Runebound: The Frozes Wastes

„Runebound“, das Abenteuerspiel auf der Fantasy Flight Games eigenen Spielwelt Terrinoth, entwickelt sich zum echten Langläufer. Ein Basisspiel, drei Boxen-Erweiterungen, 18 Karten-Erweiterungen und 6 Character Decks später mag man sich fragen: Geht da eigentlich noch was Neues? Es geht! – Wie die aktuelle Erweiterung „The Frozen Wastes“ zeigt, die uns nach Isheim, den verlorenen Kontinent im Norden von Terrinoth führt.

von Frank Stein

Wer von Terrinoth aus nordwärts reist, so heißt es im Fluff-Text der Box, über das Meer der weißen Fänge, der erreicht früher oder später das schneebedeckte Land Isheim, einen Ort, an dem eisige Schönheit und ein raues Klima herrschen. Unter den Völkern, die Isheim bewohnen, gehen Gerüchte um, dass ein uraltes Übel, das lange geschlafen hat, zu erwachen droht. Der Wind wird kälter, die Stürme häufiger und fremdartige Kreaturen wandern durch die weißen Weiten. Der Mutige muss sich dem rauen Wetter und den wilden Bestien stellen. Doch dafür mag er unglaubliche Schätze aus dem Eis befreien, die dort im Laufe der Jahrhunderte eingeschneit wurden.

Mit „The Frozen Wastes“ hält – wen wundert’s – das Thema Eis und Schnee bei „Runebound“ Einzug (nachdem zuletzt mit „Sands of Al-Kalim“ eine Wüstenerweiterung vorgelegt worden war). Ein neues Spielbrett, 110 neue Karten, sechs neue Heldenfiguren und Winterausrüstung gehören zum Inventar der Standard-Format-Box und überzeugen einmal mehr durch ihre gute Qualität. Fantasy Flight Games hat einfach ein gewisses Niveau erreicht, an dem es kaum mehr was zu meckern gibt. Das Spielmaterial ist stabil, und die Illustrationen fast durch die Bank sehr hübsch anzusehen. Das Regelwerk ist einmal mehr umfangreich, aber sehr sauber strukturiert und gut verständlich, sodass man wirklich nach einmaliger Lektüre auch gut loslegen kann.

Das Spielziel für tapfere Recken liegt diesmal darin, eine im Eis eingeschneite Prinzessin zu finden und nach Green Vale, ganz oben rechts auf der Karte, zu bringen. Dort wartet bereits Arshan, der Jef’a, sehnsüchtig auf die Angebetete, die mit ihrem Raumschiff im Eis abstürzte, während er im Kälteschlaf lag, um auf die außerirdischen Kolonisten zu warten, für die er vor Urzeiten eine blühende Stadt in Isheim gebaut hatte – bevor die Welt durch sein vor Trauer erfrorenes Herz kalt wurde. (Okay, wer jetzt denkt, es sei mit mir durchgegangen, mag seine Beschwerden an Jason Steinhurst, den Entwickler dieser Erweiterung schicken. Denn, ja, mit „The Frozen Wastes“ wird’s kosmisch bei „Runebound“, inklusive uralter Alienrasse und Maschinenwesen, die den Abenteurern zu schaffen machen.) Der Held, der Arshan seine Geliebte bringt, gewinnt. Alternativ kann man ihm auch den Hintern versohlen, um seine frostkalte Herrschaft über Isheim zu brechen.

Zwei neue Spielmechanismen gilt es hierbei zu beachten. Da wäre einerseits das Wetter und andererseits das Auffinden von Artefakten (und der Prinzessin) im Eis. Das Wetter wird über einen Weather Track geregelt, der angibt, wie kalt es in den einzelnen Landschaftstypen des Spielbretts ist. Zwischen 0 und 3 Frost Marker kann sich ein Held einfangen, wenn er draußen unterwegs ist, wobei Ereigniskarten das Wetter verändern (und einen neuen Weather Track in Form einer Pappscheibe aufs Brett bringen, der entweder milderes oder harscheres Klima bringt). Wer sich zu sehr unterkühlt, fängt sich den White Death ein, eine Krankheit, die für jede Marke die Lebenspunkte des Helden um eins reduziert – bis er in einer der Onoit-Städte den Heiler aufsucht.

Es existieren übrigens zwei Arten von Städte in dieser Erweiterung: die Onoit- und die Weik-Städte. Die ersten sind gute und selbstlose Heiler, die Helden pro Market Step Heilung im Wert von einem Gold schenken, die zweiten gewiefte Händler, die zwei Marktplatzkarten pro Market Step dem Angebot der jeweiligen Stadt hinzufügen. Neben Heilung kann man dem Wetter übrigens auch mit Winterausrüstung, die ein schnelleres Fortbewegen übers Eis erlaubt und sogar das Teleportieren in die nächste Stadt, entgegenwirken. Winterausrüstung kann in jeder Stadt erworben werden und wird in Form von Tokens mitgeführt.

Das Auffinden von Artefakten wird über Rumor Tokens (Artefakte) beziehungsweise Legend Cards (Prinzessin) abgehandelt. Diese werden zu Beginn gemischt und verdeckt ausgelegt. Für jedes besiegte Monster darf sich ein Spieler entweder eine Rumor Token oder eine Legend Card nehmen (das gibt die Monsterkarte an). Diese zeigen Landschaftstypen (Wald, Berge etc.). Artefakte liegen immer auf einem der vier farbigen Adventure Jewels und erfordern, dass man als Spieler zwischen 1 bis 7 Rumor Tokens besitzt, die dem Geländetyp des Juwels und angrenzenden Geländetypen entspricht (die Anforderungen geben die stets sechs Artefakte auf ihren Karten an, die zu finden ein Spieler sich entschließen kann – hat er übrigens eins ausgebuddelt, wird ein neues vom Stapel gezogen).

Im Spiel erklärt sich dieser Mechanismus dann wohl ungefähr wie folgt: „Hör zu, Abenteurer, da liegt ein Bogen an einem Ort im Gebirge. Weiß nicht genau, wo, aber drum herum soll noch ein Gebirge, ein Wald und ein Schneefeld liegen.“ Erreicht man nun einen Ort, der diesen Voraussetzungen entspricht, hat man das Artefakt gefunden und muss die Tokens ablegen. Gleichermaßen lässt sich der Aufenthaltsort der Prinzessin feststellen, nur dass man hier die Legend Cards einsetzen muss und stets die richtige Gelände-Kombination aus einem Zielfeld und sechs angrenzenden Feldern sammeln muss. Klingt kompliziert, ist aber im Grunde sehr einfach. Und vor allem eine schöne Möglichkeit für arme Abenteurer, kostenlos an Ausrüstung zu gelangen. Man muss nur genug Monster killen.

Im Spiel hat sich gezeigt, dass Jason Steinhurst es mit den Spielern gut gemeint hat. Während „Sands of Al-Kalim“ hackeschwer war, ist „The Frozen Wastes“ fast ein Spaziergang durch die kühle Schneelandschaft. Dem Wetter kann man mit Schneeschuhen und Teleportkristallen sowie dem regelmäßigen Besuch in einer Stadt, gut Herr werden, und Dinge wie kostenlose Heilung, zusätzliche Ausrüstung auf den Märkten und Artefakte im Eis bieten erfreuliche Erleichterungen für geplagte Abenteurer. Tatsächlich kann man die Prinzessin sogar finden und zu Arshan bringen, ohne eine einzige blaue Herausforderung bestanden zu haben, denn natürlich „droppen“ auch grüne und gelbe Monster Legend Cards, sodass es nur eine Frage der Zeit ist, bis man seine Karten zusammenhat. Der Spieler, der zuerst die Prinzessin ausgräbt, hat dann praktisch auch gewonnen. Er umgeht einfach alle anderen Monster und rennt nur noch gen Norden. Hier können ihn nur noch andere Helden aufhalten. Kompetitives Spiel ist also gefragt, auch wenn Spieler den Kampf Held gegen Held für gewöhnlich scheuen.

Fazit: „The Frozen Wastes“ ist ohne zu übertreiben die in meinen Augen bisher ansprechendste Boxenerweiterung für „Runebound“. Auch wenn das Wetter in Isheim nicht so gefährlich ausfällt, wie erwartet, macht vor allem der Spielmechanismus des Ausbuddelns von Artefakten Spaß, der für kostenlose Ausrüstung sorgt. Und der gemäßigte Schwierigkeitsgrad, der durch den Grad an Feindseligkeit zwischen den Spielern gut gesteuert werden kann, sorgt auch dafür, dass man das Abenteuer in halbwegs passabler Spielzeit beendet hat.


Runebound: The Frozen Wastes
Erweiterungsset
Robert Vaughn, John Goodenough
Fantasy Flight Games / Heidelberger Spieleverlag 2008
ISBN: 978-1-58994-369-8
Box mit Spielplan, Heldenfiguren, Spielkarten und -marken, englisch
Preis: $ 39,95