von Nicolas Hohmann
Auf dem Cover prangt ein großer schwarzer Riese mit feuerrotem Haar und verspricht schon einmal Action. Auch der Rest des Buches ist mal wieder hervorragend aufgemacht. Coverbild und Innenillustrationen sind von sehr guter Qualität und die im Text verstreuten Karten sehen phantastisch aus und helfen, den Ort zu visualisieren. Wie bei jeder „Eberron“-Publikation werden die einzelnen Kapitel mit einer ganzen Seite im Comic-Stil eingeleitet. Dies gehört für mich mittlerweile einfach dazu, denn die kurzen Panels wirken manchmal inspirierender für ein Abenteuer als ein Stück Text. Insgesamt 160 Seiten soll der Band umfassen – zieht man allerdings die letzten drei Seiten, die mit Werbung belegt sind, ab und bedenkt man, dass der eigentliche Text erst mit Seite 7 beginnt, so bleiben 150 Seiten für den mysteriösen und faszinierenden Kontinent übrig. Für meinen Geschmack etwas zu wenig.
Dabei will das Quellenbuch keine akribische Beschreibung Xen’Driks nach geographischen Regionen liefern, sondern den Spielleiter eher mit einem generellen Eindruck des Kontinentes und der Abenteuer, die man darauf erleben kann, zurücklassen. Dieses Konzept, die Tatsachen vage zu halten und nicht allzu viel Konkretes zu liefern, ist immer ein zweischneidiges Schwert. Zum einen wird man als Erzähler mit sehr vielen Ideen und Inspirationen versorgt, die es einem wirklich leicht machen, eine Kampagne zu leiten. Auf der anderen Seite haben vage Informationen stets so einen faden Beigeschmack und die Autoren müssen Acht geben, nicht ins Triviale abzugleiten. Diese Gratwanderung ist im Fall von „Secrets of Xen’Drik“ zum Großteil gelungen.
Auf den 150 Seiten findet man schon allerhand Material, wobei ich mir sicher bin, dass es noch gut möglich gewesen wäre, weitere 70 Seiten zu füllen, ohne dass es langweilig oder redundant geworden wäre. Zunächst beschäftigt sich das Buch also mit der Überfahrt von Khorvaire nach Xen’Drik. Dies ist von verschiedenen Städten der Südküste aus möglich. Der Anlaufpunkt für Reisende nach Xen’Drik ist Stormreach, eine Stadt voller Abenteurer, Gelehrter und Ausgestoßener und letzte Bastion der Zivilisation vor den Dschungeln Xen’Driks. Eine weitere Stadt wird beschrieben, nämlich Dar’Quat, eine Frontstadt der sinistren Quori.
Anschließend werden dem Erzähler in „Adventure Sites“ 13 verschiedene Lokalitäten serviert, die man irgendwo auf dem Kontinent ansiedeln kann. Das Spektrum reicht dabei von alten Häfen, über antike und verlorene Städte der Riesen, bis zu einem riesigen Bienenstock. Von den Ideen her sind die Orte sehr gut, nur leider hatte ich bei dem einen oder anderen Abschnitt das Gefühl, dass man sich aufgrund des geringen Seitenkontingents von der Textmenge her begrenzen musste.
Ein Kapitel liefert dem Erzähler Begegnungen in Form einer kurzen Beschreibung der Leute und dann einem langen Werteblocks. Das Kapitel lässt Kreativität missen, und von den neuen Monstern sind auch nur der „Quoricraft Warforged“ und die „Alchemy Beetles“ wirklich interessant. Positiv hervorheben möchte ich hier allerdings nochmal die neue Präsentationsweise von Monstern. Denn man gibt sich große Mühe, nicht nur Werte zu liefern, sondern auch eine Menge Informationen über das Rundherum sowie eine Tabelle mit Wissen, das die Spieler bei einem erfolgreichen Wissenwurf über die Kreatur haben können.
Ein weiteres großes Kapitel in dem Buch nennt sich „Adventures in Xen’Drik“. Hier werden einem, wie zuvor mit den „Adventure Sites“, Abenteuerideen, die grob auf ein bis zwei Seiten ausgearbeitet sind, geliefert. Die genaue Ausführung bleibt dem Erzähler überlassen, und man wird noch ein paar Stunden an Arbeit in jede Geschichte investieren müssen, bevor sie de lege artis spielbar wird. Einige der Geschichten und Handlungsstränge sind gut, andere wiederum eher langweilig. Alles in allem ist das Kapitel eher durchmischt, man bekommt ein paar weitere Ideen, was man auf Xen’Drik so machen kann. Mehrere der Abenteuer gehören zu einem Handlungsbogen, der sich „Destiny Arms“ nennt; ich hätte lieber diesen ausgebaut gesehen, statt viele halbgare Stücke vorgesetzt zu bekommen.
Das letzte Kapitel nennt sich „Xen’Drik Unveiled“ und befasst sich mit den neuen magischen Gegenständen und Prestigeklassen des Bandes. Mittlerweile handelt es sich dabei allerdings nicht mehr um eine reine Auflistungen von Werten und Fähigkeiten, sondern die Macher geben, insbesondere bei „Eberron“, den Regeln durchaus auch storytechnischen Nährwert. So werden die Prestigeklassen mit detaillierten Rollenbeschreibungen versehen und die Artefakte und Gegenstände mit etwas Geschichte. Und gerade ein Quellenbuch über Xen’Drik ist doch dazu verpflichtet, Artefakte und Schätze zu enthalten. Das Kapitel ist eine Freude: Die Artefakte eignen sich sehr gut dafür, dass man eine Kampagne um sie herum strickt, und aus dem „Dungeon Master’s Guide II“ wurde das Konzept magischer Orte übernommen, die einfach perfekt in die Atmosphäre einer Schatzjägerkampagne und des Kontinents passen.
Fazit: Meinem persönlichen Geschmack nach hätten einige der gelieferten Informationen konkreter sein können, aber es handelt sich bei „Secrets of Xen’Drik“ trotzdem um ein sehr gutes Quellenbuch. Sicherlich muss man es nicht haben, aber es ist doch zweifelsohne eines der ersten Bücher, die ich mir nach dem „Eberron“-Kampagnenband selbst zulegen würde. Die Rolle Xen’Driks, wie sie schon im Kampagnenband, im „Explorer’s Handbook“ und der Abenteuertrilogie um die Schemata angedeutet wird, ist für Eberron und seinen typischen Flair einfach zu tragend. Außerdem handelt es sich um unterhaltsame Lektüre und eine Inspiration für Kampagnen zugleich. Eine klare Kaufempfehlung für alle „Eberron“-Erzähler.
Secrets of Xen’Drik
Quellenbuch
Keith Baker, Jason Bulmahn, Amber Scott
Wizards of the Coast 2006
ISBN: 0786939168
160 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 29,95
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