Star Trek – Deep Space Nine 8.05: Mission Gamma 1: Zwielicht

Das Leben auf der Raumstation Deep Space Nine hat sich nach dem Krieg gegen das Dominion und dem Verschwinden Benjamin Siskos halbwegs normalisiert, da stehen die nächsten großen Aufgaben für die Besatzung an: Stationskommandeurin Kira Nerys ist dabei in erster Linie als Politikerin gefordert, denn auf DS9 sollen die wichtigsten Verhandlungen über die Zukunft Bajors stattfinden. Commander Vaughn und Ezri Dax stehen dagegen vor ganz anderen Herausforderungen: Eine weitreichende Forschungsmission führt die Defiant tief in die unbekannten Weiten des Gamma-Quadranten.

von Henning Mützlitz

 

Inhalt

Die Geduld von Colonel Kira wird auf eine harte Probe gestellt: Unter Leitung des undurchschaubaren Sternenflotten-Admirals Akaar muss sie die Station auf das Gipfeltreffen zwischen den hochrangigen Vertretern des Föderationsrats und den bajoranischen Spitzenpolitikern vorbereiten. Nicht nur die Sicherheitsfragen und die persönlichen Befindlichkeiten der Teilnehmer, auch die Tatsache, dass der bajoranische Premierminister Shakaar ihr ehemaliger Liebhaber ist, stellen die ehemalige Widerstandskämpferin auf eine harte Probe. Ohne sich durch die Auseinandersetzungen mit Akaar aus der Bahn werfen zu lassen und ihr eigenes Gespür für das Schicksal ihres Volkes oder das Erbe Benjamin Siskos aus den Augen zu verlieren, muss sie sich der Aufgabe stellen.

Der stellvertretende Stationskommandeur Elias Vaughn bereitet die Defiant zusammen mit Lieutenant Dax und Doktor Bashir auf ihre große Mission auf der anderen Seite des Wurmlochs vor. Zusammen mit Chefingenieur Nog bringen sie das kleine – eigentlich in erster Linie für den Kampf ausgelegte Schiff – auf Vordermann und rüsten es zu Forschungszwecken um. Die Vorfreude auf die Rückkehr zum ursprünglichen Auftrag der Sternenflotte – dem Erforschen und Kennenlernen neuer Welten und Zivilisationen – wird dabei durch zwischenmenschliche Probleme getrübt: Vaughn hat mit der nicht aufgearbeiteten Beziehung zu seiner Tochter Prynn zu kämpfen, die die Mission als Steuerfrau begleitet, während Bashir und Ezri versuchen, einen Ausgleich zwischen ihrem Verhältnis als Beziehungspartner und Führungsoffiziere zu finden.

Barkeeper Quark plagen indes ganz andere Probleme: Sollte Bajor der Föderation beitreten, würde sich auch das Wirtschaftssystem auf dem Promenadendeck grundlegend ändern, denn aus der ehemaligen cardassianischen Erzverarbeitungsstation würde ein vollwertiger Föderationsstützpunkt werden – und das Geld zum Bezahlen von Gütern kurzerhand abgeschafft! Quark sieht seinen Bankrott nahen. Deprimiert vertraut er sich der von ihm verehrten Sicherheitschefin Ro Laren an und stellt zu seiner großen Freude fest, dass seine anfänglich infantile Zuneigung von der unnahbaren Bajoranerin zunehmend erwidert wird ...

Meinung

Mit der „Mission Gamma“ kehrt die Besatzung von Deep Space Nine nach Jahren des Krieges gegen das Dominion wieder zu einer ihrer grundlegenden Aufgaben zurück: Das Erforschen und Kennenlernen des unbekannten Raums jenseits des bajoranischen Wurmlochs wird in insgesamt vier Bänden der Buchreihe im Vordergrund stehen – zwar kein „Fünf-Jahres-Auftrag“ wie einst unter Captain Kirk, aber dennoch etwas, was einem solchen im komplexen Beziehungsgeflecht des ausgehenden 24. Jahrhunderts durchaus nahekommt. Dementsprechend groß ist die Vorfreude des kommandierenden Offiziers Elias Vaughn, der als altgedienter Recke sowohl die großen Zeiten des Forschens als auch die entbehrungsreichen Kriegsjahre der Föderation mit allen Facetten erlebt hat. Für andere Besatzungsmitglieder, wie beispielsweise den jungen Chefingenieur Nog, ist dies die erste Reise dieser Art, der Enthusiasmus dementsprechend ähnlich groß.

Die Erstbegegnung mit dem Volk der Vahni entpuppt sich nach anfänglichen Erfolgen jedoch als schwierig: Während sich die Besatzung der Defiant auf dem Planeten aufhält, ereignet sich eine Katastrophe, von der zunächst nicht klar ist, welchen Ursprungs diese ist. Vaughn, seine Tochter Prynn und der andorianische Fähnrich ch’Thane werden auf dem Planeten von der Defiant abgeschnitten. Während Prynn mit dem verletzten Andorianer bei ihrem zerstörten Shuttle ausharrt, versucht Vaughn, sich durch die Wildnis zu schlagen und Kontakt mit der Defiant herzustellen. Dabei wird der Leser (zu) ausführlich mit dem Seelenleben des alten Commanders konfrontiert, was diesen Teil der Handlung unnötig in die Länge zieht.

Der zweite wichtige Handlungsbogen spielt auf der Station und greift die bereits in der TV-Serie entwickelte Thematik eines Beitritts Bajors zur Vereinigten Föderation der Planeten auf. Seinerzeit war eben jener Beitritt kurz vor Vertragsunterzeichnung gescheitert, nachdem die „Propheten“ (die Wurmlochwesen, die die Bajoraner als Götter verehren) Captain Sisko gewarnt hatten, dass Bajor noch nicht bereit für diesen großen Schritt in seiner vieltausendjährigen Kulturgeschichte sei. Neben den politischen Implikationen wird hier vor allem Wert darauf gelegt, Kiras Gefühlsleben zu erkunden, die zwischen der Hoffnung auf eine größere Zukunft nach den Leiden der cardassianischen Besatzung und der Angst vor dem Verlust der bajoranischen Identität hin- und hergerissen ist.

Allgemein benötigt die Handlung etwas, um in die Gänge zu kommen, denn anfänglich wird vom Autor viel Wert auf einen Einblick in die Sorgen und Probleme der Haupt- und Nebenprotagonisten gelegt. Einerseits entsteht dadurch eine recht gelungene Atmosphäre der Alltäglichkeit und Vorfreude auf die kommenden Ereignisse, andererseits verlangt dieses ausufernde „Vorgeplänkel“ dem Leser doch einige Geduld ab. Zunächst erscheinen die aufkommenden politischen Entwicklungen und Konflikte, mit denen Kira zu tun hat, als wesentlich interessanter, erst mit dem sich überschlagenden Ereignissen auf der Mission der Defiant fiebert man auch mit deren Besatzung mit. Dennoch erscheint es ein wenig, als lese man zwei Bücher gleichzeitig, deren Handlungen nicht miteinander in Bezug stehen und die nebeneinander herlaufen. Vielleicht wäre es dabei besser gewesen, beide voneinander zu trennen und statt eines 500-Seiten-Wälzers zwei dünnere Bände mit Fokus auf ihren jeweiligen Kernhandlungen zu entwickeln.

Aus diesem Grund ist man in der Bewertung des Romans durchaus zwiegespalten: Die politischen Entwicklungen werden vor dem Hintergrund der „DS9“-Historie glaubhaft eingeflochten und weitergesponnen, wenngleich sich dies alles vielleicht etwas zu rasch vollzieht. Aber: Historische Meilensteine erfordern mutige Entscheidungen und analog zu irdischen Umbrüchen erscheint es logisch, dass das Fenster für einen Beitritt Bajors zur Föderation vor dem Hintergrund aller Interessensgruppen des Planeten selten so weit offen gestanden hat. Leider bleibt Kira in diesem Rahmen nur eine Randfigur, mit der zusammen der Leser über die sich anbahnenden Ereignisse reflektieren kann.

Zur Ausstattung

In Bezug auf die Covergestaltung, Layout und Verarbeitung des Taschenbuchs gibt es keine Beanstandungen. Cross Cult setzt das sich über alle Bände der Reihe erstreckende „Gruppenbild“ der Protagonisten fort. Auch ein kleines Nachwort mit Hintergrundinformationen zu den Mächten des Alpha- und Gamma-Quadranten ist erfreulicherweise wieder mit enthalten.

Fazit: „Zwielicht“ ist ein ziemlich dicker Brocken – und das nicht nur, was die Seitenzahl anbelangt. Inhaltlich steht man an einem Wendepunkt, dem zu Recht viel Raum gegeben wird. Die Action im Auftaktband der vierbändigen „Mission Gamma“-Reihe ordnet sich deshalb auch deutlicher der Charakterzeichnung unter als in den vorherigen Bänden. Dies ufert mitunter aber zu sehr aus und verlangt vom Leser Ausdauer – und dennoch macht der etwas schwerfällig Beginn Lust auf die weiteren Bände der „Mission Gamma“.


Star Trek – Deep Space Nine 8.05: Mission Gamma 1: Zwielicht
Film/Serien-Roman
David R. George III.
Cross Cult 2010
ISBN: 9783941248557
587 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 14,00

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