Star Trek TNG (Second Decade 6): Den Frieden verlieren

Nachdem die Bedrohung durch die Borg ein für allemal abgewendet werden konnte, steht die Föderation vor einem Scherbenhaufen. Der vorliegende Roman schildert, wie Picard und die Besatzung der U.S.S. Enterprise mit den Herausforderungen unmittelbar nach dem Vernichtungsfeldzug der Borg zurechtkommen.

von Andreas Loos

 

„Den Frieden verlieren“ teilt sich im Großen und Ganzen die Thematik mit dem Roman „Einzelschicksale“. Die Romanhandlung findet kurz nach dem Ende der „Destiny“-Trilogie und den Ereignissen von „Einzelschicksale“ statt. Die Föderation liegt am Boden. Viele Welten wurden von den Borg zerstört, und die verbliebenen Welten ächzen unter der Belastung, die durch ein enormes Flüchtlingsproblem entstanden ist.

In dieser angespannten Situation keimen plötzlich Konflikte zwischen den verschiedenen Föderationswelten auf, denn die Flüchtlinge sind nirgends gerne gesehen. Die meisten Welten, die von den Borg verschont geblieben sind, kümmern sich um eigene Belange. Die Bewohner dieser Welten können oft nicht verstehen, was die Flüchtlinge durchgemacht haben. Schließlich hat für die Bewohner der verschonten Welten das utopische Dasein erst Risse bekommen, als die Flüchtlinge zu ihren Planeten gebracht wurden. Die Flüchtlinge auf der anderen Seite müssen mit erheblich schlechteren Lebensbedingungen auskommen, als sie es bisher gewohnt waren. Flüchtlinge, die in Lagern rund um den Globus der heutigen Welt leben müssen, würden vermutlich solche Zustände als das Paradies empfinden, aber für jemanden, der aus einem Leben ohne materielle Nöte in einen solchen Zustand versetzt wird, ist das nur schwer verträglich. Und so hat zwar die Föderation den Krieg gegen die Borg „gewonnen“, aber der innere Frieden der Föderation ist nachhaltig gestört. Die Stimmung im Roman ist fast durchweg düster.

Auf der Wasserwelt Pacifica versucht die schwangere Dr. Beverly Crusher von der U.S.S. Enterprise als Sondergesandte sich dort ein Bild von der Flüchtlingssituation vor Ort zu machen und Hilfsmaßnahmen zu koordinieren. Die Probleme, auf die sie und ihr Team stoßen, sind gewaltig. Währenddessen ist die Enterprise unterwegs, um nach verschollenen Flüchtlingsschiffen zu suchen. Picard und die Crew der U.S.S. Enterprise werden auch tatsächlich fündig, und doch müssen sie feststellen, dass die Anführer der Überlebenden eigene Ansichten über den weiteren Verlauf der Dinge haben. Mittlerweile spitzt sich die Situation auf Pacifica zu, und ein Gründungsmitglied der Föderation droht mit dem Austritt aus dem Planetenbund.

Die Handlung kommt dann auch ein klein wenig in Fahrt, aber atemlose Action sieht anders aus. Dabei ist das Buch keineswegs langweilig, sondern liest sich flüssig, und vor allem die weitere Charakterentwicklung der Protagonisten hat mich dazu angehalten, weiter zu lesen. In Ermangelung eines alles bestimmenden Spannungsbogen liegt auch der Fokus auf der Charakterentwicklung. Die schwangere Beverly Crusher zum Beispiel stellt sich angesichts des Flüchtlingschaos die Frage, ob in einer solchen Welt Kinder geboren werden sollten. Der zweite Offizier der Enterprise Miranda Kadohata steht vor der schweren Entscheidung, ob sie weiter in der Sternenflotte dienen soll oder besser zu ihrer Familie zurückkehrt. Und schließlich ist da Lieutenant Jasminder Choudhury, deren Heimatplanet Deneva von den Borg vernichtet wurde und die nun damit klar kommen muss, dass alle ihre Angehörigen und der Planet, auf dem sie aufgewachsen ist, tot und verbrannt sind.

An Picard hingegen hat mich auch diesmal gestört, dass er, wie bereits in fast allen anderen Folgen des „TNG“-Relaunch getan hat, Befehle seiner Vorgesetzten verweigert. Auch wenn das durchaus der Handlung zuträglich sein kann, hätte ich es besser gefunden, wenn er das Flottenkommando von der Richtigkeit seiner Handlung überzeugt hätte. Etwas, das ich vom grundsätzlich diplomatisch angelegten Jean Luc Picard erwartet hätte. Stattdessen wählt er die Kirk-Methode und hofft, dass ihm der Erfolg recht gibt. Erneut macht er sich der Insubordination schuldig. Die Entscheidung, die Picard am Ende trifft, hat mich dann auch nicht weiter überrascht.

Für das tiefer gehende Verständnis des Buches ist es sehr hilfreich, „Einzelschicksale“ zu lesen, das parallel spielt. Beide Romane leiten zum Abschluss zu den Ereignissen um den Typhon-Pakt über.

Fazit: „Den Frieden verlieren“ befasst sich mit der Situation der Föderation nach dem Krieg gegen die Borg. Dem Leser wird hier ein sehr düsteres Bild aufgezeigt. Mittendrin sind die Charaktere um Captain Jean Luc Picard und der U.S.S. Enterprise und ihr Bemühen, die Lage wieder in den Griff zu bekommen. Eine wirklich dramatische Handlung steht dabei nicht im Vordergrund. Vielmehr wird die Charakterentwicklung der Enterprise-Crew vorangetrieben, die langsam wieder zu einer Einheit zu verschmelzen scheint. Vor allem die zweite Garde bekommt entsprechende Schlaglichter. Alte Bekannte wie Geordi oder Worf dagegen erhalten für meinen Geschmack zu wenig Aufmerksamkeit. Alles in allem ist der Roman für Fans allein wegen der Charakterentwicklung ein muss.


Star Trek TNG: Den Frieden verlieren
Film/Serien-Roman
Williams Leisner
Cross Cult 2010
ISBN: 978-3-941248-93-9
319 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 12,80

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