Star Trek – Doppelhelix 6: Die oberste Tugend

Zum Schluss kommt der Anfang. Mit diesem Band wird die „Doppelhelix“-Reihe abgeschlossen. Da das Finale aber bereits in Band fünf stattfand, wird nun ein Prequel serviert, welches die Ursachen für den unbändigen Hass auf die Föderation und die Motivationen für den perfiden Plan des Schurken erklären sollen.

von Andreas Loos

 

Schon im fünften Band kam es zu der finalen Konfrontation mit General Thul, einem Thallonianer, dessen Volk der Autor Peter David für die Abenteuer der U.S.S. Excalibur ersann. Die Motivation des Schurken, der die Föderation mit einem gefährlichen Virus bedroht, liegt allerdings immer noch im Dunkeln. Da sich das Motiv primär auf Rache beschränkt, verlangt das natürlich nach einer eingehenden Erläuterung.

Die Geschichte mit dem Virus erstreckt sich über mehr als ein Jahrzehnt, daher liegen auch die Ursprünge der Geschichte weit in der Vergangenheit. In diesem Fall in einer Zeitperiode, die von den Fans als „Lost Era“ bezeichnet wird. Dieser Zeitabschnitt erstreckt sich von Kirks Ableben in „Star Trek: Treffen der Generationen“ bis zur ersten Folge von „Star Trek TNG: Mission Farpoint“.

War in den vorangegangenen Bänden derjenige, der die Fäden zieht, der große Unbekannte, so wird dem Leser diesmal das Komplott von Anfang an offen gelegt. Nur Captain Picard und die Besatzung der U.S.S. Stargazer tappen im Dunkeln. Gouverneur Gerrid Thul bekommt vom Thallonianischen Imperator einen Korb, als er um die Hand von dessen Schwester anhält. Der brüskierte Würdenträger ersinnt einen Plan, um sein eigenes Imperium zu erschaffen. Wie er das tatsächlich bewerkstelligen will, bleibt dem Leser allerdings verborgen. Aber da die Planeten, die er für sein Westentaschenimperium auserkoren hat, bereits besiedelt sind, gilt es erst einmal Platz zu machen.

Um selbst weniger Arbeit zu haben, sorgt Thul mit gezielten Sabotageakten und Anschlägen für Spannungen zwischen zwei verfeindeten Rassen. Er gedenkt wohl nach dem vernichtenden Krieg die Scherben aufsammeln zu können. Die Föderation ist wegen dieser neuerlichen Feindseligkeiten beunruhigt und entsendet die U.S.S. Stargazer unter Captain Picard, der die Krise diplomatisch lösen soll. Ihm zur Seite stehen Jack Crusher, der Ehemann von Dr. Beverly Crusher, und der Vulkanier Tuvok. Doch die Situation erscheint hoffnungslos. Die Diplomaten zanken sich während der Verhandlungen und drohen offen mit Krieg, während die Gewalt auf beiden Seiten stetig zunimmt. Während Picard also alle Hände voll zu tun hat, gehen Crusher und Tuvok der Spur eines Attentäters nach, was sie auf einem Planeten am Rande des Systems in höchste Gefahr bringt.

Dass die grandiosen Pläne von Thul und seinen Helfern gestoppt werden, versteht sich dabei von selbst. Schließlich dient der Roman dazu, dem Schurken einen Grund zu geben, die Föderation und Picard zu hassen. Da der Ausgang schon zu Anfang feststeht, gibt es im Plot nur wenige wirkliche Überraschungen. Die Verhandlungen von Picard mit den Diplomaten sind interessant, aber wirkliche Action findet nur bei der Mission von Tuvok und Crusher statt. Besonders das Cowboygehabe von Crusher sorgt nicht nur bei Tuvok für Unbehagen. Der Roman ist solide geschrieben und bedient die üblichen „Star Trek“-Klischees. Der Plot war für mich nun nichts wirklich Besonderes. Der Plan des Schurken ist so simpel wie genial. Am Cover hat mich gestört, dass hier Tuvok und Dr. Beverly Crusher abgebildet sind. Dr. Crusher ist noch nicht mal in der Nähe der Handlung. Sie erhält nur eine winzige Nebenrolle. Vielmehr hätte man eher Jack Crusher zeigen sollen. Den hätten aber wohl nur die eingefleischten Fans erkannt. Weshalb man dann aber nicht einen jugendlichen Picard genommen hat, wird wohl ein Geheimnis des Verlags bleiben.

Fazit: „Die oberste Tugend“ ist ein durchschnittlicher Roman, der mir nur wenige erinnerungswürdige Momente beschert hat. Bei solchen Momenten lese ich die Passagen manchmal drei bis vier Mal, bevor ich im Text fortfahre. Insgesamt war mir der Roman etwas zu blass. Der Schurke ist nur machtbesessen und am Ende bloß auf perfide Rache aus. Von einem epischen Gegner hatte ich mir mehr versprochen. Es ist im Rückblick verständlich, dass der Heyne-Verlag damals von einer Übersetzung absah. „Doppelhelix“ kann mit dem „Destiny“-Crossover oder den „Vanguard“-Romanen qualitativ leider nicht mithalten. Es gab zwar auch hier ein paar Ausreißer nach oben, doch letztlich konnte mich das Ganze nicht wirklich überzeugen.


Star Trek – Doppelhelix 6: Die oberste Tugend
Film/Serien-Roman
Michael Jan Friedman, Christie Golden
Cross Cult 2012
ISBN: 978-3864250163
242 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 12,80

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