Star Trek – Vanguard 4: Offene Geheimnisse

Der Weltraum… ist hier im vierten Band der Reihe um die Raumstation Vanguard Schauplatz eines Wettlaufs zwischen der Föderation und den Klingonen um die Geheimnisse einer uralten Zivilisation in der Taurusregion. Es scheint so, als ob beide Seiten gewillt sind, deswegen einen Krieg zu riskieren. Ob es dazu kommt, erfährt man hier.

von Andreas Loos

 

Im letzten Band der „Vanguard“-Reihe überschlugen sich die Ereignisse, als sich die uralten Bewohner der Taurus Region, in der die Raumstation Vanguard gebaut wurde, den rivalisierenden Gruppierungen – den xenophoben Tholianern, den kriegerischen Klingonen und der Föderation – offenbarten und die Kolonie Gamma Tauri IV auslöschten. Commodore Reyes, der Kommandant von Vanguard, sah sich gezwungen, mittels eines schweren Bombardements alles Leben auf dem Planeten zu vernichten. Nachdem er, von Gewissensbissen geplagt, dem Journalisten Tim Pennington die Möglichkeit gegeben hat, einen Artikel über die Bedrohung unzensiert zu veröffentlichen, wurde er von seinem Kommando entbunden und angeklagt.

Nunmehr tritt der Konflikt der Föderation mit den Tholianern in den Hintergrund angesichts einer sich immer schneller drehenden Spirale der Gewalt zwischen den Klingonen und der Föderation. Die Taurus Region zählt dabei zu einem der Brennpunkte, und der oberste Diplomat der Föderation in diesem Bereich des Weltraums, Botschafter Jetanien, findet sich in einer sehr schwierigen Situation wieder, als er versucht, den fragilen Frieden zwischen den beiden rivalisierenden Mächten zu bewahren.

T’Prynn, die Geheimdienstoffizierin, die in den vorangegangenen drei Bänden stetig mit vielschichtigen Intrigen und Vertuschungsversuchen beschäftigt war, um die wahre Mission der Sternenflotte in der Taurusregion geheim zu halten, kämpft nunmehr einsam und allein gegen den in ihrem Verstand gefangenen Geist ihres Verlobten, den sie vor Jahren in einem rituellen Zweikampf tötete. Die Umstände und Ereignisse im dritten Band, „Ernte den Sturm“, sorgten dafür, dass sie in ein Koma fiel. Der Nachfolger von Diego Reyes, Admiral Heiachiro Nogura, muss also – vielleicht zu seinem Glück – auf die Dienste T’Prynns verzichten.

Verzichten muss der Leser auf den sympathischen Schurken Cervantes Quinn. Dieser nimmt diesmal eine Auszeit, eine Entwicklung, die mir persönlich nicht so gefallen hat. Stattdessen wird diesmal der Fokus auf Doktor M’Benga und Tim Pennington gelegt, die sich beide aus unterschiedlichen Gründen um die Gesundung T’Prynns bemühen.

Währenddessen treibt die Wissenschaftlerin Dr. Carol Marcus zusammen mit dem Sternenflottenoffizier Ming Xiong die Forschungen rund um das Taurus-Meta-Genom weiter voran. Ein unerwarteter Überläufer und ein seltsames Artefakt geben ihnen dabei entscheidende Hinweise, die zu einer Entschlüsselung der Geheimnisse der Shedai führen könnten.

Im Verlauf der Handlung weichen diesmal hinterlistige Intrigen erheblich direkteren Aktionen. Die Klingonen werden von mal zu mal mutiger in ihren Provokationen – alles vor dem Hintergrund der Ereignisse in der Taurusregion und im weiteren Sinne im Kontext der klassischen „Star Trek“-Serie. Mehr als einmal finden die Ereignisse und Aktionen der Besatzung der U.S.S. Enterprise unter dem Kommando von Captain Kirk und seiner Crew im Laufe der Handlung Erwähnung und beeinflussen diese teilweise sogar indirekt. Umgekehrt wird hier oftmals der Grundstein für kommende Konflikte und Ereignisse gelegt. Der eingefleischte Trekkie kann sich daher über eine Menge Cross-Over-Momente mit dem Kanonuniversum freuen, die diesen Roman mühelos und ohne Kanten in das „Star Trek“-Universum einbinden. Was hier geboten wird, hat zwar in keinem Fall eine Auswirkung auf den etablierten Kanon der Originalserie, aber diese Sicht der Dinge ist erfrischend anders und bietet viele neue Blickwinkel auf bekannte Ereignisse.

Die tatsächliche Handlung im Bezug auf die Geheimnisse der Taurus Region werden hier nur minimal vorangetrieben. Stattessen werden erst einmal die Scherben zusammengekehrt und die einzelnen Handlungsstränge neu geordnet. Der Roman liest sich in dieser Beziehung auch wie ein Lückenfüller, der den Boden für neue Knalleffekte vorbereitet. Gerade deshalb ist es zu empfehlen die zuvor veröffentlichten Romane zu lesen.

Die Übersetzung empfand ich ein klein wenig holprig, und das Lektorat ist wie auch schon in den vorangegangenen Romanen etwas unglücklich ausgeführt.

Fazit: „Offene Geheimnisse“ verabschiedet sich von der Geheimniskrämerei der vorangegangenen drei Bände zugunsten einer offensiveren Vorgehensweise auf allen Seiten. Sehr schönist, dass sich der Roman gut in das „Star Trek“-Universum einbindet und viele Ereignisse in wechselseitige Beziehungen gesetzt werden. Das macht die Reihe rund um die Ereignisse auf der Raumstation Vanguard zu den besten „Star Trek“-Romanen, die ich in den letzen Jahren lesen durfte, denn hier wird dem ehemals als etwas verstaubt geltenden „Star Trek“-Franchise mühelos neues Leben eingehaucht, auch ohne die Zeitline durcheinander zu bringen.


Star Trek – Vanguard: Offene Geheimnisse
Film/Serien-Roman
Dayton Ward, Kevin Dilmore
Cross Cult 20098
ISBN: 978-3-941248-08-3
443 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 12,80

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