Splitterdämmerung 5: Träume von Tod

Am Todeswall, der Grenze zwischen Mittelreich und den Heptarchenlanden, sammeln sich immer wieder Truppen, die in das Feindesland vorstoßen. Die Golgariten aus der angrenzenden Rabenmark müssen sich immer wieder Angriffen ihres Gründers und Verräters Lucadus von Kémet zur Wehr setzen. Doch es scheint die Zeit gekommen, das Land aus den Klauen des Thargunitoth-Paktierers zu befreien und eine sehr alte Prophezeiung zu erfüllen. Aber auch der ehemalige Großmeister schmiedet seine Pläne zur Vernichtung des Ordens ...

von Ansgar Imme

Nur gut einen Monat nach der Veröffentlichung des vierten Bandes „Schleierfall“ des Zyklus zur „Splitterdämmerung“ erscheint mit „Träume von Tod“ bereits der nächste Teil, der sich ebenso den Hinterlassenschaften der Heptarchen widmet und der weiteren Entwicklung eines Teil der Schwarzen Lande widmet. Dieses Abenteuer handelt dabei nicht von einem der namensgebenden Splitter, sondern bereitet (wie auch schon das Abenteuer „Schleiertanz“ zu „Schleierfall“) das Folgeabenteuer „Seelenernte“ gewissermaßen vor.

Die beiden Autorinnen Anni Dürr und Nicole Euler sind eher unbeleckt im „DSA“-Universum und wurden gleich mit einem wichtigen Abenteuer des Spielystems betreut. Die beiden gehören zu den „Alveraniaren“ (die „DSA“-Betreuer auf Conventions) und haben bisher vor allem am „Aventurischen Boten“, den beiden „DSA“-Jahrbüchern und an „Alveranier“-Abenteuern mitgearbeitet.

Handlungsüberblick

Die Handlung erstreckt sich grob über drei Teile, an deren Enden jeweils ein Erfolg für Golgariten stehen kann. Da diese endlich zum Schlag gegen den Erzfeind Lucardus von Kémet ausholen wollen, werden die Helden zunächst damit beauftragt, den Todeswall an den Grenze von Rabenmark zu den Schwarzen Landen zu erforschen und einen Weg zu finden, diesen zu befrieden. So soll das Heer der Golgariten bis Altzoll ziehen können, wo Lucardus seine Macht ausübt. Sie entdecken, dass der Wall von einer bisher unbekannten Macht kontrolliert wird und deswegen so schwer zu erstürmen ist und zudem aus diesem Grund auch immer wieder rückerobert wird. Die Vernichtung dieses Gegners und Erstürmung mit Hilfe der Golgariten steht als zentrale Aufgabe, was zu einer dauerhaften Garnison des Ordens am Wall führt.

Im zweiten Teil stoßen Helden weit in der Hinterland östlich des Walls vor und kommen mit feindlich und freundlich gesinnten Dörfern und Mächtegruppen in Kontakt. Hier können die Helden einerseits Hindernisse für das Heer wie Feindesgruppen beseitigen oder verjagen, aber auch Kontakte knüpfen, die als Unterstützung beim Angriff auf Altzoll fungieren können, oder Lebensmittel und Ausrüstung gewinnen. An der Stadt schließlich angekommen, haben die Helden die Möglichkeit, erste Nachforschungen zu unternehmen, um Lücken in der Verteidigung zu entdecken oder in der Stadt ansässige Unterstützer zu werben, damit Altzoll mit möglichst wenig Verlusten erobert werden kann.

Im letzten Abschnitt haben die Helden zunächst weiter in Altzoll, aber auch in der Rabenmark zu tun und müssen erkennen, dass der Orden der Golgariten sehr zerstritten ist und verschiedene Strömungen existieren, die unterschiedliche Ziele verfolgen. Sie erfahren, dass die sogenannte „Tränenlose“ irgendwo in den Landen zwischen Mauer und Altzoll herumirren muss, die sie finden müssen, da sie in den Plänen des Todesgottes eine wichtige Rolle spielt. Bei ihrer Suche kommen die Helden mit weiteren Mächtegruppen um Altzoll in Kontakt, die sie – je Auftreten der Helden – später noch einmal als Verbündete oder Feinde wiedertreffen können. Zudem stellen sie fest, dass das Land selbst anscheinend mit der Eroberung Altzolls seine eigene Kraft pulsieren lässt und Pflanzen unkontrolliert und mit beängstigender Geschwindigkeit wachsen. Als die Helden herausbekommen, dass Lucardus einen Angriff auf das Erdheiligtum von Al’Zul bei Altzoll plant, müssen die Helden mit dem Herrn der Golgariten ebenso dorthin vorstoßen, um dessen Eroberung und Pervertierung der Humusmacht zu unterbinden. Bei der Konfrontation mit diesem und der heutigen Anführerin Borondria kommt es auch zur Enthüllung der Aufgabe der Tränenlosen.

Kritik: Layout, Aufbau und Inhalt

Im Gegensatz zu den bisherigen sehr umfangreichen Abenteuern der „Splitterdämmerung“ wirkt „Träume von Tod“ mit 132 Seiten fast kurz. Neben dem Einleitungskapitel mit vielen Hintergrundinformationen sind zum reinen Abenteuer auch ein Anhang von ca. 20 Seiten mit Personen und Karten enthalten, aber auch ein Ausblick, Szenariovorschläge und Geheimnisse für die neue Rabenmark. Bei den Karten kann man leider nur bedingt zufrieden sein: Die Karte des Todeswalls zeigt nur Teilausschnitte und das auch in einer unübersichtlichen Mischung aus Illustration und Karte (und überhaupt nichts unter der Erde). Dagegen liegen die Übersichtskarte der Rabenmark und der Stadt Altzoll zwar vollständig, aber nur im gröberen Maßstab vor. Das Layout entspricht vorangegangenen „DSA“-Abenteuern mit einer klaren Gliederung und zusätzlichen Hinweistexten in grau hinterlegten Boxen. Hier findet man sich schnell zurecht und wichtige Teile auch wieder. Das Cover mit einem Golgariten und der Tränenlosen mitten im Sturm des sich entfaltenden Erdheiligtums ist exzellent getroffen und gibt zudem die düstere Stimmung des Bandes gut wieder. Die Illustrationen sind weitestgehend gut gelungen, nur manche sind Ausfälle und man sieht ihnen doch deutlich die Erstellung am Computer an.

Der Aufbau ist durch einen roten Faden und logische Handlungsabläufe gekennzeichnet, der aber trotzdem viele Freiheiten abseits des Weges zulässt und eine freie Handlung ermöglicht (etwa viele verschiedene Möglichkeiten, den Wall zu erforschen, wobei nicht jede genutzt werden muss). Dabei können die Spieler auch Misserfolge haben, was ihre Aufgaben im kommenden Kapitel dann erschwert. Generell wird dabei auch immer wieder auf Alternativen in der Handlung und mögliches Verhalten von Gegnern eingegangen. Für die Spieler bietet dies unzählige Möglichkeiten und Optionen, vom Spielleiter erfordert es allerdings eine sehr gute Vorbereitung, um jederzeit entsprechend reagieren zu können. Dabei bietet es sich an, die verschiedenen Orte aus dem zweiten Part vorab auf einer Karte zu markieren und die Infos zu diesen gegebenenfalls einzeln auf Karteikarten oder ähnlichem vorliegen zu haben. An manchen Stellen des Abenteuers, vor allem aber bei der Versammlung der Golgariten, muss der Spielleiter zudem eine größere Riege an Personen mit sehr unterschiedlichen Zielen und Verhalten führen.

Inhaltlich bewegt sich das Abenteuer zwischen Epik und Bombast hin zu Kleinaufträgen, die besser zu Anfängerhelden passen und nicht zu gestandenen Recken. Auf der einen Seiten steht zum Beispiel die Erforschung des Todeswalls, wobei die Autorinnen durchaus etliche Hinweise geben, wie man die Spieler und Helden fordern kann. Leider wird überhaupt nicht auf das dem Todeswall vorgelagerte Schlachtfeld der Dämonenschlacht und dessen Gefahren eingegangen. Auf der anderen Seite stehen dann recht simple Aufträge zur Erkundung der Dörfer hinter dem Todeswall, die oft für Helden des gewünschten Formats zu einfach gehalten sind. Die Atmosphäre bei dieser Erkundung ist dagegen durchaus düster und ausgesprochen beklemmend und verdeutlicht sehr gut, wie sich das Land und die Menschen in den Jahren der Besetzung gewandelt hat. Danach wartet mit der Belagerung und Eroberung von Altzoll wieder eine sehr große Herausforderung. Ein Bruch erfolgt zudem nach den beiden ersten großen Teilen, die weitestgehend militärisch abgelaufen sind, hin zu den Ereignissen um die Golgariten, wo es um mystische Hintergründe geht. Dabei wird mit der „Tränenlosen“ zudem eine Person fast schon aus dem Hut gezaubert, deren Bedeutung für Boron und andere Todesgötter sehr wichtig ist, vorher aber maximal am Rande erwähnt wurde. Hier hätten die Autorinnen schon eher im Abenteuer sowohl den mystischen Boron-Aspekt als auch den Zwist des Golgaritenordens betonen und einbinden sollen. Dabei ist der Streit unter den Anführern und deren Beweggründe durchaus spannend und kann sogar die Heldengruppe auf unterschiedliche Seiten schlagen lassen.   

Fazit: Auch wenn es als Teil der „Splitterdämmerung“ leider nicht um einen Splitter geht, glänzt das Abenteuer durch seinen düsteren und beklemmenden Hintergrund. Den Spielern wird zudem durchgängig eine sehr offene Handlung mit vielen Freiheiten ermöglicht, und mit dem Todesgott Boron und seinem Golgaritenorden wartet zudem ein ungewohnter und seltener Hintergrund. Einzig wenn einem ein hoher militärischer Anteil und entsprechende Planungen wie auch die bedrückende Atmosphäre nicht gefallen, sollte man die Finger vom Abenteuer lassen.


Splitterdämmerung 5: Träume von Tod
Abenteuerband
Anni Dürr, Nicole Euler
Ulisses Spiele 2014
ISBN: 3957520959
132 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 22,95

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