Star Trek – Die neue Zeit 2

J. J. Abrams hat mit seinen beiden „Star Trek“-Filmen die Fan-Gemeinde gespalten. Die einen finden den „Reboot“, der dem Franchise die nötige Frischzellenkur verpasst hat, super, die anderen halten ihn für tumbes Action-Kino, das kaum weiter als bis zum eigenen Abspann schaut und wenig überzeugendes Universe Building betreibt. Fakt ist: Seit „Star Trek“ von 2009 existiert ein Paralleluniversum, in dem Kirk und Co in ähnlicher, aber doch auch anderer Art und Weise unterwegs sind. Die Comics „Star Trek – Die neue Zeit“ zeugen davon.

von Frank Stein

Im zweiten, von Cross Cult auf Deutsch herausgebrachten Sammelband der fortlaufenden US-Comic-Serie, die als Tie-In die Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten (oder vielmehr dem elften und zwölften) Kinofilm überbrückt, finden sich zwei Abenteuer. Zum einen wird die klassische Episode „Spock außer Kontrolle“ (Staffel 1, Episode 29, engl. „Operation – Annihilate!“) neu erzählt, zum anderen wird die komplett neue Story „Rache der Vulkanier“ präsentiert, die kurz nach den Ereignissen des ersten Abrams-Films angesiedelt ist. Verantwortlich für den Inhalt ist einmal mehr Mike Johnson, unter Mithilfe von „Star Trek“-Autor und -Produzent Roberto Orci, dessen Mitarbeit sicherstellt, dass die neuen/alten Comic-Storys der aktuellen Film-Timeline folgen und dass Comics und Filme gut ineinandergreifen.

Im Gegensatz zu den zwei Adaptionen alter TV-Episoden in „Die neue Zeit 1“ entfernt sich „Spock außer Kontrolle“ merklich vom TV-Vorbild. Grundsätzlich handelt die Geschichte von einem Zwischenfall, den die Crew der U.S.S. Enterprise auf dem Planeten Deneva erlebt. Ein Schwarm Neuralparasiten hat sich dort eingenistet, der die Bevölkerung in den Wahnsinn treibt, während er gleichzeitig versucht, sich weiter auszubreiten. Spock, der bei einem Besuch auf der Planetenoberfläche von einem der Wesen befallen wird, erleidet Höllenqualen, während er versucht, sich gegen den Einfluss des Wesens zu wehren, bis ihm – in Erinnerung an einen kurzen Vorfall, dem die Enterprise beiwohnt, als sie das System erreicht – schließlich eine Lösung für das Problem einfällt.

In der Fernsehepisode wird der Fokus stark auf die Fremdartigkeit und auch die Gefahr, die von den Neuralparasiten ausgeht, gerichtet. Es gibt mehrere Tote aus Captain Kirks näherem Umfeld, was für zusätzlichen Druck sorgt. Die Stimmung der Episode ist von einer gewissen Verzweiflung geprägt, vor allem, weil lange Zeit alle Versuche, der Fremdlebewesen Herr zu werden, scheitern. Der Comic streicht diese Dramatik stark zusammen. Die Action wird verstärkt, indem das Außenteam von Horden Wahnsinniger verfolgt wird. Außerdem greift die Geschichte Kirks Beziehung zu seinem Bruder auf, die im ersten Kinofilm allerdings der Schere zum Opfer gefallen war, weswegen die Eingangsszene nur noch halb zündet. Wer die Beziehung zwischen Kirk und George im Comic daher voll erfassen möchte, sollte zuvor die „Entfernte Szene“ auf der „Star Trek“-Blu-Ray schauen. Der Umgang mit Kirks erweiterter Familie ist im Comic eigentlich besser gelungen, als in der TV-Serie. Dafür bleibt die Herausforderung der Neuralparasiten an sich etwas auf der Strecke.

Die zweite Geschichtem  „Rache der Vulkanier“, schließt direkt an den ersten Kinofilm an. Einige ominöse Gestalten erwerben in einer Bar im (eigentlich viel zu weit entfernten) Delta-Quadranten die aus Klingonenbesitz gestohlenen Baupläne der Narada (auch das versteht eigentlich nur, wer den Comic „Star Trek: Nero“ liest oder die „Entfernten Szenen“ auf der „Star Trek“-Blu-Ray schaut, denn im Film selbst ist nicht mehr zu erkennen, dass Nero und die Narada lange Zeit Gefangene der Klingonen waren). Kurz darauf erhält die Enterprise einen Notruf von einem vulkanischen Forschungsschiff, das im Raumbereich, wo früher Vulkan lag, von einer kleinen Vulkanfähre angegriffen wird, auf dem sich scheinbar romulanische Agenten versteckt hielten, die die letzten Reste Roter Materie haben wollen, welche die Wissenschaftler vor Ort eingesammelt haben. Da Captain Kirk kaum zulassen kann, dass die Romulaner diesen mächtigen Stoff in die Finger bekommen, versucht er mit einem kleinen Trupp Auserwählter den Feind auf Romulus zu infiltrieren, eine Operation, die einem Himmelfahrtskommando gleicht.

Anders als in der etwas unspektakulären Adaption der TV-Episode stimmt hier eigentlich alles. Die Geschichte ist spannend, wendungsreich und sie beinhaltet interessante Intrigen und knifflige Probleme für Kirk und Co. Darüber hinaus führt sie uns vor Augen, dass die Vulkanier im Abramsverse durchaus anderen Charakters sind, als das Volk, das man von früher kennt. Gewissermaßen ähneln sie den Vulkaniern zu Archers Zeiten, bloß dass die völlige Hinwendung zur Logik und Friedfertigkeit, wie sie in den folgenden hundert Jahren stattgefunden hat, hier wohl durch die Zerstörung von Vulkan einen herben Dämpfer erlitten hat. Auch nett: Man lernt die normalen Romulaner des Abramsverse etwas besser kennen, die erfreulich machtbewusst und intrigant auftreten, ohne jedoch simple Bösewichte zu sein.

Visuell weiß der Comic einmal mehr zu gefallen. Die Panels mögen nicht spektakulär detailreich sein, aber man erkennt die Figuren gut wieder und die Zurückhaltung im Design wie auch die Farbpalette passen gut zu den Kinofilmen, sodass die Atmosphäre stimmt.

Fazit: Der zweite Comic-Ausflug in die Zeit nach dem ersten „Star Trek“-Kinofilm von J. J. Abrams weiß besser zu gefallen als der erste. Die Adaption der TV-Serienepisode setzt eigene Akzente mit der Fokussierung auf die Beziehung zwischen Jim Kirk und seinem Bruder, das gänzlich neue Abenteuer erfreut durch seine enge Anbindung an den Kinofilm und einen interessanten Konflikt. Ein schönes Tie-In-Produkt, das bewegte und unbewegte Bilder im Abramsverse enger verbindet.


Star Trek – Die neue Zeit 2
Comic
Mike Johnson, Joe Corroney, Joe Phillips
Cross Cult 2013
ISBN: 978-3-942649-35-3
112 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,80

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