Saga – Zwei

Die Flucht von Alana und Marko, den zwei Soldaten der verfeindeten Völker von Landfall und Ranke, geht weiter. Gerade sind sie dem Planeten Kluft in einem Baumschiff entkommen, doch ihre Häscher sind ihnen bereits auf der Spur. Zu allem Überfluss tauchen auch noch Markos Eltern auf, kampferprobte Veteranen, die ihre ganz eigene Meinung zu dieser Beziehung haben. Und eine rachsüchtige Ex von Marko. Die Space-Soap-Opera nimmt ihren Lauf.

von Bernd Perplies

 

Das Cover des zweiten Bands von Brian K. Vaughans und Fiona Staples’ Geschichte einer jungen Familie, die gegen alle Widerstände ihr Glück sucht, lässt Blutrünstiges erahnen. Umso erstaunlicher, dass es im Innenteil fast zivilisiert zugeht. Zugegeben: Wir lernen ein gewaltigen und gänzlich (!) nackten Zyklopen kennen, erleben den Kopfgeldjäger Der Wille in Aktion und müssen zusehen, wie eine süße, mausartige Medizinstudentin explodiert. Aber im Kern herrscht eher Gefühl als Gewalt vor.

Band 2 beginnt, wie Band 1 geendet hat. Nach erfolgreicher Flucht von Ranke, sehen sich Marko und seine Frau Alana plötzlich Markos Eltern gegenüber, die ihnen mithilfe hochentwickelter Teleporthelme quer durchs All gefolgt sind, um nach ihrem Sohn zu suchen. Die beiden Veteranen des Kampfs zwischen dem Planeten Landfall und seinem Mond Ranke staunen nicht schlecht über Markos Frau und die gemeinsame Tochter Hazel. Doch bevor es zur Aussprache kommen kann, reißt Marko einen der Helme an sich und stürzt los, um Izabel zu retten, den Geist einer Teenagerin, der den jungen Eltern als Babysitter diente, bevor Markos Mutter ihn im Affekt per Zauber auf eine nahe Welt gebannt hat.

Unterdessen versucht sich der Kopfgeldjäger Der Wille erfolglos davon zu erholen, dass seine geliebte Konkurrentin Die Pirsch umgebracht worden ist. Erst als eine rachsüchtige Ex von Marko bei ihm auftaucht und ihm neuen Antrieb verleiht, nimmt er die Spur der Geflohenen wieder auf. Dann wäre da noch Prinz Robot IV, der auf seiner Jagd eher den literarischen Ansatz verfolgt. Und schließlich lernt Alana in Markos Vater einen Mann kennen, der für einige Überraschungen gut ist. Zu all dem fügen sich einige Rückblicke in die Vergangenheit von Alana und Marko, die den Figuren etwas mehr Hintergrund verleihen und verraten, wie es zur Liebe zwischen zwei Feinden kam.

Liebe, Sehnsucht, der Wunsch nach Harmonie, die Trauer um Verlorenes und dazwischen eine Menge eigenwilliger Ideen, die zusammen ein phantasievolles, postmodern anmutendes Märchen-Universum ergeben: Diese Zutaten prägen den zweiten Band von „Saga“. Dadurch entsteht eine Geschichte, die eher Charakterstudie als Pulp-Movie, eher Liebesroman als Actionfilm ist. Und in der nicht viel passiert. Bei aller Freude über das farbenprächtige Geschehen, das sich auf den Seiten entfaltet, fragt man sich doch, wohin das Ganze führen soll. Denn unterm Strich hat sich die Lage am Cliffhanger-Ende des Comic-Bandes für die Protagonisten kaum verändert.

In einem Pressezitat auf der Rückseite des Comics wird „Saga“ mit „Star Wars“ verglichen (und für besser als befunden). Meiner Meinung nach ist das großer Unsinn, der beim Käufer nur zu Enttäuschung führen kann. „Star Wars“ ist ein gigantisches Universum und in letzter Zeit einem Kriegsepos viel näher als einer Familiengeschichte. „Saga“ dagegen kommt als kleine, sehr persönliche Erzählung daher, ein Independent-Science-Fiction-Kammerspiel mit gelegentlich teuren Spezialeffekten, wenn man so will. Im kompletten zweiten Band treten jedoch nur eine Handvoll Figuren auf und vom Krieg wird lediglich geredet. Wer also auch nur annähernd eine Geschichte wie „Star Wars“ erwartet, wird sich verwundert die Augen reiben. „Romeo & Julia“ trifft „Flash Gordon“ – das wäre es wohl eher.

Der Comic kommt – für Cross Cult so typisch – im schönen Hardcover daher, und neben der Geschichte findet sich noch ein kleines, von Christian Endres geschriebenes Porträt von Brian K. Vaughan sowie ein paar Illustrationen als Bonusmaterial am Schluss. Apropos Illustrationen: Fiona Staples überzeugt auch diesmal mit gekonnt geführtem Zeichenstift. Kantige Figuren, die sich durch weich gezeichnetes Ambiente bewegen, verleihen ihrem Stil etwas ganz Eigenes. Hässliche Aliens hat sie ebenso im Griff wie ihre hübsche Protagonistin Alana. Erfreulich ist auch die Konsistenz ihres Zeichnens: Die Figuren sind immer gut unterscheidbar, die Qualität der Bilder schwankt nicht etwa in Panorama-Shots und Nahaufnahmen (ein Manko, das man bei manchem Comic beobachtet).

Fazit: „Saga“ ist und bleibt eine spannende Geschichte, wenngleich die Macher in Band 2 etwas den Fuß vom Gas genommen haben. Familienbeziehungen sind wichtiger als Krieg oder Action, und der Plot nimmt sich zugunsten von Charaktermomenten eine merkliche Auszeit. Wer galaktische Politik oder Konflikte erwartet, ist hier fehl am Platze. Freunde eines hemmungslos fantastischen Universums, schräger Figuren und eines guten Schusses whedonesker Soap-Elemente kommen dagegen voll auf ihre Kosten.


Saga – Zwei
Comic
Brian K. Vaughan, Fiona Staples
Cross Cult 2013
ISBN: 978-3864251887
160 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 22,00

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