Sets und von Huge Boostern erwerben. Dabei kostet das Starter Set etwa 40 Dollar, die Huge Booster schlagen mit etwa 20 Dollar zu Buche.

 

Das Starter Set enthält alles, was man grundsätzlich braucht (ich sage absichtlich nicht, „was man zum Spielen braucht“, denn das stimmt so leider nicht): das Regelwerk, eine doppelseitige Weltraumkarte (einmal mit Coruscant, einmal mit Tatooine am Kartenrand), 2 Fleet Commander Sheets, 10 vorbemalte Plastikraumschiffe (darunter die zwei exklusiven Superkampfschiffe „Super Star Destroyer Executor“ und „Mon Calamari Star Defender Viscount“), 10 Stat Cards für die Schiffe, Damage und Command Counters, einen 20-seitigen Würfel und eine Set Checklist. Die Huge Booster erweitern das Spielmaterial um jeweils 7 zusätzliche Raumschiffe mit ihren jeweiligen Stat Cards.

 

Es gibt drei Seltenheitsgrade: Common, Uncommon und Rare. Die Verteilung des Sets lautet 15 Commons, 21 Uncommons und 24 Rares, was nicht ganz fair erscheint, angesichts der zahlreichen größeren Modelle jedoch akzeptabel ist – abgesehen davon, dass man wirklich mehr Jäger braucht (die zumeist Common sind) als Großkampfschiffe. Erfreulicherweise wurde die als Geldmaschine dienende Stufe „Very Rare“ weggelassen, sodass ein Sammeln des Sets nicht ganz so utopisch und kostspielig ist – wenn man die Dinger denn sammeln möchte.

 

Das Spielprinzip

 

Das Spiel beginnt damit, dass jeder Mitspieler sich eine Flotte aus Schiffen zusammenstellt. Kampfstarke Schiffe kosten mehr Punkte, kleinere Einheiten, wie etwa Jäger, weniger. Nachdem die beiden Flotten stehen, startet das Spiel an den gegenüberliegenden Enden des Spielplans.

 

Grundsätzlich besteht eine Runde aus vier Phasen: Der Initiative, der Bewegung, dem Angriff und der Schadensphase. Während der Initiative würfeln die Spieler. Wer die höhere Zahl hat, bewegt seine Einheiten zuletzt und greift zuerst an, hat also einen deutlichen taktischen Vorteil (auch wenn alle Einheiten schießen können, bevor der Schaden verteilt wird – zerstörte Einheiten verlassen also erst mit dem Ende der Runde den Spielplan).

 

Die Schiffe können sich ihre „Größe“ in Feldern weit bewegen. Dabei existieren vier Größenordnungen: 4 (Jagdmaschinen), 3 (etwa Frachterklasse), 2 (Großkampfschiffe) und 1 (Superkampfschiffe – davon gibt es im Moment nur die Executor und die Viscout). Jäger müssen überhaupt keine Ausrichtung beachten, Frachter dürfen sich am Ende ihrer Bewegung ausrichten, Kampfschiffe dagegen dümpeln recht behäbig durchs All (was sich vor allem gegen Ende eines Gefechts, wenn die Jagdmaschinen die großen Brummer regelrecht umkreisen, bemerkbar macht). Als Sonderregel können Jäger andere Jäger nicht passieren, es sei denn, sie besitzen das Attribut „Interceptor“. Ansonsten müssen sie stoppen (werden sozusagen in einen Nahkampf verwickelt). Am Ende der Bewegung dürfen Jäger ausgeschleust werden – zu Beginn des Spiels sind sie alle im Hangar der größeren Schiffe.

 

In der Kampfphase geht man alle Waffensysteme durch, die man so hat, (angefangen mit den Point-Defense-Waffen der Großkampfschiffe gegen Jäger) und versucht dann mit einem W20 und dem Angriffsbonus den Verteidigungswert des Ziels zu erreichen oder zu übertreffen. Je nach Trefferzone (Bug, Heck, Links, Rechts) ist der Verteidigungswert unterschiedlich hoch (Jäger ausgenommen). Es lohnt sich also, einem Feind in die Seite oder in den Rücken zu fallen. Etwas blöd ist, dass es keine Reichweitenbeschränkung und keine teilweise Deckung für kleinere Schiffe hinter größeren gibt. Jede Einheit, die auf dem Schlachtfeld steht, kann de facto auch getroffen werden.

 

Zuletzt wird der Schaden zugeteilt. Nett ist dabei, dass die Stat Cards der Schiffe doppelseitig bedruckt sind. Etwa bei der Hälfte der gesamten Trefferpunkte wird die Karte umgedreht, das Schiff gilt nun als beschädigt und meist sinken dabei seine Werte beziehunsweise Sonderfähigkeiten gehen verloren.

 

Für einen Hauch von Taktik sorgen die Fleet Commander Options. Manche Schiff, etwa die Tantive IV, besitzen Kommandoeigenschaften für bestimmte Schiffsklassen (1, 2, 3 und/oder 4). Es liegt ein Command Counter auf ihnen. Dieser Counter kann einmal während des Spiels eingesetzt werden, um ein bestimmtes Kommando zu geben (soll heißen: einen Spieleffekt auszulösen). Die möglichen Kommandos sind auf dem Fleet Commander Sheet aufgedruckt und reichen von „Damage Control“ (Remove 1 Damage Counter) zu „Fly Casual“ (Cancel 1 Attack against 1 Ship).

 

Meine Meinung

 

Man soll den Tag ja bekanntlich nicht vor dem Abend loben – und ein neues Spiel nicht vor den ersten paar Spielrunden verdammen. War mein erster Test mit nur einem Starter Set noch von der eher unerfreulichen Erkenntnis überschattet, dass die Superkampfschiffe binnen eines Spielzuges den Rest des Spielfelds leerputzen und sich dann noch drei Runden unmotiviert beharken, bevor das Ganze vorbei ist, und sah ich mich bei meiner zweite Runde noch immer in dem Vorurteil bestätigt, dass die Superkampfschiffe einfach zu stark sind (der Spieler, der seins verliert, hat praktisch die Schlacht verloren), so führte dieses Wissen und, daraus erwachsend, das absichtliche Weglassen dieser dicken Brocken dazu, dass die Folgeschlachten sich als recht ausgeglichen und gegen Ende bemerkenswert spannend entpuppten.

 

Man kann „Starship Battles“ wirklich das eine oder andere zur Last legen, etwa die furchtbar verbogenen Schiffe im ersten Produktionslauf (scheppe TIE-Fighter-Solarpanels, in vier Himmelsrichtungen abstehende X-Wing-Kanonen, in drei Achsen verdrehte Sternenzerstörer) – wobei es so aussieht, als wäre die Qualität bei den nachproduzierten Einheiten besser geworden – oder den schlichten Mangel an taktischen Finessen. Das alles ändert jedoch nichts daran, dass das Spiel wirklich Spaß macht, wenn man einmal ein paar grundsätzliche Dinge verstanden hat (beispielsweise: Schleuse nie Jäger bereits zu Beginn des Spiels aus – die werden nur aus sicherer Entfernung von Großkampfschiffen aus dem All geblasen!) und die wenigen Vorteile, die man aus geschickter Einheitenwahl ziehen kann (TIEs kommen z.B. immer wieder, Droidenkontrollschiffe geben allen Droidenjäger Angriff +1), auszuschöpfen beginnt.

 

Die Zukunft

 

Im Augenblick ist zwar noch kein neues Set angekündigt, Material dazu gäbe es aber durchaus genug. So fallen an Schiffen direkt Modelle wie der Dreadnaught, der Carrack Cruiser oder der Strike Cruiser ein. TIE-Defender, E-Wings, Z-95 Headhunter oder die Jäger spezieller Flugstaffeln wären denkbar. Obendrein bietet das Expanded Universe eine ganze Reihe „persönlicher“ Schiffe wie die Guris Stinger, Bossks Hound’s Tooth, IG-88s IG-2000, Landos Lady Luck, Boba Fetts Slave 2 und diverse mehr. Und zu guter Letzt würden sich im Spiel noch Raumobjekte wie Asteroiden und Minen gut machen, die für zusätzliche Herausforderungen sorgen. Also ihr Wizards: Tut es! (Oder tut es nicht…) Es gibt kein Versuchen!

 

Fazit: „Starship Battles“ begeistert im Vorfeld, enttäuscht auf den ersten Blick und pendelt sich dann nach ein paar Spielrunden bei einem „ganz ordentlich“ ein. Die Schiffsmodelle, die an sich sehr schön aussehen, könnten sauberer verarbeitet sein und die taktischen Möglichkeiten wären ausbaubar. Dennoch können sich (gerade wenn man die Superkampfschiffe aus dem Spiel lässt) spannende und höchst kurzweilige Gefechte entwickeln – und seien wir ehrlich: Nicht jedes Tabletop muss die Komplexität von „Classic BattleTech“ haben! Ein guter Rat zum Schluss: Wenn ihr testspielen wollt, kauft euch nicht bloß ein Starter Set, sondern noch mindestens zwei bis vier Booster dazu. Erst dann kann man halbwegs ordentliche Raumgefechte ausziehen.


Star Wars Miniatures: Starship Battles
Sammelbares Figurenspiel
Rob Watkins, Ryan Miller, Bill Slavicsek
Wizards of the Coast 2006
ISBN: 0-7869-4101-4 (Starter) / 0-7869-4100-6 (Booster)
Starter mit Regeln, Spielplan, Würfel, Spielmarken, 10 Einheiten + Stat Cards / Booster mit 7 Einheiten + Stat Cards
Preis: $ 39,99 (Starter) / $ 19,99 (Booster)

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