von Bernd Perplies
Es ist schon eine massive Box, die vor einem auf dem Tisch steht, wenn man sich anschickt, eine Partie „Star Wars: Rebellion“ zu spielen. Die Größe des Konflikts, die Schwere der Entscheidungen – all das schwingt bereits beim Anblick des Spielkartons mit, der auf der Front eine Collage aus Helden und Schurken zeigt, wobei das Imperium mit Darth Vader, dem Todesstern und den AT-ATs bezeichnenderweise die optische Übermacht hat. Öffnet man die Box, so ist dort trotz der Fülle an Spielmaterial einiges an Luft. Das ist aber gar nicht so schlimm, denn es erlaubt dem pedantischen Brettspielfreund, alle Spielmarken, Karten und Miniaturen ordentlich in Hüllen und Setzkästen zu verstauen, ohne dass die Box deswegen zu klein wäre. Nur von dem Papp-Inlay muss man sich trennen.
„Star Wars: Rebellion“ ist ein asymmetrisches Strategiespiel für bevorzugt zwei Personen. Man kann es zwar auch zu dritt oder viert spielen, teilt dann aber die Fraktionen im Grunde nur noch einmal auf, wobei jeder Spieler einer Fraktion (es gibt dann einen Admiral und einen General auf beiden Seiten) bestimmte Aufgaben im Spiel zugewiesen bekommt. Der Admiral rekrutiert, schlägt Weltraumschlachten und baut Einheiten; der General löst Missionen, führt Bodengefechte und treibt mit der Suche nach dem Rebellenhauptquartier bzw. nach Unterstützung für den Kampf gegen das Imperium die jeweilige Sache voran. Kommunikativer ist diese Variante auf jeden Fall, „runder“ spielt sich „Rebellion“ aber eindeutig im Zweierduell.
Vor der eigentlichen Partie steht der Spielaufbau, der etwas aufwändiger ist, weil es eine Menge Einheiten über die Galaxis zu verteilen gibt. Über das Spielmaterial muss man bei FFG und dem deutschen Partner Heidelberger Spieleverlag eigentlich kaum ein Wort verlieren. Das Spielbrett ist stabil und sieht toll aus, die Karten weisen stimmungsvolle Bildmotive auf, die Regeln sind übersichtlich aufgebaut und gut verständlich. Man merkt einfach, dass hier langjährige Profis am Werk sind (die ihre Lehren aus frühen, schrecklich komplex aufgebauten Spielsystemen längst gezogen haben). Einen minimalen Abzug muss man für die Miniaturen vergeben. Sie sind schön modelliert, weisen aber leichte Gussgrate auf und die drei Todessterne (der Trend geht ja schon seit George Lucas zur Ersatzsuperwaffe) lassen sich leider nicht ordentlich zusammensetzen; stattdessen sitzen die Halbschalen etwas schief aufeinander. Das ist schade, fällt aber auf dem Spielbrett später tatsächlich kaum auf. Dort wirken die Armeen schon beeindruckend, die sich gegenüberstehen. Insofern ist diese kleine Kritik Meckern auf hohem Niveau.
Es gibt zwei wichtige Elemente in dem Spiel: Anführer (Pappmarker auf Plastikständern) und Einheiten (die Miniaturen). Die Anführer – etwa Prinzessin Leia oder Darth Vader – führen die für das Spiel so wichtigen Missionen durch und ziehen Einheiten um sich zusammen, um Gefechte zu führen. Die Einheiten – vom Sturmtruppler, über den X-Flügler, bis zum Sternenzerstörer und Todesstern – schlagen Schlachten und sichern sich so die Loyalität oder auch bloß den furchtsamen Gehorsam von Planetenbevölkerungen, was beispielsweise für den Bau von neuen Einheiten Bedeutung hat.
Gespielt wird über mehrere Runden, die aus jeweils drei Phasen bestehen, wobei vor allem die ersten beiden wichtig sind. In der Zuweisungsphase weisen die Spieler beliebig viele ihrer Anführer Missionen zu (bis zu zwei pro Mission). In der nachfolgenden Kommandophase können sie diese dann aufdecken und abhandeln oder verbliebene Anführer auf Planetensysteme setzen, die daraufhin aus der Nachbarschaft Einheiten zusammenziehen und möglicherweise ein Gefecht auslösen. In der Auffrischphase werden alle Anführer zum Hauptquartier zurückbeordert, man ziehen neue Missionskarten, der imperiale Spieler startet Suchdroiden, um den geheimen Rebellenstützpunkt zu finden und der Zeitmarker wird weitergerückt. Dann beginnt die nächste Runde.
Das setzt sich so lange fort, bis ein Spieler gewonnen hat. Die Siegbedingungen sind für beide Spieler unterschiedlich. Der Imperiale muss den Rebellenstützpunkt finden und erobern. Die Rebellen versuchen unterdessen so viel Mitstreiter für ihre Sache gewinnen, dass Sympathiemarker und Zeitmarker auf der gemeinsamen Leiste aufeinandertreffen.
Das Schöne an „Star Wars: Rebellion“ ist, dass es wirklich mit jeder Partie eine Geschichte erzählt. Missionen werden durchgeführt, das Imperium jagt die Rebellen, Anführer werden gefangen genommen, verhört und gerettet, Systeme werden sabotiert und vielleicht kommt es sogar zum Kampf um den Todesstern. Dabei entwickelt sich eine Partie zunehmend wie der Film „Das Imperium schlägt zurück“. Nach Anfangssiegen der Rebellion breitet sich die imperiale Flotte unfassbar stark aus und der Rebellenspieler wird zunehmend zum Gejagten, dessen verbliebene paar Schiffen vor der Macht der Imperators fliehen und der durch verzweifelte Missionen den Feind auf Abstand zu halten versucht. Das alles wirkt enorm stimmungsvoll und macht einen Riesenspaß, vor allem, wenn die Spieler bereit sind, die Geschichte „mitzuerzählen“, die sich auf dem Brett entwickelt. (Eine CD mit „Star Wars“-Soundtrack trägt das ihre dazu bei, Atmosphäre zu erzeugen.)
Sehr elegant ist übrigens auch der Kampf gelöst. Einheiten weisen schwarze und/oder rote Angriffswürfel auf und entweder einen schwarzen oder einen roten Ausdauerwert. Greift zum Beispiel ein Tie-Jäger an, wirft er einen schwarzen Würfel. Ein Treffersymbol, das durch die enorm wichtigen Taktikkarten modifiziert werden kann, darf nur einer Einheit zugeordnet werden, die einen schwarzen Ausdauerwert hat. Das sind vor allem Jagdmaschinen. Das heißt Jäger können Großkampfschiffe nicht beschädigen. Auf der anderen Seite haben Großkampfschiffe deutlich bessere Offensivchancen gegen andere Großkampfschiffe, weil Jäger einfach zu flink für Turbolaser sind – wir kennen das aus den Filmen. Und Bomber wie ein Y-Flügler weisen nur einen roten Würfel auf, denn sie versagen im Jägerduell, eignen sich aber dazu, große Brocken anzuschlagen. Analog verläuft es am Boden. Ein AT-AT kann keine Fußtruppen vernichten, ein Rebellensoldat aber auch keinen AT-AT (Ausnahmen bestätigen die Regel). Das System ist einfach, gut ausgetüftelt und vermittelt perfekt die Kampfstärken einzelner Einheiten.
Einziges Manko: Das Spiel dauert! Auf dem Karton sind 3 bis 4 Stunden angegeben und drunter klappt es wirklich nicht. Anfänger brauchen auch durchaus mal 5 bis 6 Stunden. So ein galaxisweiter Konflikt zieht sich halt. Das ist absolut nicht langweilig, aber gerade Gelegenheitsspieler dürften davon erschlagen werden. Übrigens ist auch eine gewisse „Star Wars“-Begeisterung Pflicht bei diesem Spiel. Wer mit dem Franchise wenig anfangen kann, wer die mitschwingende Atmosphäre zahlreicher Spielmomente nicht erfasst, für den dürfte sich das Spiel, das nicht zuletzt einen recht stattlichen Preis hat, nicht lohnen. (Aber wer kauft schon ein Spiel, auf dem „Star Wars“ steht, wenn er „Star Wars“ nicht mag ...)
Fazit: „Star Wars: Rebellion“ schließt perfekt die Lücke, die am oberen Ende der Konfliktkette zwischen dem Imperium und den Rebellen noch bestand. Nach Jägerduellen und Gefechten mit Großkampfschiffen kann nun die Krieg der Sterne auf Galaxisebene ausgefochten werden. Tolles Spielmaterial und elegante Regeln sorgen für ein extrem atmosphärisches Spielerlebnis, bei dem sich die begleitende Geschichte fast von selbst erzählt. Es bleibt zu hoffen, dass FFG Erweiterungen plant, denn gerade im Bereich Anführer und Einheiten wäre noch einiges denkbar. (Von einem alternativen Konflikt wie den Klonkriegen ganz zu schweigen, aber FFG hat sich bislang ja mit allen „Star Wars“-Produktlinien stets von den Prequels ferngehalten, sodass hiermit kaum zu rechnen ist.) Für Genre-Gamer und „Star Wars“-Fans, die bereits sind, sich auf ein Spiel mit genug Zeit einzulassen, eine definitive Kaufempfehlung!
Star Wars: Rebellion
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Steven Kimball, Corey Konieczka
FFG/Heidelberger Spieleverlag 2016
EAN: 4015566023550
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 99,95
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