Ringbote spielt: Dirty Dungeon

Der Sommer naht und mit ihm die Gelegenheit, die im vergangenen Winter zu Ende gegangene Kampagne mit einigen One-Shots abzulösen. Während ich in dieser Zeit sonst gern in cthuloide Gefilde abtauche, wollte ich dieses Mal etwas anderes ausprobieren: den „Dirty Dungeon“.

von André Frenzer

Dungeons gelten allgemein als reichlich gemein. „Dreckig“ ist jedoch nicht eine besonders harte Bezeichnung für des Abenteurers liebsten Aufenthaltsort. „Dirty Dungeon“ beschreibt vielmehr eine vom Rollenspielautoren John Wick erdachte Methode, gemeinsam als Spielgruppe einen Dungeon zu entwickeln.

Die Methodik

John Wicks „Dirty Dungeon“-Methode basiert auf seinem Spielchen „Spy Game“. Ziel der ganzen Übung ist es, gemeinsam einen Dungeon für den Spieleabend zu entwickeln. Dazu hat jeder Spieler die gleichen Rechte: Sie oder er darf Gefahren in den Dungeon einbringen, sei es eine tödliche Falle, eine furchtbare Kreatur oder ein knackiges Rätsel – was immer sich die Spieler wünschen, wird später auch im Dungeon zu finden sein.

Um die Spieler für ihre Kreativität zu belohnen und einen weiteren Anreiz für tödliche Gefahren zu setzen, erhält die Gruppe mit jeder in den Dungeon eingebrachten Gefahr einen Bonuspunkt. Dieser Bonus mag sich von Spielsystem zu Spielsystem unterscheiden und kann aus Bonuswürfeln, Bonuspunkten oder -modifikatoren bestehen. Die Spieler erhalten also Boni, mit denen sie die selbst geschaffenen Gefahren des Dungeon besser meistern können.

Der Spielleiter wiederum ist angehalten, die Ideen der Spieler in die Tat umzusetzen. Jeder durch die Spieler ins Spiel gebrachte Aspekt sollte erst einmal wahr sein. Allerdings erhält der Spielleiter – je nach Länge des Dungeonbaus – sogenannte „Komplikationspunkte“. Diese kann er an beliebigen Stellen einsetzen, um die Sache für die Spieler zu verkomplizieren – eine von den Spielern erdachte Pfeilfalle funktioniert anders als geplant, der Rote Drache entpuppt sich als Schwarzer Drache oder wo eine Tür sein sollte, ist plötzlich eine Sackgasse. Mithilfe dieser Komplikationspunkte bleibt der Dungeon auch für die Spieler spannend.

Die Meinungen, wie weit die Spieler bei der Vorbereitung gehen sollten, gehen dabei auseinander. Während mancher Spielleiter sich einen fertigen Dungeon wünschen mag, den er nur noch leicht verkomplizieren muss, wollen andere Gruppen lieber nur mit groben Ideen arbeiten und die Ausarbeitung schlussendlich doch dem Spielleiter überlassen. Hierbei gibt es aber schlussendlich keinen „falschen“ Weg. Ich allerdings entschied mich dafür, meine Spieler „nur“ die Gefahren einwerfen zu lassen, das Dungeondesign aber selbst zu übernehmen.



Ein paar Worte zur Vorbereitung …


Mir war es wichtig, meinen Spielern genügend Inspiration an die Hand zu geben, um eine rasche Ausgestaltung des Dungeons zu ermöglichen. Nichts finde ich deprimierender, als eine gemeinsame Aktion am Spieltisch zu starten, mit der dann eigentlich niemand etwas anfangen kann. Zunächst machte ich mich also daran, alle Bücher aus meiner Sammlung herauszufischen, die dem Thema dienlich waren. „Grimmzahns Fallen“ durften dabei ebenso wenig fehlen wie „Rätsel für Rollenspieler“ der Redaktion Phantastik. Auch einige englische Bücher wie „Dungeon Craft“ fanden ihren Weg auf den „Inspirationsstapel“.

Dann wollte ich gerne ein wenig Haptik ins Spiel bringen. Dieser Teil der Vorbereitung war zugegebenermaßen sehr zeitaufwändig – einmal erledigt, kann man allerdings vielfach davon zehren. Auf der einen Seite bastelte ich aus Bierdeckeln und selbstgedruckten „Dungeon Tiles“ (ich verlinke weiter unten einige gratis verfügbare Modelle) einen modularen Dungeon zum Selbstauslegen. Um meinen Spielern darüber hinaus noch etwas mehr direkt „an die Hand“ geben zu können, bastelte ich noch einige Karten mit Fallen, magischen Gegenständen und klassischen Monstern. Diese sollten einerseits als Inspiration dienen, konnten andererseits aber auch im Spiel als Visualisierungshilfe herhalten und darüber hinaus auch Spielwerte beinhalten. Zu guter Letzt bereitete ich auch noch einige Zahlenrätsel vor.

Nach einigen Abenden des Druckens, Ausschneidens und Zurechtklebens war ich dann soweit und der Spieleabend konnte beginnen.

… und zum System

„Dirty Dungeon“ setzt voraus, dass ein guter Teil des Spieleabends für den Dungeonbau verwendet wird. Selbst, wenn – wie in meinem Fall – bereits eine Dungeonkarte vorliegt und „nur“ einige Fallen und Gegner verteilt werden müssen, darf man diesen Teil des Abends nicht unterschätzen. Immerhin können sich hier die Spieler voll austoben, und diese Möglichkeit sollte man ihnen auch lassen. Das bedeutet aber andererseits, dass es sinnvoll ist, für die eigentliche Erkundung ein System zu nutzen, das insbesondere Kämpfe und Gefahrensituationen schnell abhandeln kann, um den Dungeon auch am gleichen Abend erfolgreich durchqueren zu können.

„Dungeons & Dragons“, insbesondere in seiner ursprünglichen, heute in diversen „OSR“-System abgewandelten Version, ist hierfür bestens geeignet. Auch „Dungeon Slayers“ ist nicht nur vom Titel her eine passende Wahl. Ich entschied mich schlussendlich für eine stark vereinfachte Variante von „Fantasy AGE“, da ich die Stuntwürfel für ihre Effekte schätze und sie einen Kampf enorm beschleunigen können. Schlussendlich hat es gut damit funktioniert.



Eine kurze Verlaufsübersicht


Ein paar Worte möchte ich noch über den Verlauf unseres Spieleabends verlieren. Sehr gut angekommen sind die unterschiedlichen, haptischen Kärtchen und Vorlagen für die Spieler. So waren rasch alle involviert und suchten mit den Karten in der Hand nach der rechten Inspiration. Der Vorbereitungsaufwand war also durchaus lohnenswert. Nach kurzem Austausch entschieden wir uns dazu, den Dungeon als den Gewölbekeller eines verrückten Magiers anzusehen, der hier seine magischen Schätze gehortet hat, bevor er spurlos verschwand. Dies gab uns Gelegenheit, Gegner nach Herzenslust zu kombinieren, ohne auf die viel beschworene „Dungeon-Ökonomie“ zu achten. Hier lässt sich aber natürlich durch eine entsprechende Ansage des Spielleiters leicht ein Rahmen schaffen, der plausibler wirkt.

Alsbald tummelten sich also Orks und Goblins, Flegelschnecken, ein Einhorn, Steingolems und noch andere Kreaturen neben Speerfallen, Zahlenrätseln, riesigen Steinkugeln und Fallgruben. Die Heldengruppe, sechs tapfere Recken auf der Suche nach Ruhm und Reichtum, nahmen es in der Folge auch mit allen Gefahren auf. Tatsächlich hatten sie vor dem finalen Kampf nahezu alle Bonuspunkte verbraucht, während ich durch die sehr offene Vorbereitung nur wenige Komplikationspunkte eingesetzt hatte. Doch das hinderte sie nicht daran, auch den als Fluchfürst wiedererstandenen Magier auf seiner Flegelschnecke zu erledigen und mit Bergen von Gold und einigen wertvollen magischen Gegenständen den Keller zu verlassen.

Ein Fazit

Nun, nachdem ich den „Dirty Dungeon“ getestet habe, möchte ich attestieren, dass es sich wirklich gelohnt hat. Die Methode bindet die Spieler in den Abenteuerbau ein wie kaum ein anderes, klassisches Rollenspielabenteuer. Sie bietet darüber hinaus auch die Möglichkeit, herrlich verrückte Dinge auszuprobieren und zu kombinieren oder endlich einmal gegen Gegner zu kämpfen, die man sich schon immer als Schwertfutter gewünscht hat.

Wer einem Dungeoncrawl nichts abgewinnen kann, der wird natürlich auch hier nicht wirklich glücklich werden. Wer allerdings einmal eine Unterbrechung seiner Kampagne sucht, einen Spieleabend anderweitig überbrücken muss oder einfach nur von der Kreativität der Spieler profitieren will, sollte sich einmal am „Dirty Dungeon“ versuchen.

Links

Dungeon-Tiles:
www.drivethrurpg.com/product/215271/Grey-Dungeon-Tiles-Free-Version
www.drivethrurpg.com/product/217008/MapSmyth-Modular-Dungeon-Maps--Free-Sample-Pack
www.drivethrurpg.com/browse/pub/5371/Heroic-Maps

Dungeon-Karten
www.drivethrurpg.com/product/175497/33-Dungeon-Maps

Spielkarten
imgur.com/gallery/OLN8u