Rush n' Crush

Mit „Rush n' Crush“ bringt die französische Tabletop-Schmiede Rackham Entertainment in Zusammenarbeit mit Alderac Entertainment ihr erstes Brettspiel, angesiedelt im hauseigenen „AT-43“-Universum, auf den Markt. Was auf den ersten Blick nach einer Mischung aus „Formula D“, dem Klassiker „Car Wars“ oder „Wreckage“ aussieht, ist im Prinzip auch genau das! Grund genug, sich auch mal selbst hinter das Steuer eines der gepanzerten Boliden zu setzen, um zu testen, wie sich „Rush n' Crush“ denn so fährt.

von Dominik Cenia

Das Spiel

Nach dem Öffnen der Spielschachtel, die übrigens von handelsüblicher Größe ist, entlockt einem der Inhalt erst einmal einen plötzlichen Ausruf der Überraschung. Gut die Hälfte der Box ist mehr oder weniger „leer“, aufgefüllt mit einem großen Pappschuber, in dessen Mitte sich lediglich ein kleines Fach für die Einzelteile des Spiels (Counter, Würfel, Fahrzeuge) befindet. Der Rest der Schachtel wird von insgesamt zehn beidseitig bedruckten, modularen Teilen der Rennstrecke, sowie jeweils sechs Übersichtstafeln der verschiedenen Fahrer und Fahrzeuge (aufgeteilt in je drei Teams) eingenommen. Hinzu kommen noch zwei mehrsprachige Regelhefte. Ein Einsteiger-Regelheft für den sogenannten „Arcade-Mode“ sowie eine etwas umfangreichere Spielanleitung für den „Overdrive-Mode“. „Arcade-“ und „Overdrive-Mode“ unterscheiden sich dabei sowohl was den eigentlichen Umfang, als auch die Ausführlichkeit der vorhandenen Spielregeln angeht. Für den Einstieg lohnt es sich, zuerst die Regeln des „Arcade-Mode“ zu lesen. Was das Spielen angeht, empfehle ich jedoch, sogleich mit den Regeln aus dem „Overdrive-Mode“ durchzustarten. Denn hier wird wesentlich mehr Taktik und Ressourcenmanagement geboten, was sich sowohl auf die Spieltiefe und damit auch auf die Spannung ungemein auswirkt. Und ganz ehrlich: So viel komplizierter sind die Regeln, dank der klar formulierten Anleitungen, nun auch nicht.

„Rush n' Crush“ wird entweder nach einer vorher festgelegten Anzahl an zurückgelegten Runden auf der Rennstrecke gespielt oder einfach so lange, bis nur noch ein Fahrer übrig ist. Die Rennstrecke wird dabei per Zufall ausgelegt. Ein Rundkurs mit sechs Streckenteilen ist für eine normale Partie ausreichend. Es sind aber auch völlig gerade Rennstrecken mit einem getrennten Start- und Zielfeld möglich. Die Spielanleitung legt sich dabei nicht fest, wie das ideale Spielfeld letztendlich auszusehen hat. Lediglich in der Anleitung zum „Arcade-Mode“ lässt sich eine beispielhafte erste Rennstrecke finden, die für das erste Rennen recht brauchbar ist.

Jeder Spieler schnappt sich dann sogleich einen Fahrer und ein passendes Fahrzeug. Sowohl die Fahrer als auch die Fahrzeuge haben dabei unterschiedliche Spielwerte. Während die Fahrer ihre eigene Ausrüstung mitbringen (Maschinengewehr, seitliche Kreissäge, das Übliche eben), unterschieden sich die Fahrzeuge nicht nur in ihrer Ausrüstung, sondern auch ihren Punktewerten in Lenkung, Bremsen, Nitro und Panzerung. Die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten aus Fahrer und Fahrzeug sorgen für etwas Abwechslung. Und obwohl jeder Fahrer laut Spielanleitung sein ganz persönliches Fahrzeug hat und einem fest Team angehört, spricht nichts dagegen, auch Fahrer und Fahrzeuge unterschiedlicher Teams miteinander zu mischen. Denn am Ende kann es ohnehin nur einen einzigen Gewinner geben.

Die Spielsteine der Fahrzeuge sind leider etwas winzig und wenig spektakulär. Da sie auch nur in den drei Teamfarben vorhanden sind, macht das die ganze Sache auch noch ein wenig unübersichtlich, sobald mehr als drei Spieler oder zwei Spieler des gleichen Teams im Rennen sind. Zwar lassen sich die Fahrzeuge „umstecken“, doch auf diese Idee muss man auch erstmal kommen. Abgesehen davon, dass eine offensichtliche Unterscheidung der kleinen futuristischen Rennwagen auch dann nicht wirklich gegeben ist.

Das Rennen

Also gut, Motoren aufgewärmt und los geht's! Die Spieler ziehen abwechselnd in der Reihenfolge, die ihrer Platzierung auf der Rennstrecke entspricht. Der Spieler, dessen Rennwagen gerade in Führung ist, zieht also immer zuerst. Ein Spieler, der am Zug ist, hat die Wahl, entweder zu beschleunigen, seine Geschwindigkeit zu reduzieren, zu halten oder in einen anderen Gang zu schalten. Dafür wird die sogenannte „Armaturentafel“ verwendet, die jeder Spieler vor sich liegen hat. Auf ihr kann man jederzeit ablesen, wie viele Felder sich das eigene Fahrzeug in der aktuellen Runde bewegen muss (!!!). Ein höherer Gang bringt erstmal keine weitere Beschleunigung, erlaubt es einem Spieler aber mit der Zeit eine höhere Geschwindigkeit zu erreichen. Außerdem belastet die geringere Drehzahl den Motor nicht so sehr, was weniger Hitze zu Folge hat.

Anschließend kommen die Würfel ins Spiel. Entsprechend seiner Geschwindigkeit und des gerade geschalteten Ganges, muss ein Spieler sowohl für die Anzahl der erlaubten Spurwechsel, als auch die Hitzeentwicklung seines Fahrzeugs würfeln. Dabei kommen mehrere weiße und rote Würfel zum Einsatz. Die roten Würfel erzeugen bei hohen Würfelergebnissen Hitze, während die weißen Würfel die Anzahl der Spurwechsel ermitteln. Je nach Geschwindigkeit kommt dabei jedoch immer nur das höchste oder das niedrigste Würfelergebnis zu Tragen.

Reicht die Anzahl der erwürfelten Spurwechsel nicht aus, kommt es zur Kollision. Entweder mit einem anderen Fahrzeug oder einem Streckenhindernis. Mit Hilfe seiner (begrenzt vorrätigen) Brems-, Beschleunigungs- oder Nitropunkte, kann ein Spieler außerdem noch ein paar zusätzliche Felder gut machen oder eine drohende Kollision doch noch vermeiden. Ein paar ungünstige Würfelergebnisse lassen sich dadurch zwar Anfangs ausgleichen, doch je länger das Rennen andauert, desto knapper werden die Ressourcen des eigenen Wagens. Hinzu kommt, das gegen Ende des Spiels, je näher man der Zielline kommt, die gefahrene Geschwindigkeit aller Spieler nicht gerade abnimmt. Dadurch muss man von Runde zu Runde abwägen, ob man lieber auf Sicherheit fährt, ein Risiko eingeht und den Würfeln vertraut oder auf die eigenen Ressourcen setzt. Diese Spielmechanik funktioniert ausgezeichnet und wirkt sich überaus spannend auf das Spiel aus.

Ein Spieler kann während seines Zuges außerdem seine Ausrüstung aktivieren. Mit dem Maschinengewehr oder dem Flammenwerfer können andere Fahrzeuge beschossen werden, einige Fahrzeuge können Minen auslegen, andere haben eine seitliche Kreissäge für härtere Rammangriffe. Ein Feuerlöscher reduziert die Hitze und ein Raketen-Booster sorgt für ein paar Felder Vorsprung, kann aber mitunter zu weiterer Hitze im Fahrzeug führen.

Letztendlich läuft das Spiel darauf hinaus, dass ein Fahrzeug entweder durch Beschädigungen keine Strukturpunkte mehr hat – und damit aus dem Rennen ist – oder durch die aufgestaute Hitze explodiert (mit identischen Folgen). Dabei hat sich während der Testspiele gezeigt, dass mit einer steigenden Anzahl an Spielern das Zerstörungspotenzial entsprechend wächst. Entwickelt sich ein Runde bei 3 Spielern eher zu einem tatsächlichen Rennen, wird es bei 4 bis 6 Spieler deutlich enger auf der Rennstrecke. Die Folgen sind mehr Zusammenstöße und mehr potenzielle Ziele für den Waffeneinsatz. Dadurch kann es passieren, dass ein Spieler recht früh aus dem Rennen geworfen wird, da sein Fahrzeug bereits nach der ersten Kurve zu Schrott verwandelt wurde. Erst wenn die Strecke ein wenig freigeräumt wurde, pendelt sich die Sache wieder auf ein Rennen und nicht so sehr auf ein Gefecht ein.

Fazit: Auf den ersten Blick wirkt „Rush n' Crush“ wie ein simpler, kurzweiliger Rennspaß. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppt sich das Spiel als eine recht detailliertere Rennsimulation mit hohen Actionanteil. Es ist die gelungene Mischung aus Ressourcenmanagement und Würfelglück, welches „Rush n' Crush“ so interessant macht. Das Gefühl von Geschwindigkeit, aber auch der ständige Kampf mit den anderen Fahrern auf der Strecke, kommen wirklich gut rüber. Und auch wenn das Spielmaterial stellenweise ein wenig enttäuscht (etwa die kleinen Fahrzeuge) und die Gefahr besteht, dass bei vielen Spielern schnell mal ein paar Spieler zu Zuschauern verdammt werden, weil ihre Fahrzeuge bereits in der ersten Runde in einen brennenden Müllhaufen verwandelt wurden, so hat man hier doch ein wirklich gelungenes und durchdachtes Spiel vor sich liegen. Die modulare Rennstrecke sorgt für genug Abwechslung, und die verschiedenen Fahrer und Fahrzeuge bieten zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten für unterschiedliche Spielstile an.

Hinweis: Seit November existiert Rackham Entertainment leider nicht mehr. Das Spiel lässt sich aber auch beim Publisher Alderac Entertainment finden. In Deutschland wird das Spiel von Asmodee vertrieben.


Rush n' Crush
Brettspiel für 3 bis 6 Spieler
F. Henry, C. Cazals, G. Blossier
Rackham Entertainment / Alderac Entertainment 2009
EAN: 3661116098311
Sprache: Deutsch
Preis: ca. EUR 49,95

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