Star Wars: Glücksritter

Timothy Zahn, einer der ganz Großen unter den „Star Wars“-Autoren liebt komplizierte Geschichten. Gerne baut er mehrere Handlungsstränge auf, lässt sie parallel laufen, verschachtelt, verwirrt und führt dann in einem spektakulären Finale am Ende alles zusammen. Dazu gehört oft auch ein großes Ensemble an Protagonisten. Mit „Glücksritter“, einer „Star Wars“-Version des Heist-Movies „Oceans Eleven“ von Steven Soderbergh, treibt er diese Vorliebe auf die Spitze.

von Frank Stein

Die Handlung ist kurz nach der Zerstörung des ersten Todessterns angesiedelt und folgt Han Solo, der mit seinem Kumpel Chewbacca losgezogen ist, um das Leben mit dem Geld der Rebellen zu genießen. Leider verliert er die Credits gleich an den nächstbesten Raumpiraten und steckt daher einmal mehr in der Klemme, denn er schuldet Jabba dem Hutten nach wie vor viel Geld, und der will demnächst Bares sehen. Als er daher von dem leicht zwielichtigen Eanjer gefragt wird, ob er ihm helfen wolle, 160 Millionen Credits aus dem supergesicherten Safe von Avrak Villachor, seines Zeichens Sektorchef der Schwarzen Sonne, zu stehlen – wobei jeder Teilnehmer einen gleichen Anteil ausbezahlt bekommt –, denkt Han nicht lange nach, sondern ergreift die Gelegenheit.

Zu Eanjers Entsetzen heuert Han neun Schurken an, die ihm bei der Herausforderung, während des siebentägigen Festivals der Vier Ehrungen in Villachors Palast auf dem Planeten Wukkar einzudringen, helfen sollen: Chewie als Mann fürs Grobe, die Zwillingsschwestern Bink und Tavia als Meisterdiebin und Elektronikspezialistin, den Raumschiffdieb Dozer, die Hackerin Rachele, den Balosar-Taschendieb und Trickser Zerba, den Sprengstoffexperten Kell Tainer und Winter, seine Begleiterin mit dem fotografischen Gedächtnis, sowie Lando Calrissian als wandlungsfähigen Schauspieler. Doch Villachors Safe erweist sich als echt hart zu knackende Nuss. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, tauchen auch noch ein Vigo der Schwarzen Sonne und Imperiale vor Ort in Iltarr City auf. Hat Han Solo diesmal zu hoch gepokert?

Wie schon erwähnt, ist „Glücksritter“ eine deutliche Homage an „Oceans Eleven“ in der 2001-Version von Steven Soderbergh. Hier wie da machen sich elf Spezialisten – jeder für sich ein Schurke – auf, um 160 Millionen aus einem der sichersten Safes der Stadt zu klauen (bei Soderbergh handelt es sich um Las Vegas, hier ist es eben Iltarr Ciry). Das sorgt für eine Menge Tricksereien und Täuschungen und für große Pläne, die spontan umgeworfen werden müssen, weil ein neues Hindernis auftaucht, dann aber auf einer weiteren Ebene doch funktionieren, wenn auch vielleicht etwas anders, als ursprünglich gedacht. Man merkt Zahn die Freude an, mit der er dieses Schurkenspiel zwischen Eanjers Eleven, der Schwarzen Sonne und den imperialen Agenten orchestriert hat.

Dabei sind Hans Gegner keineswegs tumbe Verbrecher oder Tyrannen, wie man sie so oft im „Star Wars“-Universum antrifft, sondern kaum weniger schlau als er, wodurch der Wettstreit noch spannender wird. In „Glücksritter“ geht es nicht darum, mit blitzenden Blastern einfach die Festung zu stürmen, es geht darum, welcher Partei es gelingt, die andere erfolgreicher auszumanövrieren. Und wie immer gelingt es Zahn zum Schluss, in einem furiosen Finale alles zusammenzuführen, nur um dann nochmal ein, zwei unerwartete Wendungen zu präsentieren (nun ja, nicht völlig unerwartet: schließlich darf Han nicht mit 16 Millionen Credits aus der Handlung spazieren).

Der Roman selbst ist erstaunlich wenig im Expanded Universe verankert. Es handelt sich de facto um ein Solo-Abenteuer (im doppelten Wortsinne), das – weil der ganze Job natürlich geheim gehalten werden muss – später auch nie mehr erwähnt werden muss/darf/soll. Wenn man die alte Filmtrilogie gesehen hat, genügt das eigentlich als Vorbereitung. Kenner werden natürlich in Figuren wie Winter und Kell Tainer oder Organisationen wie der Schwarzen Sonne weitere Verknüpfungspunkte sehen. Und – sehr witzig – für „Indiana Jones“-Freunde hat Zahn auch eine Reminiszenz an „Jäger des verlorenen Schatzes“ eingebaut.

Fazit: In letzter Zeit gab es im Expanded Universe einige Experimente. Während die sich im Comic-Bereich vor allem auf neue Zeitlinien – „The Old Republic“, „Dawn of the Jedi“ oder „Knight Errant“ – beschränken, ansonsten aber im Wesentlichen „more of the same“ (Jedi vs. Sith) boten, konnte der Romansektor ein paar gelungene Genre-Cross-Over verzeichnen, etwa den Horror-Roman „Der Todeskreuzer“, den bislang noch nicht ins Deutsche übersetzten Agententhriller „Shadow Games“ oder eben jetzt die gelungene Heist-Movie-Adaption namens „Glücksritter“. Auch wenn diese Romane nicht alle in gleichem Maße zu überzeugen wissen, gefällt mir doch, wie hier mit dem Universum jenseits von Machtbenutzern und ihrem endlosen Zwist gespielt wird. Wer also bereit ist, sich auf ein etwas anderes „Star Wars“-Abenteuer – ohne Raumschlachten, Jedi und exotische Welten – einzulassen, wird mit „Glücksritter“ 600 Seiten lang sehr gut unterhalten werden!

Star Wars: Glücksritter
Film/Serien-Roman
Timothy Zahn
Blanvalet 2013
ISBN: 978-3442269570
600 S., broschiert, deutsch
Preis: EUR 13,00

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