Space Alert

Achtung, Achtung, dies ist keine Übung. Angriffe von Alienraumschiffen auf allen Terrorbahnen, und die Schutzschilde sind nicht aufgeladen. Die Raketen sind schon verschossen, aber vielleicht trifft die Laserkanone noch rechtzeitig; dafür müsste allerdings noch der Bordcomputer gewartet werden. Dumm nur, dass das Kommunikationssystem ausgefallen ist… – „Space Alert“ startet mit einem interessanten Spielprinzip ab in den Weltraum. Eine Mission dauert genau 10 Minuten, die über das Schicksal aller Spieler entscheiden. Wer überleben will, muss schnell sein!

von Lars Jeske

Briefing

Beim Thema Weltraumsimulation denkt man spätestens mit dem zweiten Gedanken an „Star Trek“. Ganz im Geiste der Philosophie von Gene Roddenberry gibt es kein Gegeneinander, sondern alle Spieler arbeiten bei „Space Alert“ kooperativ als Team zusammen. 2 bis 5 abenteuerlustige Weltraumkadetten tragen dafür Sorge, dass ihr Raumschiff die nächsten 10 Minuten nach dem Hyperraumsprung in einen nahezu unerforschten Teil der Galaxis trotz ständiger feindlicher Angriffe nicht pulverisiert wird. Denn es ist erwiesenermaßen heroischer, selbst seine Geschichte zu erzählen, als lediglich auf der Blackbox als mahnendes Beispiel des Scheiterns in späteren Geschichten oder Vorlesungen Erwähnung zu finden.

Die Crewmitglieder rennen somit durch das Raumschiff und versuchen möglichst durch verbale Kommunikation ihre einzelnen Aktionen geschickt zu koordinieren, um effizient und effektiv zu arbeiten. Vor allem unter dem gegebenen Zeitdruck ist das nicht allzu leicht.

Obwohl das Spiel für 2 bis 5 Spieler ausgelegt ist, sollte die Weltraumcrew bevorzugt aus 4 oder 5 Besatzungsmitgliedern bestehen, die im besten Fall auch noch den gleichen Wissenstand hinsichtlich „Space Alert“ haben. Durch die größere Spieleranzahl wird zwar die Kommunikation untereinander erschwert, das Spiel aber realistischer und bringt in dieser Besetzung den meisten Spaß.

Das eingangs beschriebene Szenario ist natürlich nur ein Worst Case. Bis dahin ist man gut beraten, erst einmal ein paar Trainingsmissionen und Simulationen zu genießen, um sich mit dem Schiff vertraut zu machen. Aber der Reihe nach.

Erstkontakt

Schon beim Auspacken freut sich das Spielerherz. Ein schweres Paket und bis oben hin mit einem Spielbrett, Markern, detaillierten Spielfiguren, großen und kleinen Karten, diversen Tableaus, Spielsteinen und 2 CDs randvoll gefüllt. Selbst nach dem problemlosen Herauslösen der Pappmarker passt alles gut in die Schachtel, welche über verschiedene Fächer verfügt, um auch in Zukunft alles übersichtlich zu halten. Es gibt auch keine Platzverschwendung, sodass der ökonomische Test eindeutig bestanden ist.

Die Qualität des Spielmaterials weiß auch zu überzeugen. Einzig die kleinen Spielkarten, die die Spieler benutzen, hätten laminiert sein können, da diese im Eifer des Gefechts womöglich schon einmal in Mitleidenschaft gezogen werden können und dadurch leicht knicken. Aber das ist nur ein kleines kosmetisches Manko.

Es ist zwar nicht immer so, dass sich die Einarbeitungszeit proportional zum Spielmaterial erweist, aber tendenziell stimmt das schon. Das Konvolut an Spielmaterial hier hat seinen Preis in Form von sogar zwei Spielregeln. Das Spiel ist nicht kompliziert, aber komplex, schließlich geht es um die Bedienung eines Raumschiffs. Die Einführung ins Spiel ist dem Thema jedoch überaus angemessen, denn die Regeln sind in Form einer unterhaltsamen Vorlesung „So werden Sie Weltraumforscher in sieben Lektionen“ an der Weltraumakademie aufbereitet, um gleich die richtige Atmosphäre zu erzeugen. (Das alternative zweite Regelheft gibt die Regeln schnörkellos ohne Abschweifungen wieder.)

Das klein bedruckte Heft ist zwar nur mit etwas Zeitaufwand durchzuarbeiten, jedoch sehr übersichtlich gestaltet und entsprechend farbig unterlegt, sodass man leicht zwischen Regeln, Beispielen und der Geschichte drumherum unterscheiden kann. Dennoch sollte man sich sie Zeit nehmen und alles lesen, zumal die Geschichte wirklich witzig aufgemacht ist und dadurch zum Weiterlesen anregt, sodass einem die 20 Seiten gar nicht so lang vorkommen. An sich sind die Regeln einfach, nur eben recht viele, was in der Natur der Sache begründet liegt. Nach dem Durchlesen bleiben keine Fragen offen und es kann theoretisch sofort losgespielt werden.

Das Spielprinzip

Die mir bislang unbekannte neue Idee bei „Space Alert“ ist, durch Kooperation unter realem Zeitdruck gemeinsam gegen „das Brett“ zu gewinnen. Diese Umsetzung muss nicht kompliziert sein, da es auch einfach geht, wie „Space Alert“ souverän beweist. Das Spiel ist in die Aktionsrunde und die Ausführungsrunde unterteilt. Dabei dauert die Aktionsrunde genau 10 Minuten, welche auch inhaltlich mit Hilfe der Ansagen der beigelegten CDs oder Szenariokarten genau eingehalten werden müssen. (So kein CD-Spieler vorhanden ist, muss eine Person abgestellt werden, die sich allein um die Ansagen von den Szenariokarten zum richtigen Zeitpunkt kümmert.) In dieser Phase müssen die Spieler lediglich die ihnen zur Verfügung stehenden Aktionskarten verdeckt auslegen, dürfen zur visuellen Erleichterung jedoch das Spielbrett benutzen.

In der Ausführungsrunde gilt es dann die vorher geplanten Aktionen exakt durchzuführen, also Zug um Zug auszuwerten, ob die Planung gepasst hat. Dieses dauert zumeist keine 5 Minuten. So einfach ist das.

Raumschiffinspektion

Das kompakte Raumschiff, auf welchem sich die Mannschaft ihrem Schicksal stellen muss, besteht aus 6 Räumen, 3 auf dem Oberdeck und 3 auf dem Unterdeck. Jeder dieser Räume verfügt der Einfachheit halber nur über 3 verschiedenfarbige Knöpfe (A, B und C). Diese dienen dazu das Waffensystem des Raumes zu aktivieren (A), die Energieversorgung anzukurbeln (B) oder eine Spezialaktion auszulösen (C). Dabei ist zu beachten, dass auf dem Oberdeck mit Knopf A und B nur dann die Waffe abgefeuert wird beziehungsweise das Aufladen der Schilde funktioniert, wenn die Energieversorgung entsprechend im unteren Raum sichergestellt wurde.

Die Handlungsmöglichkeiten der Besatzung sind recht einfach. Die einzigen möglichen Aktionen der Spieler sind es, sich mit Hilfe der zweigeteilten Aktionskarten entweder durch das Schiff zu bewegen oder eines der Systeme des Raumes, in dem sie stehen, zu bedienen (also Knopf A, B oder C drücken).

Da es bestenfalls 5 Spieler gibt, entsteht hier schon das erste Dilemma, und die Spieler müssen ihre Handlungen koordinieren und genau auf einander abstimmen, um sich der angreifenden Feinde zu erwehren. Als weitere Schwierigkeit kommt hinzu, dass die Aktionskarten für die verschiedenen Spielphasen verdeckt ausgeteilt werden, das heißt kein anderer weiß, was einem für Aktionen zur Verfügung stehen und vermutlich kann auch nicht jeder alle gewünschten Aktionen ausführen. Unter dem bestehenden Zeitdruck sind dann natürlich kleine oder große Katastrophen nahezu unvermeidlich.

Da dieses neue Spielprinzip anfänglich ganz schön verwirrend sein kann, gibt es die gelungen umgesetzte Idee der Simulationen und Trainingseinheiten, um in das neue Spielssystem einzusteigen und sich nach und nach an die Mechanismen zu gewöhnen und zu erkennen, wie man am besten zusammenarbeiten kann. Je besser man das Spielprinzip verinnerlicht, umso einfacher und zeitlich unkritischer werden die richtigen Missionen ablaufen. Denn die richtigen Missionen sind ungleich schwieriger zu meistern. Es ist also schon etwas Einarbeitungszeit in das Spiel nötig, aber mit der richtigen Crew lohnt es sich ohne Zweifel.

Dark Side of the Moon

Der Nachteil des Spieles ist, dass man es immer mit den gleichen Leuten spielen sollte, da anderenfalls die Einarbeitungszeit erneut anfällt. Generell besteht bei „Space Alert“ eine verhältnismäßig hohe zeitliche Anfangshürde, somit ist es eher ein Spiel für ein Wochenende, also ein Tag Training und am zweiten Tag die richtigen Missionen. Wenn man das Spiel jedoch erst einmal durchdrungen hat, dann ist man schnell vom Weltraumfieber gepackt und will sofort die nächste Mission spielen, um noch optimierter zu arbeiten. Da in den echten Missionen viele zufällige Komponenten verankert sind, ist auch für hinreichend Abwechslung gesorgt und keine Mission gleich einer anderen.

Eine weitere Eigenheit von „Space Alert“ ist das sehr hohe Spieltempo. In den 10 Minuten der Aktionsrunde läuft alles relativ hektisch ab. Somit ist das Spiel nicht für jeden Spielertyp geeignet. Denker und sorgsame Planer sind hier fehl am Platze.

Fazit: Im Weltraum hört dich niemand schreien, an Bord des Raumschiffs gibt es hingegen ein wildes kommunikatives Tohuwabohu. Freunde gepflegter klassischer Strategiespiele sollten erst einmal einen Blick auf dieses Spielprinzip werfen, da es vielleicht zu viel Kommunikation verlangt und sehr schnelle Entscheidungen voraussetzt. Eine klasse Idee finde ich die Möglichkeit, über die CDs das Spiel zu steuern, was zugleich die Atmosphäre intensiviert. Nicht zu Unrecht hat Czech Games Edition (CGE) für dieses überaus interessante Spiel den Kritikerpreis „Spiel des Jahres –Sonderpreis Neue Spielwelten 2009“ erhalten. „Space Alert“ ist ein spielenswerter Mix aus Kommunikations-, Strategie- und Zeitbegrenzungsspiel geworden, welches mit der richtigen Raumschiffcrew lang anhaltenden Spaß bietet – garantiert länger als die 10 Minuten pro Mission.


Space Alert
Brettspiel für 2 bis 5 Spieler ab 12 Jahren
Vlaada Chvátil
CGE Czech Games Edition / Heidelberger Spieleverlag 2008
EAN: 4015566030152
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 39,99

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