von Frank Stein
Die Ausgangslage erinnert zunächst einmal sicher nicht ohne Grund an die Ereignisse des ersten „Star Trek“-Films unter der Regie von J.J. Abrams. Spock hat Albträume von der Zerstörung Vulkans. Innerlich ringt er dabei nicht nur mit dem erlittenen Verlust, sondern scheint sich auch zu fragen, ob Logik oder seine Gefühle ihn geleitet haben und weiterhin leiten – das klassische Dilemma des Halbvulkaniers. Kirk nervt derweil ein paar Zimmer weiter die Einsamkeit, die mit dem Kommandostuhl einhergeht. Seine „Gespräche“ mit dem Bordcomputer sind auch nicht unbedingt dazu angetan, seine Laune zu bessern.
Beide haben zum Glück bald wieder genug Gelegenheit, sich stattdessen auf externe Probleme zu konzentrieren. Eine Routineuntersuchung des Klasse-M-Planeten Phaedus, der eigentlich von einer Prä-Warp-Zivilisation bewohnt sein sollte, ergibt zu aller Überraschung, dass die Einheimischen auf einmal mit Strahlengewehren aufeinander schießen und die Enterprise zudem durch irgendein Störfeld behelligt wird. Ein Besuch auf dem Planeten sorgt für ein unerwartetes Treffen mit einer als tot geltenden Sternenflotten-Legende. Und je länger sich Kirk und Spock mit den Vorgängen auf Phaedus beschäftigen, desto undurchsichtiger werden die Hintergründe des Ganzen.
Man muss den Autoren Roberto Orci und Mike Johnson Respekt zollen. Dieser Band macht eigentlich alles gut und richtig. Die Geschichte beginnt scheinbar banal, doch dann wird man von Seite zu Seite tiefer in ein Netz aus Intrigen gezogen, dass einem gerade im letzten Drittel alle Sicherheiten nimmt. Was geschieht auf Phaedus tatsächlich? Oder anders gefragt: Für welche geheimen politischen Spannungen und Entwicklungen steht der Planet sozusagen symbolisch? Haben Kirk und Spock in dem ehemaligen Sternenflottencaptain nun eine mitleidvolle Seele gefunden, einen eiskalten Irren, ein geheimes Werkzeug fragwürdiger Kreise innerhalb der Föderation oder gar einen Rebellen gegen diese schattenhaft bleibenden Hintermänner eines Konflikts, der sich vage abzuzeichnen beginnt? Am Ende bleiben mehr Fragen, als Antworten. Aber das soll ja so sein. Die Antworten wird dann hoffentlich der Kinofilm geben.
Kenner der Materie freuen sich zudem über einen besonderen Gastauftritt. Eine schmierige Persönlichkeit, mit der Kirk auch in der ursprünglichen TV-Serie seinen Ärger hatte, gibt hier seinen Einstand – allerdings auf großartige Weise neu interpretiert. Und auch die Klingonen sind diesmal mit von der Partie.
Auch visuell darf der Comic als gelungen bezeichnet werden. David Messinas Figuren sind gut zu erkennen und der Detailgrad der Hintergründe geht ebenfalls absolut in Ordnung. Opulent mag die Bildgestaltung zugegeben nicht sein. Aber sie passt gut zu der von J.J. Abrams eingeführten Optik, was nicht zuletzt der fast vollständig auf Grün verzichtenden Farbpalette und den immer wieder eingestreuten Lens Flares geschuldet ist, für die Claudia Scarletgothica als Verantwortliche für die Farben gesorgt hat.
Fazit: „Countdown to Darkness“ ist ein unterhaltsamer „Star Trek“-Comic, der vor allem in der zweiten Hälfte den Leser zum Spekulieren einlädt, was genau in der Föderation eigentlich gerade am Laufen ist – und welche Aspekte der Geschichte schließlich Bedeutung für den Film haben. Cumberbatchs Bösewicht kommt zwar nur im letzten Panel (und das auch nur von hinten gezeigt) vor, aber der tiefer reichende Konflikt, der hier angedeutet wird, dürfte für „Into Darkness“ eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Also: Lesen! Und dann ab ins Kino.
Star Trek: Countdown to Darkness
Comic
Roberto Orci, Mike Johnson, David Messina, Claudia Scarletgothica
Cross Cult 2013
ISBN: 978-3-86425-175-7
104 S., Softcover/Hardcover, deutsch
Preis: EUR 14,80/19,80
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