Rune Age

„Sammelkartenspiele“ im „Brettspielgewand“ – das ist der neue Trend bei den Genre-Spielen. Man sieht es an Living Card Games wie „Der Herr der Ringe“, „Warhammer Invasion“ oder demnächst „Star Wars“ oder an Deck Building Games wie „Dominion“, „Thunderstone“ und jüngst „Nightfall“. Mit „Rune Age“ bringt Fantasy Flight Games nun ein Deck Building Game auf den Markt, in dem die Spieler als Fürsten verschiedener Fantasy-Völker gemeinsam oder gegeneinander um die Vorherrschaft auf der bereits von Spielen wie „Runebound“, „Descent“ und „Runewars“ etablierten Spielwelt Terrinoth streiten.

von Bernd Perplies

„Rune Age“ kommt in einer verhältnismäßig kleinen Box daher und bietet auch – im Vergleich zu anderen Spielen – mit nur 252 Karten (plus Schadensmarkern, einem speziellen Kampfwürfel und dem Regelwerk) relativ wenig Material. Das Design der Karten kann als gelungen betrachtet werden, auch wenn der gestandene Terrinoth-Abenteurer das ein oder andere Kartenmotiv schon aus früheren Spielen kennt. Das alles soll jedoch nicht abwertend verstanden werden. Tatsächlich ist es erstaunlich, wie viel Spielspaß in dem Ganzen steckt.

Zocken kann man „Rune Age“ auf unterschiedlichste Weise: solo, zu zweit oder in der Gruppe (bis vier Spieler), kooperativ, semi-kooperativ oder im offenen Wettstreit. Dabei ist das Spielziel nicht immer gleich, sondern man stellt sich Szenarios, die unterschiedliche Siegbedingungen aufweisen. Das sorgt, gemeinsam mit den vier unterschiedlichen Völkern, die man auswählen kann und die sich spürbar unterschiedlich spielen, für einen hohen Wiederspielwert.

Zu Beginn einer Partie einigen sich die Mitspieler auf eins der im der Basisbox enthaltenen Szenarios. „Rückkehr der Drachenlords“ hat das sehr klassische Ziel, den Obersten der Drachenlords zu bezwingen, bevor dessen Schergen die eigene Stadt in Schutt und Asche gelegt haben. „Runenkriege“ ist ein Szenario, bei dem jeder gegen jeden kämpft und nur einer am Ende noch steht. Beim „Weltenbrand“ müssen sich die Spieler dagegen zusammenschließen, um das furchtbare Unheil abzuwenden, das Terrinoth heimzusuchen droht. „Das Monument“ schließlich dreht sich um den Bau eines architektonischen Meisterwerks, der nur dem Spieler gelingen wird, der am Schnellsten das meiste Geld angehäuft hat. Jedes Szenario besitzt nicht nur eine einzigartige Spielzielkarte, sondern zugleich eine Reihe Sonderkarten, die diesem Szenario die passende Atmosphäre verleihen.

Nachdem sich die Spieler auf ein Spielziel geeinigt haben, sucht sich jeder eine Rasse aus. Zur Auswahl stehen hier die Latari-Elfen, die Daqan-Lords (eine Koalition menschlicher Fürsten), Waiqar, der Untote sowie die Uthuk Y’llan (ein Barbarenvolk mit Dämonenblut in den Adern). Jedes Fraktion besitzt ein Heimatreich sowie vier verschiedene Armeetypen im Goldwert von 1 bis 4 sowie drei Festungen. Die Einheiten und die Festungen kommen in die Kaserne und stellen praktisch den Fundus an Karten dar, die ein Spieler im Verlauf einer Partie erwerben kann, um damit sein persönliches Kartendeck zu stärken. Dazu kommen im Zentralen Spielbereich noch eine Reihe neutraler Städte sowie je nach Szenario drei unterschiedliche Arten von neutralen Karten (Einheiten und Taktikkarten), die jeder für sich gewinnen kann.

Drei sich gegenseitig bedingende Ressourcen existieren in dem Spiel: Gold, Einfluss und Stärke. Einfluss bringt einem Gold und neutrale Einheiten/Taktikkarten ein. Mit Gold kann man eigene Einheiten kaufen. Mit der Stärke dieser Einheiten erobert man neutrale Städte und eigene Festungen. Die wiederum bringen den benötigten Einfluss. Es herrscht also eine Balance vor, die im Laufe der Spielrunden zur langsamen Zunahme von Macht in allen drei Bereichen führt. Verluste gibt es natürlich auch. Diese entstehen bei Kämpfen gegen Mitspieler oder gegen die Ereigniskarten des Szenarios.

Zu Beginn bekommt jeder Spieler fünf Goldkarten im Wert von 1 sowie drei Einheiten im Wert von 1. Diese acht Karten bilden das persönliche Deck, das nach und nach durch Einheitenankäufe und Goldgewinne umfangreicher wird. Im Gegensatz zu anderen Spielen kann man bei „Rune Age“ keine schwachen Karten, die man im Endgame nicht mehr braucht, weil sie einem das Deck blockieren, vernichten. Man braucht dazu spezielle Karteneffekte. Sorgt man nicht für einen gewissen Abbau an Karten, wird man gegen Ende spürbare Probleme bekommen, genau die starken Karten auf die Hand zu kriegen, die man gerne hätte.

Denn jede Runde hat man nur fünf davon auf der Hand und zur Verfügung. Mit diesen fünf bestreitet man eine Spielrunde, in der man so viel unternehmen darf, wie man kann. Geschickte Kombinationen erlauben einiges an Aktionen: etwa den Kauf von Einheiten, den Angriff auf eine neutrale Stadt, den Einsatz von deren Einfluss, um neues Gold zu scheffeln. Wirklich unnütze Karten gibt es eigentlich kaum bei dem Spiel (nur Karten, die später zu schwach sind, um etwas zum Sieg beizutragen). Das zeigt sich auch und besonders an den eigenen Einheiten, die wirklich sehr gut aufeinander abgestimmt sind, sodass man, wenn man sie richtig einsetzt, mit der geringen Auswahl dennoch enorme Effekte erzielen kann.

Durch die Beschränkung des wechselnden Materials pro Partie (das Szenario und die drei neutralen Kartentypen im zentralen Spielbereich), spielt sich „Rune Age“ leichter und es lassen sich besser Strategien zum Sieg entwickeln, als beispielsweise der Konkurrent „Thunderstone“, der bei jedem Spiel drei zufällige Monstertyen und zwölf zufällige Dorfkarten auf den Tisch bringt, die mehr oder minder gut aufeinander abgestimmt sind. Dass man Strategien entwickeln kann, heißt übrigens nicht, dass „Rune Age“ deswegen zu leicht wäre. Die Szenarien (gerade die, in denen die Spieler gegen das Spiel antreten) sind so knackig, dass man sie sicher nicht im ersten Anlauf bezwingen wird.

Fazit: Unterm Strich gefällt mir „Rune Age“ wirklich gut. Es ist vom Grundkonzept her nicht zu komplex, aber auch im letztendlichen Spielgeschehen nicht zu simpel. Die Spielmechanik Gold/Einfluss/Stärke greift schön ineinander. Die Völker und die Szenarien sorgen für Abwechslung. Und die Spieldauer ist mit ca. einer Stunde genau richtig, um „Rune Age“ in einen Spieleabend mit mehreren Partien zu integrieren. Obwohl bei einem Deckbau-Spiel im Grunde Erweiterungen beinahe Pflicht sind, funktioniert „Rune Age“ sehr gut, genau so, wie es ist. Für die Zukunft wären natürlich ein paar neue Szenarien und alternative Einheitstypen oder Völker schön.


Rune Age Kartenspiel für 1 bis 4 Spieler
Corey Konieczka
Heidelberger Spieleverlag 2011
EAN: 4015566011649
Box mit 252 Karten, 38 Markern, 1 Würfel, Regeln
Preis: EUR 24,95

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