Star Trek Tactics Starter Set

Eine Scheibe, die man drehen kann und in deren Sichtfenster sich die Spielwerte einer auf selbiger Scheibe stehenden Miniatur verändern, je nachdem, wie viel Schaden sie genommen hat – aus diesem einfachen Konzept hat WizKids ein eigenes Produktimperium entwickelt: die Clix-Miniaturen. „Mage Knight“, „HeroClix“, „Mechwarrior“, „HorrorClix“ und diverse Themenboxen zu Filmen und Videospielen wie „Alien versus Predator“, „Halo“ und „Gears of War“ sind im Laufe der Jahre erschienen. Jetzt erobern die WizKids auch das All: mit dem „HeroClix“-Ableger „Star Trek Tactics“.

von Bernd Perplies

Das „Starter Set“ enthält alles, was man zum Einstieg in das Spiel braucht. Dazu zählen vier Raumschiffe, wobei zwei der Föderation, zwei dem klingonischen Imperium angehören, zwei Würfel, ein aktuelles Regelwerk, eine Übersicht der in „HeroClix“ verwendeten Powers & Abilities sowie zwei doppelseitig bedruckte Vollfarb-Spielpläne im Posterformat. Das alles kommt in einer eingeschweißten Box daher, die leider nicht wiederverwendbar ist, sondern aufgeschnitten nur noch in den Müll wandern kann. Schade, das war früher bei Sonderboxen anders.

Die Miniaturen sind, das fällt sofort auf, identisch mit einigen Miniaturen aus dem etwas früher erschienenen WizKids-Brettspiel „Star Trek Fleet Captains“. Wer sich ob des Anfangsverdachts im Netz schlau macht, wird erfahren, dass alle 28 Miniaturen (man kann das „Starter Set“ natürlich mit „Boostern“ erweitern, die jeweils ein Schiff enthalten) den 24 Modellen aus dem Brettspiel entsprechen. Nur sind sie im Fall von „Star Trek Tactics“ bemalt und weisen Dials (Clix-Scheiben) mit den bekannten „HeroClix“-Powers auf. Ein bisschen möchte man WizKids diese Zweifachverwertung übel nehmen, andererseits handelt es sich um völlig unterschiedliche Spiele und solange die Miniaturen hübsch aussehen, kann man sich nicht beschweren.

Apropos: Hier muss das Urteil durchwachsen ausfallen. Drei der vier Modelle – die U.S.S. Rhode Island, die I.K.S. Rotarran und die I.K.S. Bortas – sind durchaus gelungen, wenngleich die Gondeln der Bortas leicht schief angeklebt wurden. Ausgerechnet das berühmteste Schiff, die U.S.S. Enterprise-A, fällt hier negativ auf. Das aus mehreren Teilen zusammengeklebte Modell weist viel zu tief und auch durchaus ungleichmäßig angesetzte Gondeln auf und die Bemalung wirkt recht dick aufgetragen. Eine Überprüfung eines zweiten Starters zeigte, dass hier kein Einzelfall vorlag. Schon der Plastikrahmen, in den die Schiffchen eingesteckt sind, lassen keine höhere Anordnung der Gondeln zu. Für einen echten „Star Trek“-Fan eine zumindest leichte Enttäuschung. Die Bemalung geht in Ordnung, wenn man Pre-Painted-Standards anlegt. Natürlich sieht man die industrielle, eher lieblose Vorgehensweise, aber ein paar feine Details wie der Schriftzug mit dem Namen bei den Föderationsschiffen sind positiv hervorzuheben. Alles in allem nicht unbedingt ein Meisterstück der WizKids, aber mit etwas Abstand und auf dem Spielplan betrachtet, geht das schon in Ordnung.

Das Spielkonzept wurde zu Hundert Prozent Väterchen „HeroClix“ entnommen. Das beiliegende Regelwerk weist sogar die Superhelden-Abbildungen in den Beispielen auf. Ebenso nutzt die Übersicht der Powers & Abilities die bekannten Begriffe wie „Super Senses“, „Telekinesis“ oder „Blades/Claws/Fangs“. Auf den beiliegenden Spielwertkarten der Schiffe werden zwar Begriffe verwendet, die mehr nach „Star Trek“ klingen – etwa „Biogenic Weapons“, „Graviton Beam“ oder „Photon Torpedo“ –, aber das Spiel kann nicht verhehlen, im Grunde eine „HeroClix“-Erweiterung zu sein. Das hat den einen Vorteil, dass es mit allen anderen Produkten dieses Systems kompatibel ist, aber es hat leider auch den Nachteil, dass sich das Spiel ein wenig seltsam anfühlt.

Warum ist das so? „HeroClix“ wurde als Spielsystem für Personenkampf angelegt. Nahkämpfe auf beengtem Raum gehören zur Tagesordnung. Entsprechend beziehen sich viele Powers und Abilities aus benachbarte Figuren. Nun ist das All groß und weit und alle Raumschiffe weisen enorme Fernkampfwerte auf. Daher existiert praktisch keine Notwendigkeit, sie nebeneinander zu platzieren, ja es fühlt sich sogar eher befremdlich an, weil die meisten Modelle größer als ein Square sind und daher der Raum beengt wirken würde, ließe man sie „in geschlossener Formation“ fliegen. Es mag eine Frage der Gewöhnung sein, aber in meinem Augen spielt sich „Star Trek Tactics“ noch nicht ganz rund. Ein Personenkampfspiel und ein Raumschiffkampfspiel sind einfach zwei verschiedene paar Schuhe und bedürfen auch einiger Sonderregeln, die dem Rechnung tragen. (Derlei Sonderregeln gibt es übrigens beispielsweise auf Boardgamegeek.com, wo fleißige Fans die Grundregeln um organischer wirkende Bewegungsregeln, Feuerbereiche und einige andere Anpassungen bereichert haben, die „Star Trek Tactics“ mehr zu einem klassischen Raumkampfspiel machen.)

Fazit: Trotz der genannten Kritikpunkte macht „Star Trek Tactics“ irgendwie Spaß! Vielleicht liegt es daran, dass ich mir schon seit einer halben Ewigkeit ein schnelles „Star Trek“-Miniaturenspiel gewünscht habe. Da sieht man auch milde über manche Fertigungsmacke hinweg und ignoriert gerne die Powers, die irgendwie im Kampf nicht ganz zur Geltung kommen. Spieler ohne diesen „Star Trek“-Bezug werden hier nichts bekommen, was ihnen nicht auch „HeroClix“ schon hätte geben können. Insofern ist „Star Trek Tactics“ gewissermaßen „nur“ eine weitere Expansion – aber eine, die in meinen Augen gerne noch ausgebaut werden dürfte! Romulaner, Ferengi, Cardassianer, Borg ... Es gäbe noch einiges an Potenzial in diesem Spiel!


Star Trek Tactics Starter Set (HeroClix)
Sammelbares Figurenspiel
WizKids/NECA 2012
EAN: 634482704455
Starter-Set mit 4 Figuren + Stat Cards, 2 Würfeln, Anleitung, 2 Spielplänen
Booster mit 1 Figur + Stat Card
Sprache: Englisch
Preis: EUR 24,99 (Starter) / EUR 59,99 (Boosterdisplay mit 12 Boostern)

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