von Bernd Perplies
Wir befinden uns 53 Jahre vor der Schlacht um den ersten Todesstern oder 21 Jahre vor der Belagerung von Naboo durch die Handelsföderation. Der junge Jedi-Meister Qui-Gon Jinn wird vom Rat der Jedi beauftragt, den mysteriösen Mord an einer Hohepriesterin auf Telos IV zu untersuchen. Außerdem soll der Ausbruch eines drohenden Bürgerkriegs verhindert werden. Gemeinsam mit seinem Schüler Xanatos, welcher der Sohn des politischen Führers von Telos IV ist, sowie der Jedi-Meisterin Tahl und der Padawan-Waisen Orykan reist Qui-Gon los, um sich dem Fall zu widmen. Vor Ort angekommen, gibt es sogleich zahlreiche Probleme. Der eifersüchtige Xanatos fühlt sich durch die Anwesenheit des Twi’lek-Mädchens Orykan bedroht, denn er glaubt, sie solle seinen Platz an Qui-Gons Seite einnehmen. Außerdem werden die Jedi von Xanatos’ Vater Crion alles andere als mit offenen Armen empfangen. Zu guter Letzt gibt es eine bislang unbekannte Verschwörung, in die auch die Antares-Ranger, Helfer der Jedi, verwickelt zu sein scheinen.
„Star Wars – Jedi: Die dunkle Seite“, in den USA in fünf Einzelheften und hierzulande als Ausgabe 66 der „Star Wars“-Sonderbände von Panini Comics erschienen, erzählt zunächst einmal eine sehr typische Geschichte: Ein Planet hat ein Problem. Die ewigen Friedenshüter namens Jedi schicken ein kleines Team hin. Vor Ort ist man eigentlich nicht willkommen. Dadurch entstehen Schwierigkeiten. Diesmal sind sie mannigfaltig und lassen sich kaum bewältigen. Dass es dabei nicht um Gefahren geht, die man primär mit einem Lichtschwert bekämpfen kann, ist diesem Comic hoch anzurechnen. Zu häufig wurden Jedi in letzter Zeit auf simple Kampfkunst-Experten mit fernöstlich weisen Phrasen reduziert. Hier müssen sie sich mal wieder als Ermittler, als Diplomaten und als Lehrer betätigen.
In allen drei Fällen droht Qui-Gon Jinn zu versagen, was ihn zu einer ungewöhnlich tragischen Figur für einen Jedi-Meister macht. Es scheint ihm sowohl unmöglich, der tief sitzenden Charaktermängel seines Padawan-Schülers Xanatos Herr zu werden (der zehn Jahre später während der „Jedi Padawan“-Romane von Jude Watson als Antagonist zurückkehrt), als auch den Frieden auf Telos IV zu sichern. Der Anhänger der lebendigen Seite der Macht, der vielleicht mehr, als gut für ihn ist, auf Emotionen wie Gnade, Liebe und Mitgefühl setzt, scheitert wieder und wieder. Am Ende ist zwar klar, was hinter all dem Aufruhr steckt, doch wirklich etwas dagegen unternehmen konnten die Jedi nicht.
Wobei man leider einschränken muss: So ganz klar ist es dann doch nicht. Der Comic nimmt gegen Ende einige hastige inhaltliche Volten. Die Erklärung, die für die Rebellion geboten wird, ergibt nicht restlos Sinn. Der Leser muss sich letztlich selbst zusammenreimen, wie die Geschehnisse zu verstehen sind. Ich bin mir unsicher, ob diese Verwirrung einer ungeschickten deutschen Übersetzung geschuldet ist oder ob Autor Scott Allie am Ende nicht mehr so ganz wusste, wie er sein kompliziert aufgebautes Gebilde aus Täuschung beenden sollte. Nichtsdestotrotz macht die Geschichte alles in allem viel Spaß und hat mit Qui-Gon Jinn einen erfreulich unverbrauchten und auch tragischen Protagonisten.
Die Zeichnungen von Mahmud Asrar wissen zu gefallen. Nicht jeder Gesichtsausdruck und jede Geste sind ein Treffer, aber unterm Strich gelingt es ihm, unterstützt durch Paul Mounts, der für die Farben verantwortlich war, die Atmosphäre und Emotionen der Figuren gut einzufangen. Netter Gag am Rande: Mace Windu – wenn der Schwarze im Jedi-Rat denn Mace Windu sein soll – hat zu der Zeit noch keine Glatze, sondern eine fesche Frisur, die an B.A. aus dem „A-Team“ erinnert.
Fazit: Auch wenn die Auflösung am Ende der Geschichte ein klein wenig verworren klingt, liegt mit „Star Wars – Jedi: Die dunkle Seite“ ein wirklich unterhaltsamer Comic-Band vor, der einmal mehr eine erfrischende Alternative zu den nach wie vor sehr dominanten Klonkriegsgeschichten darstellt. Der Story wohnt eine angenehme Portion Tragik inne und mit Qui-Gon Jinn und Meisterin Tahl haben wir zwei Protagonisten, die angenehm unverbraucht sind. Lesenswert.
Star Wars – Jedi: Die dunkle Seite
Comic
Scott Allie, Mahmud Asrar
Panini Comics 2012
ISBN: 978-3-86201-317-3
124 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95
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