Schloss Strobanoff

Wer in einer Reihe mit dem Schwertmeister Raidri Conchobair und Erzmagus Rakorium Muntagonus genannt wird, muss ein weitgereister und bekannter Abenteurer sein – und ein solcher war Iljan Strobanoff. Doch leider ist er verstorben, und sein Schloss gilt vielen im Bornland als verflucht und geheimnisvoll. Aber sollen hier nicht auch die vielen Schätze seines langen Abenteurerlebens versteckt sein? Und gibt es wirklich einen Fluch, oder ist dies nur Gerede? Nicht nur die Helden, sondern auch andere Schatzsucher machen sich auf den Weg, um dies zu ergründen.

von Ansgar Imme

Neben den „großen“ Abenteuern rund um die „Splitterdämmerung“ hatte der Ulisses Verlag auch Platz im Verlagsprogramm für das erste Abenteuer von Lars Heitmann und Oliver Overheu geschaffen, die im „DSA“-Universum als Autoren bisher überhaupt nicht in Erscheinung getreten waren.

Handlungsüberblick

Die Helden erfahren vom gespenstischen Schloss des verstorbenen Abenteurers Iljan Strobanoff und werden entweder selbst aktiv und begeben sich auf die Suche oder werden von einer Mächtegruppe (Magier, Draconiter, angeblicher Erbe, andere Glücksritter) angeheuert, die auch an dem Nachlass des Schlossherrn interessiert ist. Doch der genaue Ort des Schlosses ist vielen gar nicht mehr bekannt, und zudem gilt der verlassene Landsitz als verflucht, sodass die Helden zunächst in der Capitale Festum Nachforschungen anstellen (müssen). Hier gilt es, die genaue Lage und möglichst viele Hintergründe zu ermitteln, aber auch passende Ausrüstung zusammenzustellen. Gleichzeitig können sie auch bereits auf andere Mächtegruppen treffen und mit diesen in Konflikt geraten, da diese ebenfalls das Schloss als Ziel auserkoren haben und ebenso Informationen sammeln.

Mit mehr oder weniger ausreichenden Informationen ausgestattet begeben sich die Helden auf die Reise ins tiefbornische Hinterland nördlich von Pervin und gar nicht weit entfernt vom Totenmoor. Während die Reise weitestgehend ereignislos verläuft, treffen die Helden (und die gegebenenfalls mitreisenden Auftraggeber) bereits am Schloss auf den einen oder anderen Gegner, der auch das Gebäude erforschen will.

Neben der Konfrontation mit den Draconitern, den Magiern oder dem Erbe mit seinem Gefolge können die Helden auch mit hier lebenden Goblins und einem naturbeherrschenden Druiden der Umgebung in Kontakt kommen, was die Erforschung des Geländes wie auch des Schlosses erschwert. Dazu gilt es, den angeblichen Gefahren auf den Grund zu gehen und nicht gleich im wahrsten Sinne mit der Tür ins Haus zu fallen. Die Untersuchungen offen mit oder im Verborgenen ohne die anderen Parteien zeigen, dass das Haus noch recht gut erhalten ist. Doch schon die ersten Schritte offenbaren, dass der ehemalige Schlossherr einige Rätsel für neugierige Schatzsuche hinterlassen hat. Die Helden finden Hinweise auf ein Geheimnis und können mit den Lösungen einen weiteren verschlüsselten Text lösen, der deutlich sichtbar in der Eingangshalle zu finden ist. Dieses ermöglicht ihnen den Zugang zu geheimen Gängen und einer Schatzkammer, wo ein unerwarteter Schatz und ein gefährlicher Gegner warten.

Kritik: Layout, Aufbau und Inhalt

Für ein Einzelabenteuer ist „Schloss Strobanoff“ mit 130 Seiten recht umfangreich – allerdings sind auch fast sechzig Seiten Anhänge mit sehr genauen Personen- und Artefaktbeschreibungen sowie Hintergrundinformationen enthalten. Dazu kommen noch etwa zwanzig Seiten Beschreibung des Schlosses mit allen Räumen und Geheimnissen, die als Teil des Abenteuers aufgeführt sind. Da das Abenteuer aber weniger durch einen fortlaufenden Handlungsfaden gekennzeichnet ist, sondern weitestgehend als „Sandbox“ daherkommt und Personen und Ort bereitstellt, ist dies auch in Ordnung.

Das Layout entspricht dem üblichen Stil der „DSA“-Abenteuer, mit einer klaren Gliederung und zusätzlichen Hinweistexten in grau hinterlegten Boxen. Das Cover zeigt den vermeintlichen Erben Ugo Strobanoff im Kampf mit einer Draconiterin in der Eingangshalle und ist recht gut gelungen – im Gegensatz zu den Illustrationen, denen man fast durchgängig die Erstellung am Computer anmerkt und die einen Hauch von Comic-Stil versprühen.

Ein leidiges und sich wiederholendes Thema ist der Punkt Karten. Zum Schloss selbst und dem Gelände drumherum sind ordentliche Karten enthalten, zu den nicht unwichtigen Katakomben wird dagegen mal wieder auf die Fantasie des Spielleiters verwiesen. Gerade das Gewölbe stellt einen wichtigen Schauplatz und sollte nicht als zusätzliche Arbeit in die Hände des Spielleiters gegeben werden, der sich bereits so genug Gedanken machen muss. Dies führt gleich zu einem weiteren Kritikpunkt: Auch wenn das Abenteuer ein offenes Szenario mit Ort und Personen bereitstellt, wäre ein beispielhafter Zeitablauf mit den Handlungen der anderen Parteien sehr hilfreich gewesen.

Lobenswerterweise wird dagegen aber auf die Ziele der Parteien eingegangen, wie auch auf die Frage, mit wem sie ein Bündnis eingehen würden. Gerade die Parteien sind mit Motivation, Zielen, Handlungsmöglichkeiten recht gut beschrieben, sodass ein erfahrener Spielleiter hieraus zusammen mit der Ortsbeschreibung spannende Spielabende schaffen kann. Noch besser wäre übrigens die Einbindung von Parteien mit einer persönlichen Beziehung zu dem verstorbenen Abenteurer Strobanoff gewesen, etwa eine Liebhaberin, der wirkliche Erbe oder auch ehemalige Konkurrenten. Dies hätte dem gesamten noch ein wenig mehr Würze gegeben. Hier ist es überlegenswert, dies gegebenenfalls bei den bestehenden Gruppen einzubauen, da so das Interesse der Parteien auch die persönliche Einbindung erhält.

Während das Abenteuer in der offenen Modularität und den umfassenden und guten Charakterbeschreibungen glänzt und auch das Schloss weitgehend gut beschrieben ist, hakt es etwas bei den Rätseln und vor allem beim Gewölbe beziehungsweise den Fallen. Der Rätselpfad ist zum Teil schwer zu finden und auch nicht leicht zu entziffern beziehungsweise zu lösen. Selbst ohne die Gegner, die einem auch noch Teile entwenden oder vor einem finden können, wäre dies schon ausreichend schwer genug und würde genügend Gruppen ohne Lösung verharren lassen. Hier wird der Spielleiter über Bündnisse und/oder viele zusätzliche Hinweise oder Proben Hilfestellungen geben müssen.

Ist dies alles noch verschmerzbar, stellen die Katakomben und die dort verborgenen Fallen eine wirkliche Enttäuschung dar. Während am Anfang des Abenteuers noch von innovativen Fallen und kreativen Ideen des Schlossherrn gesprochen wird, entpuppen sich die Fallen als eine Kopie – Anleihe kann man es leider nicht mehr nennen – aus „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“, die „aventurisiert“ wurden. Nicht nur dass viele Spieler bereits die Lösung kennen werden, sodass die Fallen keine große Herausforderung darstellen, auch die Beschränkung auf diese drei Fallen ist nicht sonderlich kreativ, wo man aufgrund der Versprechungen mehr erwartet hätte (und als Autor auch hätte glänzen können).

Fazit: Das Abenteuer bietet eine gute Grundidee, die offen und modular den Spielern hohe Entfaltungsmöglichkeiten bietet und im Gegensatz zu den meisten anderen Abenteuern auch alle Lösungen zulässt inklusive des Scheiterns. Vor allem Spieler, die Sandbox-artige Abenteuer mögen, werden sich hier wohl fühlen. Fehlende Karten, wenig kreative Fallen und fehlende Angaben zum Zeitabablauf beziehungsweise zum Verhalten des anderen Parteien trüben den guten Gesamteindruck ein wenig – trotzdem werden hier viele Gruppen ihren Spaß und an den Herausforderungen sowie Rätseln zu knabbern haben.

Schloss Strobanoff (DSA-Abenteuer Nr. 207)
Abenteuerband
Lars Heitmann, Oliver Overheu
Ulisses Spiele 2014
ISBN: 3957521718
128 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 22,95

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