Star Wars Comic-Kollektion 106: Visionäre

„Star Wars Comic-Kollektion 106: Visionäre“ ist ein Comic, der 10 Geschichten aus „Star Wars: Visionaries“, welcher erstmalig 2005 in englischer Sprache erschien, beinhaltet. Blickt man 15 Jahre zurück, so war damals gerade die Prequel-Trilogie mit „Die Rache der Sith” abgeschlossen worden. Seitdem hat sich das „Star Wars“-Universum verändert, sodass diese Kollektion zur Nostalgie einlädt. Weiterhin – wie aus einer anderen Zeit – scheint die enthaltene „Bonus-Geschichte“ über Skippy, den Jedi-Droiden, die 1999 als Teil der ersten „Star Wars Tales“ enthalten war.

von Daniel Pabst

Wie bei jeder (Film-)Produktion, gibt es auch beim Erstellen eines Comics ein Team, das gemeinsam arbeitet, um ein bestmögliches Endresultat zu kreieren. Gewöhnlicherweise bekommen beim Comic die Zeichner („Penciller“) vom Autor ein Skript, welches sie dann möglichst getreu durch Zeichnungen umzusetzen haben. Anschließend werden diese dann koloriert. Was wäre aber, wenn den Zeichenkünstlern auch die Freiheit gelassen würde, die eigenen Inhalte der „Star Wars“-Galaxie zu illustrieren und sie dabei die Handlungsstränge auswählen, welche sie am meisten reizen? Genau dieses Gedankenexperiment wurde in „Star Wars Comic-Kollektion 106: Visionäre“ umgesetzt.

Die „Concept Artists“ von „Die Rache der Sith“ lieferten 2005 ihren eigenen Blickwinkel auf „Star Wars“, was in einer Kurzgeschichtensammlung veröffentlicht wurde, die seit 2020 nun auch auf Deutsch bei Panini Comics vorliegt. Die „Visionäre“ der Geschichten heißen: Aaron McBride, Erik Tiemens, Michael Murnane, Derek Thompson, Alex Jaeger, M.Zachary Sherman, Stephan Martinière, Robert E. Barnes, Feng Zhu, Sang Jun Lee, Ryan Church, Warren Fu, Peter David, Marin Egeland, Howard M. Shum und Harold Mackinnon.

Aufgrund der besonderen Entstehungsgeschichte dieser „Star Wars“-Kurzgeschichtensammlung entstanden deutlich erfinderischere und phantasievollere Comics, als man es von „klassischen“ Comics gewohnt ist. Die kreativen Köpfe konnten sich „austoben“.

Beispielhaft für diesen kreativen Stil ist Erik Tiemens, welcher in diesem Comic ein Fotoalbum aus dem „Star Wars“-Universum, die „Celestia Galactica Photografica” zeichnete. Mike Murnane hingegen schickt in seinem Comic den Vorsitzenden der Techno-Union, Wat Tambor, auf die Suche nach dem heiligen Auge des „Albinozyklopen“. Aaron McBride streut in „Alte Wunden” Salz in Obi-Wan Kenobis Wunden, indem er den in „Die dunkle Bedrohung” verstorben Sith-Assassinen Darth Maul wiederauferstehen lässt.

Es ist interessant zu sehen, was den Concept Artists von „Episode III“ durch den Kopf gegangen ist. Jetzt, 15 Jahren nach der ursprünglichen Veröffentlichung des Comics, können „Star Wars“-Fans erkennen, welche dieser Visionen sich tatsächlich manifestiert hat und welche bis in ferne Zukunft nur eine Vision bleiben werden.

So kommt es wirklich zum finalen Duell zwischen Obi-Wan Kenobi und Darth Maul! Zu sehen in der TV-Serie „Star Wars: Rebels“ in der Folge „Zwillings-Sonnen“, welche gegen Ende der 3. Staffel spielt. Dort liefern sich die alten Rivalen unter den Zwillings-Sonnen von Tatooine einen letzten Lichtschwertkampf. Mit dabei das von Darth Maul geführte zwei-geteilte rote Laserschwert („Doppelklinge“). Sowohl das Design von Darth Maul als auch der Ablauf der Erzählung wurden zu großen Teilen aus dieser „Star Wars“-Vision übernommen.

Auch der Zeichenstil hebt sich klar von den Geschichten ab, die wir gewohnt sind. Zwar sind manche der Erzählungen im bekannten Art-Style bebildert. Andere Comics sind viel weicher gezeichnet. Hier wurde bewusst auf die klassische Kombination aus Penciller und Colorist verzichtet.

Mehr als nur einen „netten Bonus“ bietet die im Anhang beigefügte Geschichte: „Skippy, der Jedi-Droide“ (aus „Star Wars Tales #1“). Die Geschichte stammt von Peter David, Zeichner war Martin Egeland. Darin erzählt der Droide namens Skippy, der ein Gespür für die „Macht“ hat und daher als „Jedi-Droide“ bezeichnet wird, die erste Begegnung von Luke Skywalker mit R2-D2, wobei Skippy die beiden nicht kennt. Dies ist besonders reizvoll, da die klassische „Star Wars“-Episode, wie Luke und R2 zusammenkamen, aus einer dritten Perspektive beleuchtet wird und so zum Schmunzeln und zugleich zum Nachdenken anregt.

Fazit: „Star Wars Comic-Kollektion 106: Visionäre” besteht zur einen Hälfte aus spannend zu lesenden Geschichten, die andere Hälfte hebt sich durch unkonventionelle Illustrationen und Geschichten ab. Auch wenn die ein oder andere Geschichte dadurch nicht für jedermanns Geschmack sein wird, ist die Kurzgeschichtensammlung nicht nur für „Star Wars“-Fans geeignet. Jede und jeder, der sich mit alternativen, originellen Erzählungen über „Star Wars“ auseinandersetzen möchte und Interesse am Gedankenspiel „Was wäre, wenn …?“ hat, wird Freude daran haben. Ganz in diesem Sinne war bereits die Comic-Serie: „Star Wars Infinities” angelegt, die ebenso ans Herz gelegt werden kann.

Star Wars Comic-Kollektion 106: Visionäre
Comic
Aaron McBride, Erik Tiemens, Michael Murnane, u.a.
Panini Comics 2020
ISBN: 978-3-7416-1594-8
152 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 14,99

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