Star Trek: Spiegelbilder

James T. Kirk ist ein intriganter Machtmensch, Doktor McCoy ein verrückter Wissenschaftler, Captain Picard ein Kriegstreiber und Kira Nerys die laszive Herrscherin über Deep Space 9. Seit der überraschenden TOS-Episode „Mirror Mirror“ ist das Spiegeluniversum die Spielwiese der „Star Trek“-Autoren, um es in einem Franchise, das sich im Kern der friedlichen Exploration und Völkerverständigung verschrieben hat, mal so richtig krachen zu lassen. In dem neuen Comic „Spiegelbilder“ erleben wir, wie zwei berühmte Captains an die Macht kamen.

von Bernd Perplies

Das Leben als Captain an Bord der I.S.S. Enterprise ist kein Zuckerschlecken. Diese Erfahrung ist für Christopher Pike nichts Neues. Spätestens seit der junge, ehrgeizige Kirk zu ihm an Bord gekommen ist, ist Pikes Leben deutlich spannender – und gefährlicher – geworden. Auf der einen Seite ist der Kerl clever und hat gute Ideen. Auf der anderen aber auch eindeutig zu viele Ambitionen. Zum Glück kann Pike noch seinem treuen Offizier Spock vertrauen, wie auch dem brutalen Sicherheitsoffizier Sulu. Wie es mit dem redseligen Arzt McCoy, einem alten Freund Kirks, und dem verweichlichten Ingenieur Scotty aussieht, ist da schon weitaus unklarer. Ein offener Angriff gegen Kirk ist leider unmöglich, solange dieser sich nicht auf frischer Tat bei seinem Verrat erwischen lässt. Aber natürlich hat auch Pike seine Methoden, um unliebsame Untergebene elegant loszuwerden. Ein Machtkampf an Bord der Enterprise entbrennt.

Sieben Jahrzehnte später steht der junge Lieutenant Picard vor einem entscheidenden Moment in seinem Leben. Seit Spock als Spätfolge der Ereignisse in der TOS-Spiegeluniversumsepisode den Weg zum Thron des Imperiums bestiegen hat und auf Reformen im Sinne Gene Roddenberrys pocht, hat das Imperium in der rauen Welt des Spiegeluniversums wenig Chancen. Die Klingonen und die Cardassianer haben sich verbündet und nehmen dem Imperium Welt für Welt, während „friedfertige“ Vulkanier versuchen, durch Verhandlungen den Frieden zu erhalten. Gerade den menschlichen Angehörigen des Imperiums schmeckt das überhaupt nicht. Und in einer besonderen Krisensituation, in der es Kampf oder Kapitulation heißt, ist Picards Moment gekommen, eine Wende in der Politik des Imperiums einzuleiten. Es bedarf nur eines kleinen Schritts … über die Leiche seines Captains hinweg.

Es sind keine weltbewegenden Geschichten, die von den Autoren Scott und David Tipton ersonnen wurden, aber sie greifen zwei wichtige Momente im Leben zweier wichtiger Persönlichkeiten – Kirk und Picard – heraus. Insofern ist der Comic vor allem gutes Zusatzmaterial zu den existierenden Geschichten und damit Fans zu empfehlen, die sich im Spiegeluniversum schon auskennen. Für Erstleser, etwa diejenigen, die erst durch den „Star Trek“-Film von J.J. Abrams ihre Liebe zu Franchise entdeckt haben, ist er nicht so zu empfehlen, da das Spiegeluniversum und seine Eigenheiten als solches praktisch nicht erklärt werden.

In optische Nähe zur Abrams-Seitenlinie des „Star Trek“-Universums rückt „Spiegelbilder“ durch den Zeichner David Messina, der auch den „Countdown“-Comic, das gezeichnete Prequel zu „Star Trek“, visuell prägte. Ein starker Pinselstrich, kantige Figuren und eher karge Hintergründe, die aber erstaunlich gut zu den vergleichsweise kargen Sets der klassischen Serienabenteuer passen, zeichnen seinen Stil aus. Die Optik ist nicht spektakulär, aber ansehnlich.

Eine Covergalerie und einige Entwürfe runden als Bonusmaterial den Comic ab. Den 128-seitigen Softcoverband gibt es für echte Fans übrigens auch als fünf Euro teurere Hardcover-Variante.

Fazit: „Spiegelbilder“ greift zwei wichtige Augenblicke aus dem Leben der dunklen Widerparts von Kirk und Picard auf. Für Fans des Spiegeluniversums wird der Comic dadurch zum lesenswerten Füllstück einer bisherigen erzählerischen Leerstelle. Neu-Trekker sollten sich allerdings erstmal ein wenig in diese Schattenseite des „Star Trek“-Universums einsehen, ansonsten fehlt das Verständnis für die Mechanismen des Spiegeluniversums ein bisschen.


Star Trek: Spiegelbilder
Comic
Scott Tipton, David Tipton, David Messina
Cross Cult 2009
ISBN: 978-3-941248-42-7
126 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,80

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