Star Wars Sonderband 43: Knights of the Old Republic IV: Tage des Hasses

Im vierten Band der auf dem erfolgreichen Videospiel „Star Wars – Knights of the Old Republic“ (KOTOR) basierenden Comic-Reihe bekommt es die bunte Außenseiterbande um den unschuldig verfolgten Jedi-Padawan Zayne Carrick gleich mit einer ganzen Reihe von Cliffhanger-Situationen in bester B-Picture-Tradition zu tun. Nach einer Konfrontation mit manipulierten Weltraumschnecken kommt es auf dem Stadtplaneten Taris zum Kampf mit den mandalorianischen Besatzern.

von Andreas Rauscher

 

Nachdem der dritte Band der KOTOR-Reihe streckenweise unter der Lethargie des Protagonisten Zayne zu leiden hatte, besinnt sich Autor John Jackson Miller in „Tage des Hasses“ wieder auf die Stärken der Reihe. Während die in der Zukunft des „Star Wars“-Universums angesiedelte „Legacy“-Reihe ein düsteres, post-apokalyptisches Bild der weit entfernten Galaxis entwirft, beziehen sich die KOTOR-Comics inhaltlich und formal bewusst auf die Ursprünge der ersten Trilogie in der klassischen Space Opera á la „Flash Gordon“.

Sowohl in der episodischen, auf einer Abfolge von Cliffhangern basierenden Dramaturgie, als auch in der optischen Umsetzung finden sich originelle Anspielungen auf das „Golden Age“ der Pulp-Literatur, das George Lucas einst zur „Star Wars“-Saga inspirierte. Die Befehlshaber der Streitkräfte der Alten Republik könnten mit ihren verzierten Uniformen ohne Schwierigkeiten gegen den Serialhelden Buck Rogers antreten. Die viertausend Jahre vor dem Konflikt zwischen Allianz und Imperium die Alte Republik bedrohende Invasionsstreitmacht der Mandalorianer verfügt noch nicht über die vielseitig einsetzbare Ausrüstung ihrer Nachkommen Jango und Boba Fett, sondern erinnert mit ihren goldenen Gesichtsmasken und roten Umhängen an den Look klassischer Comic-Schurken.

Selbst in der Organisation der Panels macht sich das selbstbewusste Spiel mit Klischees und Konventionen des Genres bemerkbar. Miller und die Zeichner setzen ganzseitige Splash Panels derart gezielt für die Akzentuierung dramatischer Ereignisse ein, dass diese Übererfüllung der Stilformen alter Comic-Hefte wie eine ironische Brechung erscheint, vergleichbar den übertrieben martialischen Klängen, mit denen das Imperium in der ersten „Star Wars“-Trilogie auftritt. Auch die Auswahl der Gegenspieler erinnert an die finsteren Schergen naiver Comic-Strips.

Der gegen Ende des letzten Bandes eingeführte Konzern erweist sich als Betrieb amoralischer Kriegsgewinnler und Mad Scientists. Ihre Armee von Raumschiffe verschlingenden Schneckenwesen offerieren sie bei einer Versteigerung dem Meistbietenden. Während die Skrupellosigkeit dieser retrofuturistischen Waffenhändler, die sich sowohl an die Republik, als auch an die verfeindeten Mandalorianer wenden, durchaus zeitgemäß erscheint, scheinen die von ihnen gezüchteten Ungeheuer aus jener Zeit zu stammen, in der fliegende Untertassen und Marsianer die Erde bedrohten.

Diese genrehistorischen Anspielungen verbindet „Tage des Hasses“ auf geschickte Weise mit der in den beiden KOTOR-Videospielen entworfenen Welt. Aus dem Spiel bekannte Charaktere wie Carth Onasi, die zwischen Terminator und dem misanthropen Bender aus „Futurama“ angesiedelten HK47-Roboter und die Twilek-Abenteurerin Mission absolvieren kurze Gastauftritte, und auf dem Stadtplaneten Taris, auf den die Protagonisten in der zweiten Hälfte des Bandes zurückkehren, nehmen sowohl Videospiel-, als auch Comic-Reihe ihren Ausgang.

Mit der Rückkehr auf den Stadtplaneten, wie Corsucant und Nar Shaddaa eine weitere „Star Wars“-Variation zu Fritz Langs „Metropolis“ und Ridley Scotts „Blade Runner“, rückt auch das Intrigenspiel um den ehemaligen Padawan Zayne wieder in den Mittelpunkt des erzählerischen Interesses. Glücklicherweise hält sich sein Hang zur Larmoyanz dieses Mal in Grenzen, sogar die melodramatischen Einschübe funktionieren. Das Wiedersehen des verfolgten Protagonisten mit seiner ehemaligen großen Liebe, die auf die Verleumdungen des Jedi-Rates hereingefallen ist und ihn für einen Mörder hält, knüpft an dramaturgisch interessante Konflikte zwischen dem strengen Kodex der Jedi und individuellen Einzelschicksalen an, die bereits in den Prequels skizziert, dort aber nicht weiter ausgearbeitet wurden.

Für gelungene Comic-Relief-Momente sorgt die Rückkehr des Alien-Good-Bad-Guy Gryph, der auf Taris aus nicht ganz uneigennützigen Motiven den Widerstand gegen die mandalorianischen Besatzer leitet. Dass gar nicht mehr erklärt wird, wie er im letzten Band während eines Überraschungsangriffs dem sicheren Tod entkommen ist, gehört zu den selbstironischen Feinheiten der Reihe, die zwar beispielhaft alle Gesetze des seriellen Erzählens im Genrekontext erfüllt, diese aber zugleich auch durch Überaffirmation bewusst relativiert.

Unabhängig von den anspielungseichen Plots, liefern die in den Comics präsentierten Schauplätze einen ersten Vorgeschmack auf das aktuell von Bioware entwickelte KOTOR-Online-Rollenspiel. Comic-Autor Miller hat bereits für Wizard of the Coasts ein Rollenspiel-Sourcebook zu seiner Dark-Horse-Reihe verfasst. Wenn er im Rahmen des Online-Spiels mit dem Multitalent Drew Karpashyan (Gamedesigner von „Knights of the Old Republic“, „Baldur's Gate 2“ und „Jade Empire“, sowie Autor der „Darth Bane“-Romane) zusammenarbeitet, könnte endlich jenes „Star Wars“-Referenz-MMORPG zustande kommen, das mit dem kontrovers diskutierten „Galaxies“ bisher nicht gelang.

Fazit: Eine unterhaltsame und optisch interessant umgesetzte Hommage an die Ursprünge der „Star Wars“-Saga in der Space Opera. John Jackson Miller und sein Zeichnerteam behalten den umfassenden Auf-der-Flucht-Story Arc weiterhin im Auge und nutzen ihn effektiv für die emotionale Zuspitzung der letzten Szenen des Bandes. Sie nehmen sich jedoch auch immer wieder ausreichend Zeit für episodische Abstecher in detailliert ausgestaltete Sub-Plots, die mit ihren retro-futuristischen Welten einen vielversprechenden Testlauf für das geplante KOTOR-Online-Rollenspiel bilden.


Star Wars Sonderband 43: Knights of the Old Republic IV: Tage des Hasses
Comic
John Jackson Miller, Dustin Weaver u.a.
Panini Comics 2008
ISBN: 978-3-86607-552-8
148 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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