Runebound - Second Edition

Eine furchtbare Gefahr schwebt über der magischen Welt von „Runebound“. Man wispert davon in den Gassen und gemurmelte Gerüchte wandern in den Tavernen von Tisch zu Tisch: Vorakesh, der finstere Necromancer, erhebt sich und Legionen untoter Schrecken stehen ihm zu Diensten. Sein Ziel: die Rückkehr Margaths, des Fürsten der Drachen, herbeizuführen und die Welt in die Dunkelheit zu stürzen. Die Zeit für Helden ist gekommen.

von Bernd Perplies

„Fantasy Adventure Board Games“ erfahren im Augenblick einen unglaublichen Aufschwung. Was vor vielen, vielen Jahren Klassiker wie „Talisman“ oder „HeroQuest“ waren (die Heldenreise und der Dungeoncrawl), findet heute seine Reinkarnation in Spielen wie „MageKnight: Dungeons“ oder „Descent“ – eher Richtung „HeroQuest“ – respektive „Die Rückkehr der Helden“ oder „Runebound“, das jetzt in der 2nd Edition erschienen ist und sich anschickt, ein würdiger Erbe von „Talisman“ zu werden.

In „Runebound“, entwickelt von Martin Wallace und Darrell Hardy, übernehmen 2 bis 6 Spieler die Rolle von Fantasyhelden, die auf der Suche nach Abenteuern über einen verzauberten Kontinent wandern, dabei Monster plätten, Prüfungen bestehen, auf Marktplätzen Handel treiben, neue Ausrüstung erwerben oder neue Mitstreiter anheuern, um schließlich, nachdem sie ausreichend Erfahrung gesammelt, sich mit machtvollen Artefakten behängt und fähigen Verbündeten umgeben haben, den Drachenlord Margath selbst herauszufordern.

What’s in the box?

Die stabile „Runebound“-Basisbox kommt im Standard-Quadratformat daher, das die meisten Brettspiele von Fantasy Flight Games (in Deutschland vom Heidelberger Spieleverlag vertrieben) aufzuweisen scheinen. Das Cover zeigt die klassische Fantasytruppe im Kampf gegen einen roten Wyrm, die Rückseite gewährt einen Blick auf die Spielmaterialien. Und von diesen gibt es reichlich.

Ein großformatiger Spielplan aus festem Karton bildet den Kern des Spiels. Auf ihm liegt die in Hexfelder unterteilte Spielwelt von „Runebound“. Gebirge, Wälder, Ebenen, Sümpfe, Flüsse, Straßen und Städte sind als die unterschiedlichen Geländetypen eingezeichnet, zudem gibt es Ablageflächen für die in den vier Schwierigkeitsstufen grün, gelb, blau und rot erhältlichen, 84 Abenteuerkarten, für den aus 84 Karten bestehenden Marktkartenstapel sowie für die 8 Märkte der 8 Städte der „Runebound“-Welt.

Um das Spielbrett herum liegen – neben Dutzenden von Wund-, Erschöpfungs- und Erfahrungsmarkern – die Heldenkarten der Spieler samt Ausrüstung, Verbündeten usw. Ingesamt gibt es 12 unterschiedliche Streiter (jeweils durch eine Stat-Karte und eine Plastikminiatur repräsentiert) und kaum einer von ihnen entspricht dem Bild des strahlenden Helden. Stattdessen sind es etwa „Bogran the Shadow“, ein Orkdieb, „Silhouette“, eine Meuchelmörderin und der schurkisch grinsende „Sir Valadir“, die sich Vorakesh und seinen Horden entgegenstellen. Nettes Detail: Mit exakt denselben ‚Helden‘ ziehen die Spieler in „Descent“ hinab in finstere Dungeonabgründe.

Die Spielmaterialien sind allesamt von sehr ordentlicher Qualität. Die Karten sind stabil und mit mittelmäßigen bis hin zu sehr hübschen Zeichnungen geschmückt, die Tokens bestehen aus dickem Karton und die Heldenfigürchen sind bemerkenswert fein gegossen – bemalt würden sie sicher nochmal so gut aussehen! Leider sind die sechsseitigen Bewegungswürfel nur mit ihren Symbolen beklebt, aber vermutlich wäre alles andere unverhältnismäßig teurer geworden.

Mit Helden auf der Wanderschaft

Nach dem Aufbau des Spielplans zieht jeder Spieler einen Helden. Jeder Held besitzt eine gewisse Anzahl „Life“, die der Menge an „Wound“-Tokens entspricht, die er aushält, bevor er umfällt. Sein „Stamina“-Wert ist gegen Erschöpfung gut. Die drei Attribute „Mind“, „Body“ und „Spirit“ werden sowohl bei Würfelproben benötigt, als auch als Fertigkeitswerte für die drei Kampfarten „Ranged“, „Melee“ und „Magic“. Zuletzt weisen Helden oft die eine oder andere Extrafertigkeit auf sowie ein bis drei Skills wie „Climb“, „Swim“ oder „Diplomacy“, die sich im Laufe ihrer Abenteuer als nützlich erweisen.

„Runebound“ verläuft in Zügen, bestehend aus jeweils fünf Phasen, die je ein Spieler komplett ausführt, bevor der nächste an der Reihe ist: „Refresh“, „Movement“, „Adventure“, „Market“ und „Experience“ – wobei fast nie alle Schritte durchgeführt werden. Viele Ausrüstungsgegenstände müssen, um eingesetzt werden zu können, ‚aktiviert‘ werden. Danach sind sie für den Rest der Runde unbrauchbar bis sie in der „Refresh“-Phase wieder bereitgestellt werden.

Die Bewegung ist der vielleicht ungewöhnlichste Spielmechanismus von „Runebound“. Mittels bis zu fünf Würfeln, die unterschiedliche Geländetypen-Symbole aufweisen, wird entschieden, über welche Landschaften ein Held in einer Runde ziehen kann. Das heißt man kann nicht überall hin, wohin man gerne möchte. Vor allem einige Ecken des Spielplans, die nur aus Gebirge und Wald bestehen, sind gefährlich, denn wer hier ungünstig würfelt, bewegt sich in einer Runde schon mal nur ein Feld weit. Auch wenn das vielleicht die immer unterschiedlich schwierigen Etappen einer Reise simulieren soll, ist das doch ein bisschen blöd, vor allem, weil es beispielsweise erheblich mehr Straßensymbole auf den Würfeln gibt, als Straßen auf dem Spielplan (was bei uns zur Folge hatte, dass wir alle Monster im Hinterland der ausgedehnten „Mountains of Despair“ schlicht haben links liegen lassen).

Tatsächlich zwingt einen das Spiel gerade zu Beginn kaum, die Welt zu erwandern. Man kann sich bequem in seinem Viertel zwischen zwei, drei Städten, ein bisschen Wald, Sumpf und Hügelland hin- und herbewegen und die regelmäßig aufgefrischten Abenteuer-Tokens abklappern. Erst später kommen verstärkt „Encounters“ ins Spiel, die entweder Prüfungen oder Missionen enthalten und auch mal den Weg in fernere Ecken der Spielwelt erforderlich machen.

Hau wech, die Monster!


Um Prüfungen und Missionen geht es dann in der „Adventure“-Phase. Wer einen Zug auf einem Adventure-Token beendet, die an festgelegten Orten über die Welt verstreut liegen, zieht eine farblich passende Abenteuerkarte, die entweder eine „Challenge“ (= Monster) enthält, ein „Event“ (= ein die globalen Spielbedingungen änderndes Ereignis, etwa flutartige Regenschauer, die die Bewegung auf Flüssen schneller, aber auch beschwerlicher machen) oder aber ein „Encounter“ (= Prüfungen, die Skillproben verlangen oder kurze Missionen). Clever ist die Staffelung der Aufgaben in vier Schwierigkeitsgrade. Auf diese Weise kann jeder Spieler selbst entscheiden, ob er lieber langsam aufsteigt oder mit der raschen Übernahme gefährlicher Herausforderungen auf Risiko spielen will. (Die Niederlage gegen ein Monster ist zwar nicht das Ende für den Helden, aber normalerweise büßt er schmerzlich an Ausrüstung und Gold ein.)

Gekämpft wird praktisch in jeder Runde, wobei der Kampf aus den vier Schritten „Escape“, „Ranged“, „Melee“ und „Magic“ besteht. Jeder Schritt muss durchgespielt werden, wobei ein Held nur 1x angreifen darf und ansonsten verteidigen muss. In beiden Fällen werden 2W10 geworfen und samt Skillwerten des Helden mit einem Mindestwert auf den Monsterkarten verglichen. Liegt der eigene Wert niedriger, gibt es Schaden, egal ob der Held angriff oder sich verteidigte. Gerade zu Beginn des Spiels sind daher Helden mit hohem „Ranged“-Wert im Vorteil, da sie sofort angreifen können und ihre Gegner vielleicht schon umgebracht haben, bevor diese zuschlagen konnten. Ein Magier muss derweil zwei Verteidigungsschritte durchstehen (und möglicherweise empfindliche Verluste erleiden), bevor er in Aktion treten kann. Das relativiert sich, sobald Allies ins Spiel kommen, die wie der Held je 1x angreifen dürfen und so (bei maximal 2 Verbündeten pro Held) sukzessive dessen Verteidigungsphasen übernehmen können.

Richtig Spaß macht die „Market“-Phase. Sobald man einen Zug in einer Stadt beendet, kann man einkaufen gehen. Dazu wird geschaut, welche Marktkarten auf dem Stapel des jeweiligen Stadtmarktes liegen (diese werden mit jedem Besuch eines Helden in einer Stadt aus dem allgemeinen Marktkartenstapel um je eine Karte aufgefrischt, außerdem kann man als Held eigene Ausrüstung hier verkaufen und ablegen). Die Auswahl der 84 Karten ist großartig und macht einen nicht unbedeutenden Reiz des Spiels aus – welcher Spieler sammelt für seine Helden nicht gerne mächtige Waffen, fette Rüstungen und kampfstarke Kameraden? Man kann übrigens auch mit anderen Helden handeln – sofern man mit ihnen in einem Feld endet. Oder man bekämpft sie und raubt ihnen ihr Hab und Gut – wenn man denn siegreich aus der Konfrontation hervorgeht.

Zu guter Letzt darf der Held in der „Experience“-Phase aufsteigen. Für jedes erfolgreiche Abenteuer erhält man Erfahrungspunkte, die auf der Rückseite der Adventure-Tokens vermerkt sind. Für eine gewisse Anzahl kann man sich Attributs-Boni sowie mehr „Stamina“ oder „Life“ kaufen. So gestärkt vermag man nach und nach immer schwerere Gegner zu bezwingen bis man am Ende Margath persönlich gegenübersteht. (Weitere Siegesbedingungen ergeben sich aus alternativen Spielvarianten.)

Fazit:
„Runebound“ ist ein unterhaltsames und abwechslungsreiches „Adventure Board Game“ für alle, die auf Heldenreise durch magische Welten gehen wollen, ohne dabei den Zeit- und Arbeitsaufwand echter Rollenspiele auf sich zu nehmen. Es eignet sich perfekt für abendliche Spielrunden, in denen der Meister abgesprungen ist (sowas soll vorkommen ;-) ) oder als Einstieg von Laien in die komplexe Welt der Fantasy(rollen)spiele.

Ein bisschen schade ist, dass einige Regionen des Spielplans aufgrund ihrer Landschaftsanordnung echt ungünstig zu erreichen sind und daher weitgehend ignoriert werden. Auch wäre ein modularer Spielplan wie bei „Rückkehr der Helden“ schick gewesen, der für Wechsel im Landschaftsbild sorgt. Zu guter Letzt scheint die Spieldauer mit zwei bis vier Stunden noch arg untertrieben zu sein. Wir brauchten spontan sieben Stunden, ohne das Gefühl, groß getrödelt zu haben. Abhilfe schafft hier möglicherweise die „Doomtrack“-Variante, die „Runebound“ auf eine gewisse Anzahl Spielzüge begrenzt, allerdings damit enden kann, dass kein Held am Schluss auch nur annähernd stark genug ist, um Margath zu besiegen.

Positiv hervorzuheben sind die schönen Spielmaterialien, die wirklich große Auswahl an Monstern, Gegenständen und Allies, der ungewöhnliche Bewegungsmechanismus und das nette Handelssystem. Auch der schrittweise Anstieg des Schwierigkeitsgrades, der jedem Spieler sein eigenes Tempo erlaubt und „Runebound“ bis zum Schluss zu einer Herausforderung macht, gefällt. Schließlich macht ein Blick auf die Website von Fantasy Flight Games Lust auf mehr. Man soll ein Brettspiel zwar nicht anhand seiner Erweiterungen beurteilen, aber was für „Runebound“ an Zusatzkarten, -boxen, und -szenarios angeboten wird, lässt einem wirklich das Wasser im Mund zusammenlaufen. Abwechslung und Spielspaß auf lange Sicht sind damit garantiert!


Runebound
Brettspiel für 2 bis 6 Spieler
Martin Wallace, Darrell Hardy
Fantasy Flight Games / Heidelberger Spieleverlag 2005
ISBN: 1-58994-155-1
Box mit 1 Regelbuch, 1 Spielplan, 12 Miniaturen, 180 Spielkarten, 296 Spielmarkern, 7 Würfeln, englisch
Preis: $ 49,95

bei amazon.de bestellen