von Andreas Rauscher
Man kann es dem mürrischen Cade Skywalker nicht verdenken, dass er offensichtlich keine Lust hat, sich ständig mit den Standardsituationen des Franchise herumzuschlagen. Entgegen den bisherigen „Star Wars“-Konventionen, aber durchaus in Einklang mit neueren Mainstream-Comic-Trends versahen die Autoren um John Ostrander den Nachkommen Lukes mit allen typischen Eigenschaften eines Outcasts. Er zeigt kaum Interesse am heldenhaften Kampf gegen die hundert Jahre nach der Schlacht um Yavin wieder erstarkten Sith. Seine Entscheidungen gestalten sich eher pragmatisch als idealistisch, und als er im letzten Band von der dunklen Seite der Macht in Versuchung geführt wurde, schien ihm dieser Umstand weitaus weniger Kopfschmerzen zu bereiten, als es einst bei seinen Verwandten aus den Kinofilmen der Fall war. Um weiterhin diesem Image zu entsprechen und sich von der Gefangenschaft im Sith-Tempel zu erholen, haben die „Legacy“-Redakteure offensichtlich beschlossen, dem Grunge-Skywalker einen Band lang frei zu geben.
Die pflichtbewusste Erfüllung von Aufgaben, die im „Star Wars“-Universum so alltäglich erscheinen, wie den Müll wegbringen oder die geheimen Pläne einer Raumstation, die ganze Planeten vernichten kann, zu entwenden, übernehmen daher andere Protagonisten. Die Wiederaufnahme altvertrauter Standardsituationen, inklusive einiger Anspielungen auf „A New Hope“ werden sicher traditionellere Fans erfreuen, aber leider gestaltet sich die Entführung eines Supersternzerstörers nicht sonderlich spannend (glücklicherweise handelt es sich wenigstens um keinen weiteren der in den Romanen der 1990er Jahre inflationär eingesetzten Prototypen des Todessterns). Wie nicht anders zu erwarten, kommt es bei dem Unternehmen zu dramaturgisch notwendigen Rückschlägen und zur zumindest für die Protagonisten unerwarteten Unterstützung durch die einst feindlich gesonnenen Romulan... ähem... Imperialen Ritter. Die neu geschaffene Allianz beschließt trotz aller Differenzen gemeinsam den Kampf gegen die Sith aufzunehmen.
In deren von Neid und Missgunst geprägtes Betriebsklima gibt die zweite, etwas kürzer ausgefallene Geschichte des Sammelbandes Einblick. In der Konfrontation zwischen dem Geist eines alten Sith-Lords und einem eifrigen Schüler des biomechanisch ausgerüsteten Darth Krayt werden mit einigen visuellen Anleihen an das entscheidende Duell zwischen Anakin und Obi-Wan in „Die Rache der Sith“ die Unterschiede zwischen den alten und neuen Sith erläutert.
Im Gegensatz zur auf zwei Sith beschränkten Meister-Schüler-Kombination der Filme und der Romane um Darth Bane treten die Sith-Lords der „Legacy“-Ära gerne als Modern-Primitivism-Gang im Darth-Maul-Retro-Look auf. Das kann wie im Vorgängerband durchaus imposant wirken und zu interessanten Intrigenspielen führen, die Autoren sollten allerdings besser aufpassen, dass sich die zerstrittene Sith-Truppe nicht langsam zu einer skurrilen Mischung aus Addams Family und Klingonen-Ersatz entwickelt. Im Zusammenspiel mit dem von umfassenden Zweifeln geplagten Cade Skywalker erscheinen sie weitaus gefährlicher und effizienter als bei ihren Solo-Auftritten.
Fazit: Die beiden im vierten „Legacy“-Band enthaltenen Geschichten bieten durchaus solide Unterhaltung, aber im Unterschied zu den originelleren Entwicklungen um die Antihelden-Truppe von Cade Skywalker erscheinen sie an mehreren Stellen etwas zu redundant und konventionell.
Star Wars Sonderband 47: Legacy 4: Unbezwingbar
Comic
John Ostrander, Omar Francia, Alan Robinson
Panini Comics 2008
ISBN: 978-3-86607-556-6
132 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95
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