Star Trek CCG: What You Leave Behind

Ein Franchise ist im Wandel – und noch weiß niemand, wohin sein Weg führt. In Amerika wird unter der Regie von J. J. Abrahams der elfte „Star Trek“-Film gedreht, Kirk, Spock und Co in jungen Jahren. Gleichzeitig gibt die Computerspieleschmiede P2 Entertainment die Entwicklung von „Star Trek Online“ auf, womit das Schicksal eines der heißesten neuen MMORPGs nun in den Sternen steht. Und auch Decipher hat den Schlusspunkt gesetzt: Ungeachtet meiner Prophezeiung in der letzten Rezension, dem „Star Trek“-CCG stünde noch eine strahlende Zukunft bevor, liegt nun plötzlich die letzte Erweiterung vor. Es ist immerhin die 14. und sie trägt den passenden Titel „What You Leave Behind“.

von Bernd Perplies

 

Ich fühle mich ein wenig, als würde ich den Nachruf auf einen guten Freund schreiben. Zu Zeiten der „First Edition“ war ich noch ganz dem „Star Wars“-CCG von Decipher verfallen und habe dementsprechend wenig von der Entwicklung mitbekommen. Die „Second Edition“ hingegen habe ich vom ersten Set an mitverfolgt. Ich habe die Höhen und Tiefen miterlebt, habe mich geärgert, als ich kein „Necessary Evil“-Display mehr abbekam, war begeistert von der wunderschönen „Tenth Anniversary Collection“, habe mit Magengrimmen die schlechte Druckqualität von „To Boldly Go“ und „Dangerous Missions“ im dunklen Jahr 2005 zur Kenntnis genommen, nur um in Jubel auszubrechen, als Decipher mit „These Are the Voyages“ zu alter Größe zurückgefunden hatte. Und jetzt, zwei Sets später, ist alles vorbei. What You Leave Behind? Einen trauernden Sammler und Spieler.

Aber werfen wir einen Blick auf das neue Set, das vielleicht das verführte Ende einer Produktlinie sein mag, aber keineswegs das Ende allen Spielspaßes, den man mit dem „Star Trek“-CCG haben kann. Die Erweiterung umfasst 122 Karten (41 Commons, 41 Uncommons, 40 Rares) und wird in 30-Booster-Displays zu 11 Karten (1 Rare, 3 Uncommons, 7 Commons) verkauft. Erneut gibt es ein 18-Karten-Foil-Subset, wobei etwa alle 8 Booster eine Foil-Karte die normale Rare ersetzt. Archive Portrait Cards finden sich in „What You Leave Behind“ nicht mehr. Das Mischungsverhältnis in meinem Display war ziemlich gut: Nur eine einzige Rare-Karte wurde doppelt gezogen und bis auf zwei Uncommons konnte sowohl ein Common- als auch ein Uncommon-Kartenset komplettiert werden.

Die Qualität der Karten ist durch die Bank sehr ordentlich. Der Druck ist kräftig und von guter Farbigkeit. Gelegentlich mag mal der eine oder andere Bildausschnitt in Schwarzflächen versinken, aber gerade die Raumschiff-Karten sehen so scharf aus, dass man sich an ihnen gar nicht satt sehen kann. Und die Foils toppen diesmal alles, was mir beim „Star Trek“-CCG je untergekommen ist. Da schlägt das Sammlerherz wahrlich höher. Und auf dem Spieltisch ist für optische Abwechslung gesorgt.

  Inhaltlich verfolgt „What You Leave Behind“ keine so deutliche Thematik wie die Erweiterungen zuvor, die uns etwa die Crew der klassischen „Enterprise“ („These Are The Voyages“) oder das Spiegeluniversum („In a Mirror Darkly“) brachten. Stattdessen bietet das Set einen Rundumschlag, von allem ein bisschen, und versteht sich damit als runder Abschluss des „Star Trek“-CCG. Entsprechend findet sich gerade bei den Schiffen und dem Personal eine bunte Mischung aus spannenden neuen Gesichtern, die einem bislang noch fehlten, und alten Bekannten – mitunter im neuen Gewand.

Vor allem Freunde von Raumschiffen dürften feuchte Augen bekommen, denn wir haben es in diesem Set mit gleich elf Premieren zu tun (von zwölf Schiffen). Neben der „U.S.S. Pasteur“, passend der letzten Episode der TNG-Serie entnommen, kann man die „Kronos One“, die „U.S.S. Reliant“ aus „Der Zorn des Khan“ und die „I.K.S. Qel’Poh – H.M.S. Bounty“ aus „Auf der Suche nach Mr. Spock“ in den Einsatz schicken. Mein persönlicher Favorit ist indes die „U.S.S. Prometheus“, ein Experimentalschiff der Föderation. Drei der Schiffe, die Reliant, Qel’Poh und Prometheus, sind dabei in zweifacher Affiliation-Ausfertigung im Set und spiegeln die wechselnden Besitzverhältnisse innerhalb der jeweiligen Geschichten wider.

Das Personal ist einmal mehr recht föderationslastig (13 Karten), derweil allen anderen Affiliations im Schnitt drei neue Gesichter gegönnt wurden. Auch hier erfreuen gleich mehrere Karten das Sammler- und Spielerherz. So wurden auch Beverly Crusher, Data, Geordi und Worf der finalen TNG-Episode „Gestern, Heute, Morgen“ entnommen. Außerdem geben Sarek und Clark Terrell, der Captain der „Reliant“, ihr Debüt. Und schließlich kehrt „Mot, The Barber“ zurück, das humorvolle Barbier-Hologramm der „Enterprise-D“, der vor mehr als 13 Jahren im Premiere-Set der „First Edition“ die Erfolgsgeschichte des „Star Trek“-CCG mit einläutete. Um noch ein bisschen Name-Dropping zu betreibten: Mit Chang, Gorkon, Nanclus und Soval dürfen sich auch andere Affiliations über namhaften Personalzuwachs freuen. Eine nette kleine Sub-Affiliation findet sich bei den Non-Aligned: Der orionische Sklavenhänder „Harrad-Sar“ kommt samt Schiff und vier sexy Damen ins Spiel, die zudem als „Thiefs“ ihr Unwesen treiben können.

  Bei den Missions fällt auf, dass etliche von ihnen Zusatzpunkte bieten, wenn gewisse Bedingungen erfüllt sind. So gewährt die neue Neutral-Zone-Mission „Patrol Neutral Zone“ 5 Extrapunkte für jede eigene Neutral-Zone-Mission, an der der Gegner kein Schiff hat. Und der „Rise Shore Leave“ gibt 5 Punkte pro Away-Team-Mitglied, das einer anderen Spezies angehört. Mehrere Karten beziehen sich auf Missionen, die mehr als 40 Punkte wert sind, und belohnen das erfolgreiche Bewältigen – Spieler sollen damit wieder auf die echten Herausforderungen angesetzt werden. Der Xindi-Handlungsbogen der dritten Staffel von „Enterprise“, der es leider nicht mehr ins „Star Trek“-CCG geschafft hat (großer Seufzer), wird übrigens lakonisch mit der Mission „Elimate Sphere Network“ abgeschlossen.

Ein neues Keyword hat es auch in die letzte Erweiterung noch geschafft: Persistent. Dilemmas, die dieses Keyword aufweisen, können vom Besitzer nach der Erfüllung einer Mission durch den Gegner wieder zurück in den Dilemma-Stapel gesteckt werden. Der Preis dafür ist eine Karte, die von der Hand abgeworfen werden muss. Zwar existieren nur fünf genuine Persistent Dilemmas, aber das Event „Ghost Stories“ erlaubt es, jedes beliebige nicht-duale Dilemma „persistent“ zu machen. Das dürfte einigen hässlichen Spielstrategien Tür und Tor öffnen.

Fazit: Das letzte Set des „Star Trek“-CCG verabschiedet eines der langlebigsten und erfolgreichsten Spiele des Sammelkartenmarkts mit einem qualitativen Höhepunkt. Coole neue Schiffe, eine ganze Reihe schicker Charaktere, ein sanftes Wiederbeleben so mancher alter Spielstrategie und überall kleine Gags für Fans der ersten Stunde – mehr kann man sich eigentlich kaum wünschen (außer einer 15. Erweiterung). Die wird möglicherweise tatsächlich kommen, wenngleich in anderer Form als sonst. Denn wie schon bei dem „Star Wars“-CCG hat sich nach dem Einstellen der Produktion durch Decipher ein „STCCG Continuing Committee“ aus altgedienten Spielern gegründet, die zukünftig Virtual Cards produzieren wollen, also vor allem neue Kartentexte für alte, nur selten verwendete Karten (ganz neues Artwork ist aus rechtlichen Gründen nicht erlaubt). What You Leave Behind? Hoffentlich eine lebendige Community, die mit den Hunderten von Spielkarten noch viele Jahre ihre Freude hat. In diesem Sinne: Warp Acht. Und: Energie!

Star Trek CCG: What You Leave Behind Sammelkarten-Erweiterungsset Decipher 2008 ISBN: 1-58236-097-9 122 Karten, englisch Preis: ca. EUR 3,00 (Booster) bei tradingcard-shop.de bestellen

Links:

 

www.trekcc.org

www.decipher.com