Schwarzer Kreuzzug – Grundregeln

Das 41. Jahrtausend ist ein grimmiger und finsterer Ort. Das gigantische Imperium der Menschheit kämpft an zahllosen Fronten einen verzweifelten Überlebenskampf – gegen außerirdische Rassen, gegen Aufständische und Aufwiegler und auch gegen die vielgestaltigen Mächte des Chaos. Drei Rollenspiele sind bislang in deutscher Sprache in dieser finsteren Zukunft erschienen: „Schattenjäger“, „Freihändler“ und „Deathwatch“. In all diesen Spielen stehen die Charaktere auf Seiten des Imperiums. „Schwarzer Kreuzzug“, der jüngste Spross der „Warhammer 40.000“-Rollenspiele, kehrt den Spieß um und ermöglicht den Spielern, auf der Seite der Bösen gegen das Imperium zu kämpfen.

von  André Frenzer

Einen wahrhaft schwergewichtigen Wälzer legt der Heidelberger Spieleverlag mit „Schwarzer Kreuzzug“ vor: Stolze 448 vollfarbige Seiten nimmt das Grundregelwerk in Anspruch. Das Buch unterteilt sich dabei in zwölf Kapitel und eine Einleitung, deren Inhalt im Folgenden einer näheren Erläuterung bedarf.

Inhalt

In der Einleitung wird dem Spieler das Reich des Chaos, der Warp, nähergebracht und er erfährt einiges über die vier großen Chaosmächte, die es im „Warhammer“-Setting gibt: Khorne, den Gott der Schlacht, Nurgle, Herr über Tod und Verfall, Tzeentch, listenreicher Herrscher über das Schicksal, und Slaanesh, den Dämonenprinzen der dunklen Gelüste. Ein stimmungsvoller Einstieg. Es folgt Kapitel 1: Das Spiel. Hier werden auf erfreulich wenigen Seiten die Grundregeln des Spiels erklärt. Ein Charakter setzt sich aus Grundwerten, Talenten, Fertigkeiten und Eigenschaften zusammen. Als Regelmechanismus wird ein eingängiges Prozentsystem verwendet. Den größten Teil des Kapitels nehmen Regeln für Bewegung, Ausdauer und andere simulative Regeln ein.

Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Charaktererschaffung. Acht Archetypen stehen zur Auswahl – vom Chaos-Space-Marine bis zum menschlichen Psioniker. Was auf den ersten Blick nach wenig Auswahlmöglichkeiten klingt, wird durch die schiere Menge an Fertigkeiten, Talenten oder Eigenschaften mehr als wett gemacht: So sind wirklich sehr individuelle Charaktere möglich. Kapitel 3 und 4 beschäftigen sich passenderweise dann auch gleich mit der umfangreichen Beschreibung der zur Verfügung stehenden Fertigkeiten, Talenten und Eigenschaften.

Kapitel 5 beleuchtet die zur Verfügung stehende Ausrüstung. Neben den obligatorischen Waffen, finden sich hier auch einige technische Schmankerl, Drogen, bionische Implantate, Energieschilde und Rüstungen. Regeln zur Erschaffung eigener Dämonenwaffen runden das Kapitel ab. In Kapitel 6 werden Regeln für Psikräfte, das „Warhammer 40.000“-Äquivalent zu magischen Fertigkeiten, vorgestellt sowie eine umfangreiche Liste zur Verfügung stehender Psikräfte geboten. Der Einsatz dieser Kräfte zieht gerne die Neugier von Dämonen auf sich, sodass auch Zufallstabellen mit „Gefahren des Warp“ in diesem Kapitel zu finden sind.

Das erwartungsgemäß umfangreiche Kapitel 7 beinhaltet die Kampfregeln – und es gibt wirklich eine Menge Möglichkeiten, um dem Gegner auf unangenehme Weise weh zu tun. Kapitel 8 schließlich beschäftigt sich mit der Rolle des Spielleiters, hilft ihm, seine Kampagne zu strukturieren, gibt Ratschläge zum Einsatz von NSC und bietet auch Hilfestellung bei der Frage nach der richtigen Belohnung. Außerdem werden ein paar weitere Sonderregeln eingeführt.

Kapitel 9 behandelt schließlich eine echte Besonderheit von „Schwarzer Kreuzzug“: die Infamie. Die Charaktere sammeln während ihrer Karriere im Dienst der dunklen Götter sogenannte Infamiepunkte. Ab einer gewissen Grenze sind sie derart berüchtigt und in der Gunst der Götter gestiegen, dass sie die Chance erhalten, zum Dämonenprinzen aufzusteigen – oder gar einen eigenen schwarzen Kreuzzug gegen das verhasste Imperium zu führen. Alle nötigen Regeln finden sich in diesem Kapitel. Im 10. Kapitel wird der Hintergrund von „Warhammer 40.000“ vorgestellt – in Anbetracht der Tatsache, dass das Universum im Rahmen des Tabletop-Spiels bereits seit Jahrzehnten wächst, kann hier aber nur an der Oberfläche gekratzt werden. Nichtsdestotrotz finden sich viele hilfreiche und stimmungsvolle Informationen in diesem Kapitel.

Um Antagonisten, also Nichtspielercharaktere, dreht sich das 11. Kapitel. Hier findet der Spielleiter weitere Sonderregeln zum Einsatz von Gegenspielern und gleich eine bunte Palette möglicher Gegner – vom loyalen Space Marine bis zur außerirdischen Tötungsmaschine bietet der Band ein breites Spektrum an. Einige dieser Gegner tauchen auch gleich im zwölften und letzten Kapitel auf: Mit „Falsche Propheten“ findet sich ein 23-seitiges Einsteigerszenario am Ende des Bandes wieder. Es stellt den Spielleiter gleich vor viele Herausforderungen – von dem genauen Studium der Hintergrundgeschichte der Charaktere angefangen bis zum mit viel Fingerspitzengefühl vorzunehmenden Einsatz der Gegenspieler – und lässt sich handlungstechnisch auch auf ein paar wenige Kämpfer zusammenstreichen. Es bietet aber dennoch ein schönes erstes Gefühl für die chaotischen Umstände, die die Charaktere in ihrer Karriere erwarten werden.

Aufmachung

Das Regelwerk ist als stabiler Hardcoverband angelegt und durchgängig farbig gehalten. Das Layout wird dabei von einem breiten Zierrahmen bestimmt, der jede Seite umrahmt. Prinzipiell bin ich kein großer Freund dieser Rahmen, hier jedoch transportiert er hervorragend die zu vermittelnde Stimmung des Spiels. „Schwarzer Kreuzzug“ ist darüber hinaus wirklich reichhaltig illustriert. Die Bandbreite reicht dabei von kleinen Verzierungen und Symbolen bis zu pompösen Panoramabildern ganzer Sternensysteme. Die verwendeten Illustrationen bewegen sich dabei allesamt auf einem angenehm hohen Niveau.

Die verwendeten Schriftarten sind allesamt gut lesbar, das Schriftbild klar und deutlich. Zahlreiche Textkästen mit konkretisierenden Beispielen oder zusätzlichen Hintergrundinformationen sorgen für eine angenehme Lektüre. Der ganze Text zeigt sich darüber hinaus erfreulich gut lektoriert. Layout und Aufmachung erhalten damit von mir eine gute Note, auch, wenn ich mir bei der Masse verfügbarer Informationen gerne ein oder zwei Lesebändchen gewünscht hätte. Immerhin tröstet ein umfangreicher Index über das Fehlen der Lesehilfen hinweg.

Kritik

Handwerklich liegt mit „Schwarzer Kreuzzug“ ein wirklich toll gemachter Band vor: Die Regeln sind stimmig und leicht zu merken und der Umfang von Kapiteln wie Ausrüstung oder zu den Psikräften ist angenehm groß. Es ist wirklich alles Nötige vorhanden, um tief in die Spielwelt einzutauchen. Auch der Hintergrund weiß zu gefallen, ist vielschichtig und stimmig. Der große Wermutstropfen: Bei „Schwarzer Kreuzzug“ übernehmen die Spieler die Rolle der wirklich bösen Jungs. Sie sind keine gemarterten Seelen, die versuchen ihre Menschlichkeit zu bewahren. Sie opfern bereitwillig ganze Planeten ihren finsteren Göttern, um Ruhm und Macht anzuhäufen. Die Gefahr, eine Kampagne in eine dumpfe Orgie der Gewalt abdriften zu lassen, ist da durchaus gegeben, auch wenn das Regelwerk einige Vorschläge macht, wie ein Spielleiter das unterbinden kann. Ein Ausflug auf diese finstere Seite des „Warhammer“-Universums mag sicher amüsant sein. Ich bezweifele jedoch, dass „Schwarzer Kreuzzug“ einen hohen Wiederspiel-Wert hat.

Fazit: Ein schwergewichtiger Hardcoverband in opulenter Optik. Die Regeln sind eingängig, wenn auch sehr simulationistisch. Wer ein kampfbetontes Rollenspiel in einer wirklich düster gezeichneten Zukunft sucht, wird hier sicherlich fündig, muss sich jedoch im Klaren sein, dass für seine Gruppe in diesem Spiel keine der üblichen Moralvorstellungen gelten. Nicht zuletzt als Ergänzung für die anderen „Warhammer 40.000“-Rollenspiele ist „Schwarzer Kreuzzug“ zu empfehlen.


Schwarzer Kreuzzug – Grundregeln
Grundregelwerk
Sam Stewart
Heidelberger Spieleverlag 2013
ISBN: 978-3-942857-12-3
448 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 49,95

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