Star Trek Fleet Captains

Welchen „Star Trek“-Fan würde es nicht reizen, einmal an Bord eines Föderationsraumschiffs auf dem Captains Chair Platz zu nehmen und hinaus ins All zu fliegen, um seine Wunder zu erforschen, neue Welten und neue Zivilisationen zu entdecken? Mit dem englischen Brettspiel „Star Trek Fleet Captains“ kann man diesen Traum nun zumindest am Wohnzimmertisch Wirklichkeit werden lassen. (Was nicht das gleiche ist – ich weiß. Aber Spaß macht es trotzdem.)

von Bernd Perplies

„Star Trek Fleet Captains“ ist ein Spiel um Entdeckung, Kolonisierung und Konkurrenz im All. 2 Spieler (oder zwei Teams zu jeweils 2 Spielern) befehligen jeweils eine Flotte von Raumschiffen, die sich über einen zu Beginn völlig verdeckten Spielplan aus modularen. hexagonalen Weltraum-Feldern bewegen. Zur Auswahl stehen in der Grundbox die Föderation und das Klingonische Reich. Das Romulanische Sternenimperium wurde bereits für eine Erweiterungsbox im Herbst angekündigt. Inhaltlich wird dabei ein „Best of“ aller „Star Trek“-Epochen geboten. So fliegen die Enterprise-A, die Defiant und die Voyager genauso nebeneinander her, wie die Captains Kirk, Picard und Janeway.

Gespielt wird auf eine vorher festgelegte Anzahl 6 bis 38 Siegpunkten hin. Für den Beginn werden Partien um die 10 Siegpunkte für 2 Spieler und 16 Siegpunkte für 4 Spieler empfohlen. Die Siegpunkte legen fest, wie groß die eigene Flotte sein darf. Pro Fraktion stehen 12 Schiffe zur Verfügung, die auch als hübsch detaillierte Miniaturen beigefügt wurden. Die Miniaturen entsprechen dabei den Schiffchen aus dem Spiel „Star Trek HeroClix Tactics“, sind allerdings nicht bemalt, sondern kommen in Einheitsgrau (Föderation) beziehungsweise Grün (Klingonen) daher.

Um eine Flotte zusammenzustellen, werden aus einem gemischten Kartenstapel so viele „Starship Display Cards“ gezogen, bis die Größe (Size von 1 bis 6) aller Schiffe genau der Siegpunkteanzahl entspricht. Die Starship Display Cards enthalten, man ahnt es, einen Überblick aller relevanten Werte der Raumschiffe, außerdem geben sie an, aus welchen Missionen („Science“, „Influence“ and „Combat“) das eigene „Mission Deck“ zusammengestellt wird – ein schöner Kniff, damit die kommenden Aufgaben im Spiel auch gut zur eigenen Flotte passen. Drei der Missionen werden gleich ausgelegt, sodass man zu Spielbeginn bereits etwas zu tun hat. Der Rest bildet den Nachzieh-Stapel, das Missions Deck.

Das modulare Spielfeld kann theoretisch so unendlich weit sein, wie der Weltraum es laut „Star Trek“-Vorspann ist. De facto wird es durch die 50 vorhandenen, etwa handtellergroßen Weltraum-Felder begrenzt. Das kleinste Spielfeld umfasst 3x4 Felder (und wird für ständigen Stress zwischen Föderierten und Klingonen sorgen), empfohlen wird zu Beginn ein 5x5-Layout. Diese Weltraum-Felder kann man erkunden und darunter stellare Phänomene, Planeten oder einfach nur kalten, leeren Raum finden.

Bevor es losgeht, stellt sich jeder Spieler zuletzt noch sein „Command Deck“ zusammen. In diesem befinden sich Spielkarten, die man einsetzen kann, um im Kampf oder beim Bewältigen von Missionen Boni zu erhalten. Für jede Fraktion gibt es 10 Sets zu 10 Karten, die einem gewissen Thema folgen – Kampf, Diplomatie, usw. – und aus denen man sich 4 Sets aussuchen darf, die man für besonders hilfreich erachtet. Diese werden gemischt und bereitgelegt. 4 Karten darf man sogleich auf die Hand ziehen.

Gestartet wird im eigenen „Command Post“-Bereich, der an 3 Weltraum-Felder angrenzt. Von hier aus wagen sich die mutigen Entdecker ins Unbekannte. Gespielt wird in abwechselnden Zügen, wobei jedem Spieler folgende Möglichkeiten offen stehen: Jedes Schiff der eigenen Flotte darf bewegt werden, bei jedem Schiff darf die Energie umgeleitet werden („Power Adjustment“), man darf 3 Aktionen ausführen, Command Cards spielen, eine ungeliebte Mission durch eine neue ersetzen und eine Command Card von der Hand abwerfen. Bei jedem Spielen oder Abwerfen einer Command Card wird sofort eine neue nachgezogen. Wann immer ein neues Weltraum-Feld aufgedeckt wird, muss der entsprechende Spieler zusätzlich würfeln, ob es zu einem Encounter, einer Begegnung kommt. Die hierzu gezogenen Encounter Cards bieten vielfältige Herausforderungen: von fahrenden Ferengi-Händlern, über die Entdeckung aufgegebener Außenposten, bis hin zu Tribbles – die man natürlich nicht mehr los wird.

Zwei Spielmechanismen beherrschen im Wesentlichen das Spielgeschehen: zum einen Tests, zum anderen das Energieumleiten. Viele Aktionen – ein Angriff, das Scannen eines stellaren Phänomens, das Bewältigen einer Mission – erfordern Tests. Manchmal gibt es eine Zahl, die erreicht werden muss. Manchmal handelt es sich um einen vergleichenden Test zwischen den beiden Spielern. Um so einen Test durchzuführen, würfelt man einen 6-seitigen Würfel. Dazu wird der passende Schiffssystemwert (Engines, Sensors, Weapons, Shields) addiert. Crewmitglieder, die man in den Command Cards findet und an Bord platzieren kann, geben möglicherweise noch Boni. Und man darf eine zusätzliche Command Card (Ops oder Combat) von der Hand spielen, die ebenfalls mithilft, das Ziel zu erreichen.

Interessant ist hierbei vor allem der Schiffssystemwert. Denn wie oft hört man bei „Star Trek“, dass etwa „alle Energie auf die Schilde“ gegeben wird. Um dieses Energieumleiten zu simulieren, besitzt jedes Schiff eine Scheibe mit Werten in der Plastikbasis, die man drehen kann und die sich dann ändern. (Für Kenner: ein Clix-Dial – wir haben es erwartet, schließlich stammt das Spiel aus der Clix-Spieleschmiede WizKids/NECA.) Je nachdem, was man im eigenen Zug vorhat, sollte man also sehr genau überlegen, wie man seine Energie verteilt. Einmal pro Zug darf man das Clix-Dial drehen – nur einmal. Und wenn die Schilde oben sind, ist garantiert die Sensor- oder Antriebsleistung reduziert.

Die Vielzahl der Möglichkeiten, die man in einem Zug durch oben genannten 3 Aktionen erhält, möchte ich hier gar nicht aufzählen, weil es die Rezension sprengen würde. Man kann Außenposten errichten, Material und Besatzungen beamen, Gegner angreifen, das eigenen Schiff tarnen – sprich alles, was zu einer zünftigen Erforschung des „Star Trek“-Universums gehört. Die Vielzahl an Weltraum-Feldern, Encounter Cards, Mission Cards und Command Cards sorgt dabei für reichlich Abwechslung, sodass kein Spiel völlig dem anderen gleicht. Und auch der Umstand, dass man für sehr unterschiedliche Dinge Siegpunkte erhält, erhöht den Wiederspielwert, denn hat man sich beim ersten Mal vielleicht auf das Lösen von Missionen konzentriert, möchte man bei der nächsten Partie sich vielleicht einfach durch Raumschlachten zum Sieg durchkämpfen.

Gibt es auch Kritik? Wenig. Die Weltraum-Felder sind leider aus sehr dünnem Kartenmaterial gefertigt und verrutschen leicht während des Spiels, sodass der Spielplan immer etwas durcheinander wirkt. Richtige Papp-Kärtchen, wie man sie etwa aus Euro-Games kennt, wären schöner gewesen. Zudem ist spieltechnisch gesehen der Kampf leider etwas überrepräsentiert, was vor allem daran liegt, dass der Klingonenspieler vor allem Combat Missions im Missions Deck hat und entsprechend den Konflikt sucht. Da man sich als Föderationsspieler nur mit Gegengewalt effektiv dagegen wehren kann, verliert man zwangsläufig Aktionen, die man womöglich lieber genutzt hätte, um den Weltraum zu erforschen und Raumbasen zu bauen. Aber vielleicht ist das auch nur eine Frage der richtigen Strategie.

Fazit: WizKids hat mich in den letzten Monaten wirklich erstaunt. Die machen richtig gute Brettspiele! „Star Trek Expeditions“, „Mage Knight“ ... Ein Volltreffer jagt den nächsten. Auch „Star Trek Fleet Captains“ reiht sich in die Liste der Erfolge ein. Ich kann dieses Spiel jedem „Star Trek“-Fan wirklich nur wärmstens empfehlen. Vom Kanon her darf man natürlich nicht kleinlich sein und muss auch mal einen Hikaru Sulu als Captain der U.S.S. Voyager einsetzen, wenn es nötig wird. Kann man über diesen Temporalwirbel aller Epochen allerdings hinwegsehen, bekommt man „Star Trek“-Atmosphäre pur auf dem Wohnzimmertisch. Nur der echte Captains Chair ist besser!

Star Trek Fleet Captains Brettspiel für 2 oder 4 Spieler Mike Elliot, Ethan Pasternack, Bryan Kinsella WizKids/NECA 2011 EAN: 634482703328 Sprache: Englisch Preis: $ 79,99 bei amazon.de bestellen

Links:

 

FAQ PDF