von Bernd Perplies
„The Mists of Zanaga“ ist nach den „Islands of Dread“, der „Midnight“-Themenbox, den „Sands of Al-Kalim“ und „The Frozen Wastes“ bereits die fünfte große Boxenerweiterung für den Dauerbrenner „Runebound“. Diesmal verschlägt es die Helden (entweder die bereits bekannten oder sechs neue aus dieser Box) in ein Dschungel- und Savannensetting. Ihr Auftrag ist pikant: Sie sollen einen der „Primal Gods“ besiegen, der zuvor von den Ureinwohnern Zanagas gerufen wurde, um das vom Übel befallene Land zu retten. Es ist eine buchstäblich undankbare Aufgabe – aber einer muss sie ja machen (und der, dem es gelingt, geht als Sieger aus dem Spiel hervor).
Die Erweiterung wird als Boxenerweiterung ziemlich genau wie alle anderen verwendet. Auf das normale Grundspiel „Runebound“ wird via Overlay eine neue Landschaftskarte gelegt, außerdem kommen neue Abenteuerkarten zum Einsatz, neue Helden und neue Ausrüstung. Das grundlegende Spielziel ist auch hinlänglich bekannt: Monster töten, Erfahrung sammeln, Ausrüstung erwerben, stärker werden und irgendwann den Primal God zum Duell fordern. Dabei bedient sich „The Mists of Zanaga“ allerdings einiger schöner Details, um das Spielerlebnis positiv zu beeinflussen.
So wird das Spiel beispielsweise durch gewisse Regeländerungen erleichtert. Man würfelt nun etwa zuerst und entscheidet danach, ob man einzelne Würfel für die Bewegung oder zum Verringern von Erschöpfung nutzen möchte. Das beschleunigt die Bewegung über den Spielplan. Außerdem werden beim Ziehen einer Karte, die das Auffrischen der Abenteuermarker auf dem Spielplan erlaubt, alle Orte wieder aufgefüllt, nicht nur die mit dem Sonnenkranz-Symbol außen. Dass sorgt für mehr Möglichkeiten der Spieler, Erfahrungspunkte zu sammeln und beschleunigt das Spiel ebenfalls ein wenig.
Hilfreich ist ebenfalls die als „Survival Gear“ betitelte Ausrüstung, die bereits in „The Frozen Wastes“ eingeführt wurde. Dort war sie wirklich überlebenswichtig. Hier bietet sie Spielerleichterungen, etwa einen automatischen Erfolg bei Escape Tests im Kampf, das freie Zuordnen eines Bewegungswürfels zu einem beliebigen Landschaftsfeld und den Austausch einer Challenge Card, falls einem die aktuelle zu gefährlich erscheint. Zu guter Letzt sind da noch die spezialisierten Städte, die entweder einen größeren Markt aufweisen (man zieht zwei statt einer Marktkarte im Market Step) oder einem das Weiterziehen nach dem Besuch der Stadt erlauben, sofern noch Bewegungsmöglichkeiten übrig sind.
Auf der Erschwernisseite stehen dagegen zum einen die Rituals und die Roaming Monsters. Roaming Monsters sind Monster, denen man sich als Held stellen muss, wenn man seine Bewegung nicht in einer Stadt oder auf einem Abenteuermarker beendet. Hierzu wird eine Probe abgelegt. Ist sie erfolgreich, bleibt alles ruhig. Ansonsten kommt es zum Angriff durch ein Monster auf einer der Challenge Cards. Damit dieses Konzept funktioniert, sind alle Challenge Cards Monster. Events und Encounters, wie in den früheren Erweiterungen, gibt es hier nicht. Das ist vor allem im Falle der Encounter schade, denn sie stellten kleine Zwischenmissionen im Spielverlauf dar und boten inhaltliche Abwechslung, die in „The Mists of Zanaga“ fehlt.
Die Events, die dagegen für ein einmaliges oder auch andauerndes Ereignis, das in den Spielablauf eingreift, standen, werden hier durch die Rituale (Rituals) ersetzt. Rituale bestimmen den ganzen Spielablauf. Mit jeder Challenge Card, die gezogen wird, müssen Ritual Tokens verdeckt gezogen und dann auf passende Ritual Cards mit drei unterschiedlichen Symbolen – Sun, Moon, Skull – gelegt werden. Ritual Cards werden zu Beginn ausgelegt und dem Ritual Track aus einem Stapel hingefügt, wenn gezogene Tokens nicht zu passenden Ritualen gelegt werden können. Jedes beendete Ritual – als wenn alle der eins bis drei freien Ritual Token Slots gefüllt sind – hat Auswirkungen auf das Spiel, manche einmal, manche dauerhaft, einige sind positiv, einige negativ. Nach drei beendeten Ritualen erwacht der Primal God, dessen Symbolcode den Symbolen der beendeten Rituale entspricht. So würde etwa Sun-Sun-Skull Gor-Bor-Bor the Savage rufen, Moon-Skull-Skull Moakileki the Destroyer.
Die Primal Gods haben sowohl eine Omen Side als auch eine Confrontation Side. Nachdem der Primal God erwacht ist, sammelt er auf seiner Omen Side durch verschiedene Effekte Doom Counter an. Diese machen ihn schließlich stärker, sobald man ihn herausfordern will und auf seine Confrontation Side umdreht. Außerdem verlieren die Spieler, sobald eine gewisse Zahl an Doom Counters auf dem Gott liegen. In diesem Fall hat er die Herrschaft über Zanaga übernommen und das urtümliche Chaos regiert. Die Spieler müssen also sehr aufpassen, wie sie handeln, um nicht das Anhäufen zu vieler Doom Counter zu befördern – denn auch wenn nur einer siegen kann, verlieren alle, wenn sie nicht zumindest ein wenig zusammenarbeiten, um den Primal God nicht zu mächtig werden zu lassen.
Fazit: „The Mists of Zanaga“ gehört für mich definitiv zu den besseren Erweiterungen. Vielleicht ist es sogar die Beste. Die Regelerleichterungen beschleunigen den Spielverlauf auf angenehme Art und Weise, und der Spielmechanismus der Rituale sorgt für Druck auf die ganze Spielgruppe. Etwas schade ist der Verlust der Encounter. So reduziert sich dieses Abenteuer auf ein reines Monstertöten, etwas, das leider viel zu häufig in Fantasy-Brettspielen vorherrscht, statt dass man stärker auf narrative Aspekte bauen würde. Dennoch steht „The Mists of Zanaga“ in meinen Augen gleichwertig neben „The Frozen Wastes“ an der Spitze der „Runebound“-Expansions.
Runebound: The Mists of Zanaga
Erweiterungsset
John Goodenough
Fantasy Flight Games / Heidelberger Spieleverlag 2010
ISBN: 978-1-58994-645-3
Box mit Spielplan, Heldenfiguren, Spielkarten und -marken, englisch
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