Stätten okkulter Geheimnisse – Die Magierakademien Aventuriens – Band III

Nach den bereits erschienen Bänden „Hallen arkaner Macht“ und „Horte magischen Wissens“ schließt der dritte Band die Beschreibung der Magierakademien Aventuriens ab. Dabei handelt es sich um den düstersten Band der Reihe, wie auch der Bandredakteur Franz Janson betont, denn hier finden sich gleich mehrere schwarzmagische Schulen und Lehrmeister sowie ganz dunkle Lehranstalten aus den „Schwarzen Landen“. Und so finden sich erneut unzählige Informationen zu Ausbildung, Geheimnissen und bekannten Personen sowie Bodenpläne, um das Spiel an diesen Orten zu erleichtern.

von Ansgar Imme

Der erste Band „Hallen arkaner Macht“ war ein Experiment und eine Idee Uli Lindners, der einige Überzeugungsarbeit brauchte, um den Verlag seiner Idee folgen zu lassen. Denn es wird ja schon seit Jahren dem führenden deutschen Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ – nicht ganz zu Unrecht – nachgesagt, dass es zu detailliert wäre und jede Blume und jeden Baum beschreibt. Doch am Ende konnte Lindner sich mit seinem Vorschlag einer Beschreibung der Magierakademien durchsetzen – mit riesigem Erfolg. Die Spieler und durchgängig alle Rezensionen waren voller positiver Rückmeldungen. Und so folgten auch Band 2 und nach dem Redaktionswechsel jetzt unter anderer Regie Band 3 mit den restlichen Akademien. Franz Janson und Alex Spohr haben dabei das altbewährte Muster der vorherigen beiden Bände beibehalten. Einzig die zusätzliche Aufnahme etlicher privater Lehrmeister (da sonst der Band sehr dünn geworden wäre) ist als richtige Neuerung zu verzeichnen.

Layout, Aufmachung, Illustrationen

Nach dem eher dünnen zweiten Band zeigt sich der Verlag Ulisses Spiele hier wieder großzügiger: 208 klein bedruckte Seiten inklusive des bereits nach Band 1 geforderten Indexes (der hier beiliegende gilt für alle drei Bände) laden zum Schmökern ein. Jede Akademie ist mit einem Bodenplan in Schwarz-Weiß oder Grau versehen worden, wenngleich es sich leider wie bisher überwiegend um reine eckige Bodenpläne ohne Rauminhalte oder ähnliches handelt. Ein Nachreichen dieser Pläne aus allen drei Bänden als PDF Dokument wäre ein lobenswerter Schritt des Verlages, denn so bleibt dem Spielleiter nur ein Kopieren aus dem Band.

Das Layout bleibt den hohen Standards vergangener Bände und Spielhilfen treu, bei dem die normalen Fließtexte durch grau hinterlegte Kästen mit Hintergrundtexten oder vertiefenden Informationen ergänzt werden. Dabei wird auch wieder nur die bekannte Gliederung auf zwei Ebenen im Inhaltsverzeichnis genutzt, sodass die einzelnen Lehrmeister gar nicht genannt werden, sondern umständlich über den Index herausgesucht werden müssen.

Die Illustrationen und das Layout sind wieder sehr gut: Man findet keine alte Illustrationen, nur neue und vor allem passende, gute Bilder. Wie schon bei den Vorgängerbänden bildet das Titelbild des Bandes dagegen keine echte Magierakademie Aventuriens ab. Mit einer (wie in vielen Fantasy-Veröffentlichungen üblich) knapp bekleideten Frau auf einem dämonischen Flugtier wird eher dem dunklen Hintergrund der meisten enthaltenen Akademien Rechnung getragen. Schön wäre noch gewesen, wenn von jeder Spektabilität ein Bild enthalten gewesen wäre. Und bei den Lehrmeistern wäre der eine oder andere Bodenplan der Behausung, die sich durchaus unterscheiden kann, noch eine gute Ergänzung gewesen.

Der Inhalt

Nach einem kurzen Vorwort und einer knappen Einleitung zu Abkürzungen, verwiesenen anderen Spielhilfen und dem Aufbau der Abschnitte der einzelnen Akademien (Historie, Ausstattung, Bibliothek, Leben an der Akademie, bekannte und wichtige Personen sowie Abenteuer an der Akademie und Heldenkontakt) folgt eine schöne Kartenübersicht Aventuriens, auf der alle Akademien mit Angabe des Bandes und Seitenzahl, in dem sie erschienen sind, und der Ausrichtung der Magie (Gilde) verzeichnet sind.

Die nächsten rund 145 Seiten sind den verbliebenen und bisher nicht veröffentlichten Akademien gewidmet, wobei auch auf einige ehemalige Magierakademien eingegangen wird („Schule der Schmerzen zu Elburum“ und „Bannakademie Ysilia“). Es beginnt mit der von vielen Spieler lange erwarteten „Halle der Erleuchtung zu Al’Anfa“, in der es vor Intrigen nur so wimmelt und in der sich jeder selbst der Nächste zu sein scheint. Es folgt mit der „Halle des vollendeten Kampfes zu Bethana“ eine der Vorzeigeakademien schlechthin (die speziell von Spielern aufgrund der Spezialisierung auf Kampfzauber gerne gewählt wird). Die Ausrichtung ist sehr philosophisch, und die Eleven werden auch in vielen nicht magisch relevanten Tätigkeiten unterrichtet, wobei vor allem die körperliche Ausbildung nicht zu kurz kommt.

„Die Schule der Schmerzen zu Elburum“ existiert hingegen nur kurz in den Dunklen Zeiten lange vor der heutigen Zeit und für wenige Jahre in der jüngeren Vergangenheit. Hier herrschte grenzenloser Forscherdrang, bei dem der menschliche Körper vor allem unter dem Schwerpunkt der Schmerzen betrachtet wurde. Mit diesem schwarzmagischen Gedanken will „Die Halle der Antimagie zu Kuslik“ nichts zu tun haben. Als Ausbildungsstätte vor allem adliger Sprösslinge werden die künftigen Leibwächter des horasischen Hochadels ausgebildet. Dem entgegen steht die wiederum schwarzmagisch geprägte „Halle der Macht zu Lowangen“, die unter dem grausamen Kaiser Perval vor etwa hundert Jahren in Greifenfurt gegründet wurde, um skrupellose Magier ausbilden zu lassen. Zwei Gegensätze bieten auch die beiden folgenden Akademien: Während in Mendena unter dem Heptarchen Haffax Kampfmagier zur Unterstützung der Truppen des Heeres ausgebildet werden, widmet man sich in der „Halle des Lebens zu Norburg“ der profanen und magischen Heilung und Genesung von Körper und Geist mit besonderer Spezialisierung auf das Brauen von Tränken und Elixieren zur Unterstützung der Heilkräfte.

Die größte und berühmteste Magierakademie des Kontinents wurde dem letzten Band vorbehalten: Die Puniner „Akademie der Hohen Magie (und Arkanes Institut)“ gibt es bereits seit über 1600 Jahren. Sämtliche Bereiche der Hohen Magie wie Beschwörung, Herbeirufung, Hellsicht und die schwer zu meisternde Metamagie werden gelehrt. Im Mittelreich ebenso sehr angesehen ist das „Informations-Institut zu Rommilys“, dessen Abgänger in anderen Ländern durchaus berüchtigt sind, da diese doch als magische Spitzel des Mittelreichs eingesetzt werden. Vollkommen anders stellt sich hingegen die Situation an der „Schule des Wandelbaren zu Tuzak“ dar, wo die maraskanische Kultur auch nicht Halt vor der magischen Ausbildung gemacht hat. Hier findet man erstklassige Gestaltwandler, die bisweilen allerdings skurril und exotisch sind. Der Band schließt mit dem adligen Gegenstück zu Norburg, der „Anatomischen Akademie zu Vinsalt“ sowie den beiden Akademien von Ysilia ab: die „Bannakademie“ vor dem Fall und die „Heptagonakademie zu Yol-Ghurmak“ nach dem Fall der Stadt zu Zeiten der Schattenlande, welche die finsterste Magie der aventurischen Lande lehrt, dämonische Umtriebe als normal betrachtet und bei der Menschenleben nichts wert sind.

Im zweiten kleineren Teil des Bandes mit 40 Seiten werden die magischen Lehrmeister genauer beleuchtet. Zwar gab es in „Wege der Helden“ und „Wege der Zauberei“ schon Abschnitte zu diesem Thema, aber hier werden diese noch einmal detaillierter betrachtet. Es wird erklärt, was ein magischer Lehrmeister genau ist, welche magierechtlichen Vorgaben beachtet werden müssen, wie sich der Lehrmeister seinen Unterhalt verdient, wo beziehungsweise wie er wohnt und lebt und vor allem, wie die Ausbildung bei ihm verläuft und sich diese von den Magierakademien unterscheidet. Dazu werden sowohl neue Lehrmeister vorgestellt als auch „alte“ bereits erschienene Lehrmeister neu aufbereitet. Fast die Hälfte stammt dabei aus dem dunkelgrauen bis schwarzmagischen Spektrum und erstreckt sich von Deveron Elgarstyn (Ausbildung magischer Schattenkämpfer) über den Beschwörerkreis des Karasuk (Nekromantische Lehrmeister der Schattenlande), Khelbara ay Barburia (schwarze Heilkunst), den tulamidischen Magokraten Rafim ibn Rizwan (dämonische Beschwörung) bis zur Chimärenmeisterin Sefira Alchadid. Aus dem grauen und weißen Spektrum der Gildenmagie erwarten den Leser Kiranya von Kutaki (Metamagie), der Kreis der nördlichen Einfühlung in den Salamandersteinen (Verständigung, Elfen und Menschen), das skurrile Magier- und Köche-/Konditiorenpaar Luminoff und Morcalino (Erstellung kulinarischer Köstlichkeiten mittels Magie), geheime Quabalyim-Sekten aus Aranien, der Weißmagier Septimo Sargentillian (Glas-/Kristallerschaffer und Illusionsspezialist), die Schiffsmagierin Sevastana Gevendar sowie Xaviera Karsidian (Artefaktmagierin und Expertin magischer Ritualgegenstände).

Der Band wird mit einem Regelteil abgeschlossen, der Werte zu den neuen Lehrmeister und Akademien liefert, die bisher nicht in den Regelbänden erschienen sind. Dazu schließt sich der erwähnte Index an, der Stichworte zu allen drei Bänden der Magierakademien auflistet.

Bewertung

Nach dem vor allem aufgrund des Umfangs von nur 160 Seiten und dem damit verbundenen schlechteren Preis-Leistungsverhältnis des zweiten Bandes bekommt der Leser hier wieder mehr für sein Geld. Grundsätzlich setzt sich die hohe inhaltliche Qualität der beiden ersten Bände fort, allerdings sind in diesem Band – gefühlt – doch mehr Aussetzer und Widersprüche zum Hintergrund enthalten als in den beiden Vorbänden. Speziell Al’Anfa, welche bei vielen Spielern sehr beliebt ist und lange erwartet wurde, enttäuscht als Auftakt doch ungemein, da die Akademie unprofessionell und nicht der großen mächtigen Stadt entsprechend wirkt. Wird sie in zwei anderen Spielhilfen zur Zauberei und der Stadt selbst noch als Kaderschmiede der Stadt und für die Granden sowie wichtige Akademie der Schwarzen Gilde beschrieben, hat man nach der hiesigen Lektüre den Eindruck, dass nur Intrigen der Hauptinhalt der Magister und der Zöglinge sind und einzig Geld und Bestechung einen voranbringen.

Und so wie Al’Anfa komplett inkompetent wirkt, bietet die zweite Akademie des Bandes aus Bethana das komplette Gegenteil, die nahezu perfekt wirkt. Dazu kommen bei anderen Akademien Fehler zu Setzungen des Hintergrunds, die vielleicht nicht jedem Gelegenheitsspieler auffallen. Dies deutet auf Fehler bei der Recherche hin, so sind einige Lehrmeister wesentlich zu jung, obwohl andere Publikationen hier klare Vorgaben geben. Dafür gibt es mit den beiden schwarzen Akademien in Lowangen und Mendena auch absolut positive Überraschungen, die sehr atmosphärisch beschrieben sind, tolle Pläne der Gebäude, spannende Hintergründe und interessante Personen sowie Geheimnisse und Abenteuerideen aufweisen. Und auch Yol-Ghurmak ist so seltsam und eigentümlich und damit ein echter Lichtblick (auch wenn man dieses Wort an gerade dieser Akademie bestimmt nicht gerne hört). Allerdings ist die Spielbarkeit von Charakteren dieser Akademie als auch Abenteuer dort durch die Gefahren schon sehr eingeschränkt.

Die Lehrmeister stellen noch einmal eine Aufwertung des Bandes da. Ohne diese wäre der letzte Band gegenüber den Vorgänger abgefallen. Allein die allgemeinen Informationen sind bereits sehr hilfreich und hätten ruhig noch etwas ausführlicher sein können. Bei den Lehrmeistern selbst sind nach Geschmack des Rezensenten zu viele schwarze oder sehr dunkle Lehrmeister enthalten. Diese sind eher als Abenteueraufhänger als unbedingt als echte Lehrmeister für Spielercharaktere denkbar. Man hat hier zudem den Eindruck, dass besondere extravagante und spezielle Lehrmeister die vorhandenen Seiten füllen soll(t)en (gilt auch für die ansonsten exzellenten und einfach mal anderen Koch-Konditor-Magier aus Belhanka). Hier wären noch ein bis drei graue oder weiße Magier mit „normalen“ Spezialgebieten, aber kleinen Besonderheiten eine gute Ergänzung gewesen. Insgesamt weiß aber vor allem dieser Bereich sehr zu überzeugen und bietet viele schöne Ideen für Abenteuer oder Szenarien.

Eine kleine Anekdote zum Schluss: Das Exemplar, das der Rezensent erhielt, war ein Fehldruck beziehungsweise eine Fehlheftung. Der komplette Band war falsch herum in den Außenband geklebt/geheftet worden. Dies führte zu irritierten Blicken von Familienmitgliedern an den Weihnachtsfeiertagen, da der Rezensent anscheinend auf dem Kopf las. Nach fast 25 Jahren Lektüre von „DSA“-Veröffentlichungen kann der Rezensent endlich auch auf ein besonderes Exemplar zurückblicken.

Fazit: Mit dem exzellenten ersten Band kann der dritte und letzte Band zwar nicht mithalten, aber immer noch bietet sich eine schöne und bunte Mischung mit vielen Abenteuerideen und Hintergrundinformationen (nicht nur für Magierspieler), die auch Spieler anderer Systeme schnell nutzen können. Vor allem die Lehrmeister sind ein echter Höhepunkt! Das Preis-Leistungsverhältnis ist dabei vollkommen in Ordnung, sodass einem Kauf nichts im Wege steht!


Stätten okkulter Geheimnisse – Die Magierakademien Aventuriens – Band III
Quellenbuch
Franz Janson, Alex Spohr (Hrsg.)
Ulisses Spiele 2012
ISBN: 3868892419
208 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 30,00

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