Reign of the Exarchs

„Reign of the Exarchs“ ist ein Kampagnenband für „Mage: The Awakening“, der eine Chronik rund um die fünf Artefakte der entthronten Königin enthält. Dabei müssen sich die Spielerfiguren in fünf Szenarien gegen die Seher des Throns, die Diener der Exarchen hier in der gefallenen Welt, behaupten und die Gegenstände finden, um am Ende vielleicht die Geheimnisse rund um die Legende der entthronten Königin aufzulösen.

von Nicolas Hohmann

 

Äußerlich glänzt „Reign of the Exarchs“ wie fast jedes „Mage“-Buch durch sein atemberaubendes Cover. Die Innenillustrationen sind dann leider – auch typisch für „Mage“ – von bescheidener Qualität. Der Hardcoverband hat 148 Seiten, Einleitung, Kurzgeschichte und Werbung inklusive. Insgesamt werden einem fünf separate Abenteuer präsentiert, welche nicht zwangsläufig nacheinander gespielt werden müssen, sondern auch in eine laufende Chronik peu-à-peu eingestreut werden können. Wobei bei der Tragweite der sich entwickelnden Geschichte selbstverständlich ist, dass die Jagd nach den Artefakten dann schnell zum Kern der Chronik wird.

Die einleitende Kurzgeschichte ist leider total lahm, trägt keine Atmosphäre und hat mit der Chronik an sich nichts zu tun, bis auf die Tatsache, dass der eine Magus eben ein Seher des Throns ist. Danach eine Doppelseite Einleitung, in der eine kurze Übersicht über die Themen der Chronik gegeben werden – dies sind eben die Artefakte, die entthronte Königin sowie Kontrolle und Paranoia. Wie genau man diese Themen umsetzt oder wie einem die paranoide Atmosphäre gelingen soll, bleibt allerdings verschwiegen.

Auftakt der Chronik ist das Szenario „The Ring“, in dem ein Magus bei den Spielerfiguren, die sich eine gemeinsame Zuflucht teilen sollten, das Recht der Gastfreundlichkeit in Anspruch nimmt, um sich von den Attacken seiner Feinden etwas zu erholen. Er kann den Magiern versichern, dass ihnen keine Gefahr droht und dass er in ein paar Tagen wieder weg ist. Da es die Magier mit der Gastfreundlichkeit sehr ernst nehmen, wird den SC wohl auch nichts anderes übrig bleiben, als dem armen Mann Zuflucht zu gewähren. Er zieht auch tatsächlich von danen, nichts ist passiert, doch er hat etwas vergessen – nämlich den Ring, bei dem es sich um eines der Artefakte der Königin handelt. Bald bekommen die Spielerfiguren dann Besuch von Magiern eines Pylons aus Irland, die nun auf sie die Jagd eröffnet haben und mittels einer mir sehr seltsam vorkommenden Intrige den Ring zurückholen möchten. Leider kein sehr gelungener Auftakt.

„The Robe“ ist dagegen ein echter Quantensprung und ein sehr schönes Abenteuer, das sich zu spielen lohnt. Eine befreundete Magierin der Spielerfiguren, die schon seit langem von Träumen heimgesucht wird, erlebt diese nun reeller und häufiger und erfährt auch einen Wandel in ihrer Persönlichkeit. Ganz plötzlich begibt sie sich auf die Suche nach Gegenständen, von denen sie selbst nicht weiß, warum sie sie braucht. Grund genug, dem auf den Grund zu gehen. Zunächst verschlägt es die Magier in die Anderwelt an einen ziemlich genial gemachten Ort, der, richtig ausgespielt, die Gruppe in Aufruhr versetzen wird. Dort findet man die Gesuchte und wird gezwungen, sie auf ihrer Suche zu begleiten. Sie führt die Gruppe also in ein kleines englisches Dörfchen, eine wahre Idylle voller freundlicher und angepasster Menschen – doch ziemlich schnell wird klar, dass es sich dabei nur um eine Fassade handelt und die Diener der Exarchen näher sind, als einem lieb ist.

„The Scepter“ ist das dritte Abenteuer der Chronik und mit Abstand das beste des ganzen Bandes. Die Spielerfiguren wurden im Laufe der Handlung in eine künstliche Welt entführt, über desses wahre Natur sie sich zunächst gar nicht im klaren sind – und während sie sich mit den Allerweltsproblemen von gewöhnlichen Menschen herumschlagen, drohen ihre Körper zu sterben. Und als sie beginnen zu realisieren, wo sie sich in Wirklichkeit befinden, kippt ihre Umgebung und wird zu einem wahren Albtraum, aus dem sie entfliehen müssen. Am Ende wird ihnen dies (hoffentlich) gelingen und sie haben ein weiteres Artefakt geborgen.

Mit „The Crown“ geht es wieder ein ganzes Stück abwärts. Präsentiert wird wieder ein seltsames Polit-Spiel mit einem Plan, der sich mit nicht erschließt. Das Abenteuer ist wieder in der Heimat der Spielerfiguren angesiedelt. Einige Diener der Exarchen möchten an die von den Spielern gehorteten Artefakte, beschwören dazu ein mächtiges Monster, und um herauszufinden, wer ihnen überhaupt etwas Böses will, müssen sich die Spielerfiguren durch Zwiebelschalen an Dienern und Mittelsmännern graben, während sie gleichzeitig auf politischer Ebene ihre Integrität wahren müssen. Ganz im Stile vom ersten Abenteuer, nur mit anderen Antagonisten.

„The Throne“ bildet dann den leider nicht ganz glorreichen Abschluss der Chronik. An sich ist es ein gutes Abenteuer, nur werden die Spieler durch das Ende enttäuscht sein, denn es ist wenig spannend und ganz und gar nicht befriedigend, was man nun mit den fünf Artefakten so anstellen kann. Der Weg zu dem Thron hingegen, der in diesem Abenteuer behandelt wird, ist recht interessant. Ein Pylon von Sehern hat sich eine Scheinfirma aufgebaut, in dessen riesigen Bürokomplex sie ihren Anführer, der auf dem Thron sitzt, bewachen. Dieser hat einen perfiden Plan ersonnen, die Artefakte der entthronten Königin an sich zu reißen, und die Spielerfiguren spielen die Hauptrolle! Es gilt den Plan zu durchschauen und den Spieß umzudrehen. Bis auf das Fehlen einer dringend nötigen Karte des Komplexes sowie dem leider etwas traurigen Ende der Chronik verspricht dieses Abenteuer Spannung.

Insgesamt enthält „Reign of the Exarchs“ also zwei sehr gute, ein gutes und zwei eher schwache Abenteuer, im Durchschnitt überwiegt der positive Gesamteindruck.

Doch einige Worte möchte ich noch über die fünf Szenarien, die ja als Kampagne konzipiert sind, verlieren. So hat man ja im Allgemeinen die Vorstellung, bei einer Kampagne würden die einzelnen Versatzstürcke zusammenhängen und es gäbe einige wiederkehrende und verbindende Elemente. Dies sind bei „Reign of the Exarch“ einzig und alleine die fünf Artefakt der entthronten Königin. NSC, die in dem einen Abenteuer sehr bemüht und angestrengt auf der Suche nach den Gegenständen waren, interessieren sich im nächsten Akt kein Stück mehr dafür – zumindest werden sie nicht mehr erwähnt. So wird mal als SL sehr häufig von Autorenteam alleine gelassen oder doch gebeten, hier selbst etwas Arbeit hineinzuinvestieren.

Überhaupt ist jedes Abenteuer an einigen Stellen vom Erzähler auszuarbeiten, sodass bei der korrekten Vorbereitung nochmal zwei bis drei zusätzliche Stunden notwendig sein werden. Ebenfalls fehlen einige Hintergrundinformationen über die Entthronte Königin und ihre Artefakte, was nett gewesen wäre, da ich mir durchaus vorstellen kann, dass eine Gruppe nicht nur an der Macht der Gegenstände, sondern auch an deren antlantischer Vergangenheit interessiert ist. Dies trübt den Gesamteindruck als Kampagne etwas.

Fazit: Mit „Reign of the Exarchs“ hat das Entwickler-Team rund um „Mage: The Awakening“ es leider nicht geschafft, an die glänzenden Kampagnen des „Mage“-Spiels der alten „World of Darkness“ anzuschließen. Dennoch enthält das Buch im Schnitt eine solide bis gute Abenteuersammlung, die mit einiger Zusatzarbeit der SL für einige denkwürdige Spielsitzungen sorgen kann. „Mage“-Spieler, die nach dem neuen System und der neuen Mythologie spielen, werden den Kauf des Buchs jedenfalls nicht bereuen.


Reign of the Exarchs
Abenteuerband
Brian Campbell, Gary Glass, Robin D. Laws u. a.
White Wolf 2006
ISBN: 1588464288
148 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 26,99

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