StarCraft – The Board Game

Es herrscht Krieg im All. Die geheimnisvollen Protoss, die gefräßigen Zerg und die Menschen kämpfen um Ressourcen und Vorherrschaft zwischen den Sternen. Ursprünglich war „StarCraft“ nur ein PC-Strategiespiel. Mittlerweile gibt es aber auch zahlreiche Romane, die das zum Bestseller avancierte Game mit einer Hintergrundgeschichte versehen. Und für Freunde des Analogen kann man die Eroberung der Galaxis nun auch auf dem heimischen Wohnzimmertisch erleben.

von Bernd Perplies

„StarCraft“ ist ein typisches Fantasy-Flight-Games-Game (äh… ja) und als solches kommt es in einer umwerfend großen Box, mit Tonnen von hübsch designtem Spielmaterial und eine Spielzeit von nicht unter drei Stunden daher. 180 Plastikminiaturen, ein Dutzend großflächiger Planetenscheiben, mehr als 300 Ereignis-, Technologie- und Kampfkarten, unglaublich viele kleine Marker für Ressourcen, Gebäude, Module usw. sowie ein 48-seitiges Regelwerk erschlagen den Käufer beim ersten Öffnen der von den Bildern futuristischer Krieger verzierten Pappschachtel. Und gerade das erste Durchblättern der Regeln zeigt: „StarCraft“ ist kein Spiel, das man einfach so mal loszocken sollte. Am besten hat jeder, der mitspielen will, die Regeln einmal im stillen Kämmerlein für sich durchgearbeitet, bevor es frisch ans Eroberungswerk geht. Hier gilt die lateinische Redewendung geradezu wortwörtlich: „per aspera ad astra“ („Durch Mühsal gelangt man zu den Sternen“).

Ganz so schlimm, wie es auf den ersten Blick aussieht, ist es dann aber doch nicht. Gerade Veteranen früherer FFG-Spiele werden diverse Spielmechanismen wiedererkennen. Eine Zugreihenfolge durch vorher gesetzte Befehlsmarken gab es beispielsweise auch schon in „Warrior Knights“, die Entwicklung der eigenen Basen findet sich ähnlich in „Warcraft“ (zugegeben naheliegend, da auch die beiden Craft-Computerspiele einem Konzept entsprangen) und einen fest eingebauten Endgame-Mechanismus, der das Spiel einfach an einem bestimmten Punkt abschließt, statt die Angelegenheit zu verlängern, bis irgendein Spieler alle Gegner aus der Galaxis geputzt hat, kennt man von der Art her auch aus „Arkham Horror“. Insofern kommt man in das Spiel ganz gut rein, selbst wenn die Fülle der Regeln zunächst erdrückend wirkt.

Zu Beginn wird der modulare Spielplan aufgebaut, der aus Spieleranzahl x 2 Planeten besteht, die durch Hyperraumrouten verbunden sind. Jeder Planet ist in zwei bis vier Bereiche unterteilt, die entweder Siegpunkte, Gas- oder Mineral-Ressourcen bieten – hierum wird gestritten. Das Schöne an der zufälligen Auswahl der Spielwelten und dem modularen Aufbau (man legt reihum Planeten an und verbindet diese am Ende) ist die immer wieder veränderte Ausgangssituation, die jedes Mal eine etwas andere Vorgehensweise erfordert – je nach Lage der eigenen Basis, Verteilung der ressourcenstarken Welten, Zugangskorridore zum Gegner usw. Nach dem Aufbau wählt jeder der Spieler eine der sechs Fraktionen, die sich durch unterschiedliche Spezial-Siegbedingungen und Rassenfähigkeiten auszeichnen. So kommen die Zerg gerne in Masse, die Protoss bieten teure High-Tech-Waffen auf und die Menschen stellen eine ausgewogene Mischung aus Beidem dar.

Das Spiel wird in Runden bestritten, die aus je drei Phasen – Planing, Execution, Regrouping – bestehen. In der Planing-Phase darf jeder Spieler vier Befehlsmarken (Order Tokens) auf einem Planeten mit eigenen Einheiten oder auf benachbarten Welten legen. Build, Mobilize oder Research stehen hierbei zur Auswahl, wobei Build natürlich das Bauen von Einheiten, Gebäude-Upgrades und Basen bedeutet, Mobilize das Bewegen der eigenen Truppen und Research das Erforschen neuer Technologien, die im Kampf nützlich sind. Hier gilt es aufzupassen, denn will man mehrere Befehle auf einem Planeten ausführen, werden diese gestapelt und später von oben nach unten ausgeführt. Man muss also die Aktionen, die man zuerst ausführen will, zuletzt legen. Wer hier nicht erfolgreich um die Ecke denkt, hat rasch mal den Bau einer Basis auf einem neuen Planeten befohlen, bevor er überhaupt Einheiten dorthin beordert hat. Zum Glück kann man solche Fehlplanungen einfach verfallen lassen und eine Ereigniskarte ziehen (dazu später mehr).

Bauen, Forschen, Expandieren – Liebhaber des alten Computerspiels werden etliche Elemente auch im analogen Pendant wiedererkennen (nicht zuletzt die Einheitstypen). Gebaut wird, indem man seine Arbeiter auf seine Ressourcen legt, die mit der Zahl besetzter Planetenbereiche natürlich zunehmen. Neben Einheiten, die für den unvermeidlichen Konflikt mit den Mitspielern benötigt werden, kann man Gebäude bauen, die einem die Entwicklung stärkerer Einheitstypen erlauben, Module, die das Limit für den Einheitenbau (normalerweise 2 pro Build Order) anheben oder den Einsatz der spielstärkeren Special Orders gewähren, und Basen, die einem überhaupt erst den Bau von Einheiten auf einem Planeten ermöglichen – ansonsten muss man diese nämlich immer erst kompliziert von der Heimatwelt ins All hinaus transportieren.

Das Kampfsystem kommt mit einem sehr netten Twist daher. So stellt man nicht einfach Einheit gegen Einheit und jeder weiß anhand der fixen Werte im Voraus, ob er der Überlegene oder der Unterlegende ist, sondern es kommen hier so genannte Kampfkarten (mitunter verstärkt durch erforschte Technologiekarten) zum Einsatz. Diese zieht man zu Beginn des Spiels und vor jedem Kampf von seinem Kampfkartenstapel – und dann kann man aus seinen Handkarten auswählen, welche Karte man welchem Kampf zuordnen will – gestritten wird immer 1-gegen-1, es sei denn, Unterstützungseinheiten kommen zum Einsatz. Kampfkarten zeigen dabei immer einen bestimmten Einheitstyp an – passt dieser zur kämpfenden Einheit, sind die Angriffs- und Verteidigungswerte normal (mit einer Varianz von 1-2 Punkten), passt er nicht, gibt es – sowohl optisch als auch spieltechnisch – kleinere Werte, die man verwenden kann. Das ist zwar ziemlich risikobehaftet, aber vielleicht ist einem das Glück ja hold und der Gegner hatte auch keine passende Kampfkarte auf der Hand. Diverse Spezialregeln wie der Einsatz von Unterstützungseinheiten, Flugeinheiten, getarnten Truppen und Waffen, die Streuschaden anrichten, würzen dabei den kriegerischen Konflikt, sollen aber hier nicht im Detail vorgestellt werden.

Ziel des Spiels ist es, entweder 15 Siegpunkte sammeln (also entsprechende Planetenareale besetzen) oder die eigene Spezial-Siegbedingung erfüllen. Diese lautet zumeist: Wenn du innerhalb von Stage-III des Spiels dies oder jenes erreichst (zum Beispiel drei Basen auf drei Planeten besitzt), hast du gewonnen. Die drei Stages werden durch den Ereigniskartenstapel vorgegeben, der den Endgame-Mechanismus in „StarCraft“ darstellt. Aus verschiedenen Anlässen darf ein Spieler eine Ereigniskarte ziehen und diese dann in der Regrouping-Phase ausspielen, wenn die Auswirkungen der aktuellen Execution-Phase zum Tragen kommen (Ressourcen gewinnen oder verlieren, Siegpunkte sammeln usw.). Meist bieten Ereigniskarten kleine taktische Vorteile. Man erhält eine Einheit kostenlos oder darf eine feindliche Hyperraumverbindung kappen usw. Dabei werden die Karten von Stage zu Stage mächtiger. Die Kartenmenge richtet sich übrigens nach der Anzahl der Spieler, sodass die durchschnittliche Spieldauer von etwa sechs Spielrunden immer gleich bleibt.

Wie wäre es bei all der Begeisterung mit etwas Kritik? Die lässt sich zugegeben schwer finden bei diesem Spiel. „StarCraft“ ist einfach ausgereift, kurzweilig und gut. Vielleicht könnte man bemängeln, dass durch die zufällige Auswahl der Spielwelten, den modularen Aufbau und die (vielleicht auch) zufällige Auswahl der Fraktionen Voraussetzungen geschaffen werden können, die für einen Spieler mal besonders vorteilhaft oder unvorteilhaft sind – etwa weil die Gegner deutlich ressourcenreichere Planeten besitzen oder man irgendwie an den Rand der Galaxis gedrängt wurde. Ich denke aber, dass dies vor allem eine Frage der Spielerfahrung ist. Je besser man weiß, worauf es später ankommt, desto besser kann man Einfluss auf die Gestaltung des Spielplans nehmen beziehungsweise die eigene Vorgehensweise in den folgenden Runden vorausplanen. In den bisherigen Testspielen jedenfalls war das Ergebnis am Ende meist sehr knapp – was zeigt, dass die Spielbalance im Prinzip doch gegeben ist.

Fazit: Für Spieler, die auf Bauen, Forschen, Expandieren stehen, ist „Starcraft – The Board Game“ die Antwort auf alle geheimen Wünsche. Der modulare Spielplanaufbau und die unterschiedlichen Rassen sorgen immer wieder für neue taktische Herausforderungen – wenngleich dabei mitunter unausgewogene Spielverhältnisse entstehen können – und viele clevere Spielmechanismen (Befehlsmarken, Kampfkarten) bringen Dynamik und planerische Finesse in den Rundenablauf. Das Spielmaterial ist zudem sehr schön gearbeitet, auch wenn manche Plastikeinheit recht fragil auf ihrem Ständer steht. Nur gegen Ende muss man aufpassen: Stage-III kommt sehr plötzlich und ebenso plötzlich kann das Spiel dann vorbei sein, wenn einer der Mitstreiter insgeheim seine Spezial-Siegbedingungen vorbereitet hatte. Alles in allem ist „StarCraft“ für mich eine rundum gelungene Sache – dafür gebe ich fünf von fünf Zerglingen!


StarCraft – The Board Game
Brettspiel für 2 bis 6 Spieler
Corey Konieczka, Christian T. Petersen
Fantasy Flight Games/Heidelberger Spieleverlag 2007
ISBN: 978-1-589943-25-4
180 Miniaturen, 12 Planetenscheiben, 366 Spielmarken, 330 Spielkarten, 6 Fraktionsbögen, Regelwerk, englisch
Preis: $ 79.95

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