Player’s Handbook 2 (v.4.0)

Wenn im ersten Band eines „Spieler-Handbuchs“ nicht alle Informationen untergebracht werden konnten, dann besteht immer die Möglichkeit, einen weiteren Band herauszubringen. In diesem Fall geht es um das „D&D Player’s Handbook 2“ und die entscheidende Frage: Lohnt es sich?

von Chris Sesterhenn

 

Im Vergleich zur Vorgängerversion fehlen im „Player’s Handbook“ für „Dungeons & Dragons 4.0“ zum Beispiel die Klasse des Barbaren oder die Rassen Gnom und Halb-Ork. Mit dem „Player’s Handbook 2“ sollen unter anderem diese nun nachgereicht werden. Meine eigenen Erwartungen in das neue „Player’s Handbook 2“ sahen im Vorfeld der Rezension unterdessen wie folgt aus: für mich interessante Rassen und Klassen (selbstverständlich mit Powers und Feats) sowie eine Erweiterung des Regelwerks oder zumindest eine Aufstockung der bisherigen Optionen.

Doch zuerst einmal die trockenen Fakten – die äußeren Werte:

Das „Player’s Handbook 2“ umfasst 224 Seiten und passt sich bezüglich Verarbeitungsqualität, Layout und Strukturierung der Inhalte nahtlos an das „Player’s Handbook“ an. Die solide Verarbeitung weiß zu überzeugen und sollte auch einem umfangreichen Einsatz am Spieltisch standhalten. Das Beibehalten von Layout und Aufbau der Inhalte erleichtert die Orientierung ungemein. Kurz zusammengefasst: Der Wizards-of-the-Coast-Standard ist erfüllt. Glossar und Index sind zwar am Ende des „Player’s Handbook 2“ vorhanden, dürften aber für meinen Geschmack gerne etwas umfangreicher sein. Die zahlreichen farbigen Abbildungen und auch das Titelbild passen ebenfalls in das bisherige Konzept der vierten Edition, doch lässt sich wie so oft über Geschmack hervorragend streiten.

Interessanter wird es bei der Frage: Um was geht es überhaupt? – zum Inhalt:

Das „Player’s Handbook 2“ präsentiert insbesondere neue Rassen und Klassen. Dabei werden die bisherigen Energiequellen der verschiedenen Klassen (martial, arcane und divine) um „primal“ erweitert. Und ja, auch für diese soll es einen Band mit weiteren Kräften und Klassenoptionen geben (vermutlich „Primal Power“ genannt).

Die Einleitung und die Hintergrundinformationen zur neuen Quelle primal passen jeweils auf eine Seite. Daher werden ab Seite 6 die fünf neuen Rassen jeweils auf einer Doppelseite vorgestellt. Diese sind:

  • Deva – Sie waren einst unsterbliche Geister, die den Göttern des Guten dienten und nun einen vergänglichen Körper besitzen. Doch der Kampf gegen das Böse in der Welt geht weiter.
  • Gnome – Sie kennt man bereits aus der Vorgängerversion. Sie sind noch immer klein und neugierig und haben ihre Vorliebe für Illusionen und Gaunereien nicht verloren.
  • Goliath – Sie sind die hochgewachsenen Angehörigen von Nomadenstämmen, welche in Bergregionen auf die Jagd gehen. Auseinandersetzungen bestimmen und prägen ihr Leben.
  • Half-Orc – Auch sie sind aus der Vorgängerversion bekannt. Noch immer stehen bei ihnen Stärke und Kampf im Vordergrund.
  • Shifter – In ihrem Blut finden sich noch immer die Spuren ihrer lykantrophischen Vorfahren. Zwar können sie sich nicht mehr komplett in einen Werwolf oder Wertiger verwandeln, doch zeitweise flammen die animalischen Instinkte und Kräfte in ihnen auf.

Die nächsten zwölf Seiten bieten neue Optionen für den Racial Paragon Path. Hierbei beschränken sich die Optionen nicht nur auf die neuen Rassen. So findet sich beispielsweise für Zwerge der Firstborn of Moradin oder für Elfen der Twilight Guardian.

Den größten Teil des „Player’s Handbook 2“ bildet von Seite 30 bis Seite 169 die Präsentation der neuen Klassen (inklusive Powers und Paragon Paths). Diese umfassen:

  • Avenger (divine, Striker) – In geheimen Tempeln wurden diese Kämpfer ausgebildet, um einzelne Feinde zu jagen und zu vernichten.
  • Barbarian (primal, Striker) – Noch immer bildet die Rage den wichtigsten Teil dieser Klasse.
  • Bard (arcane, Leader) – Seine Kräfte konzentrieren sich auf unterstützende Gesang, Tänze oder auch Schreie sowie exklusive Rituale.
  • Druid (primal, Controller) – Neben den Naturkräften stehen ihm durch die Verwandlung in eine Tiergestalt weitere Kräfte zur Verfügung.
  • Invoker (divine, Controller) – Diese Streiter des Glaubens sind auf Manipulation und Kampf ausgelegt. Im Vergleich zu Klerikern sucht man unter ihren Kräften Heilung (fast) vergeblich.
  • Shaman (primal, Leader) – Ihre Kräfte greifen insbesondere auf die Beschwörung von Geistern zurück. Dabei kann ein Schamane zahlreiche seiner Kräfte auch durch seinen Geistergefährten fließen lassen.
  • Sorcerer (arcane, Striker) – Ihre zerstörerischen Kräfte basieren auf Dragon oder Wild Magic. Beiden gemeinsam ist das Ziel, Schaden anzurichten und den Gegner durch Magie zu vernichten.
  • Warden (primal, Defender) – Sie sind naturverbundene Wächter, die sich oder ihre Verbündeten durch die Kraft der Natur gegen die Angriffe ihrer Feinde schützen.

Abgerundet wird das Kapitel durch einige neue Epic Destinies, welche sich – wie bereits die Racial Paragon Paths auch – nicht nur auf die neuen Klassen beschränken.

Weiter geht es mit doch immerhin sechs Seiten zum Thema „Hintergrund eines Helden“. Hier hätte ich mir mal wieder deutlich mehr Informationen gewünscht, aber die Aufmerksamkeit wird sehr schnell auf die nächsten 13 Seiten gezogen. Denn hier werden die neuen Feats vorgestellt. Unter den rassen- beziehungsweise klassenspezifischen Feats finden sich vereinzelt auch Feats mit allgemeineren Voraussetzungen. Daher sind diese auch für die „alten“ Rassen und Klassen von Interesse.

Ernüchternd ist die neue Ausrüstung für Abenteurer. Hier schaffen es die Instrumente für Barden sowie Totems für Druiden und Schamanen gerade einmal auf eine Viertelseite. Im Vergleich dazu erstrecken sich die neuen magischen Gegenstände auf „überragende“ 14 Seiten. Auch die im Anschluss daran aufgeführten neuen Rituale bringen es eben so auf eine Stückzahl von 23, neun davon exklusiv für Barden.

Im Anhang findet sich dann auf gut fünf Seiten noch ein Update der Regeln, wobei sich dieses insbesondere auf die Beschreibung der neuen Schlüsselwörter konzentriert. Für mich war dies eine (leider befürchtete) Enttäuschung.

Zusammenfassend lässt sich kurz und knapp sagen:

Das „Player’s Handbook 2“ ist durch die neuen Rassen und Klassen eine gelungene Ergänzung für das „Player’s Handbook“, auch wenn ich die Klasse Monk noch immer vermisse. Aber durch die stiefmütterliche Behandlung der weiteren Themen ist es aus meiner Sicht keine wirkliche Erweiterung geworden.

Bleibt die Frage: Für wen lohnt es sich? – meine Einschätzung:

Wer dringend nach neuen Rassen und Klassen sucht oder beispielsweise auf den Barbaren gewartet hat, bekommt mit dem „Player’s Handbook 2“ eine solide Ergänzung des bisherigen Spektrums. Wer hingegen ausschließlich Interesse an neuen Feats, Ritualen oder magischen Gegenständen hat, sollte sich meiner Meinung nach einen Kauf sehr gut überlegen, da bei einer Reduzierung auf diese Inhalte nur ein schlechtes Preis-Leistungsverhältnis für das „Player’s Handbook 2“ übrig bleibt.

Bonus: erster, kurzer Erfahrungsbericht aus der Praxis

Zwei der neuen Klassen konnte ich bereits in Aktion erleben: zum einen den Shaman und zum anderen den Avenger.

Das Konzept des Shaman sieht vor, dass er einen Teil seiner Kräfte durch seinen Geistergefährten wirken kann. Zusätzlich kann der Geistergefährte als kurzfristiger Blocker an strategisch wichtigen Punkten eingesetzt werden. In Kombination mit einigen Heilfähigkeiten konnte mich das Shaman-Konzept bisher begeistern. Der Langzeittest wird weitere Erkenntnisse bringen.

Der Avenger soll der Fluch für einzelne Gegner sein. Und im ersten Test war er das auch. Bereits Oath of Enmity bereitet Spielern leuchtende Augen: Wähle dir einen Einzelgegner aus, wirf für den Nahkampfangriff zwei W20 und suche dir das bessere Ergebnis aus. Der Effekt am Spieltisch ist sehr beeindruckend, die neidischen und ungläubigen Blicke der Mitspieler sind vorprogrammiert. Doch um die Wirkung etwas besser einschätzen zu können, hier noch eine kurze und beispielhafte Betrachtung (aus mathematischer Sicht): Angenommen, die Trefferchance liegt bei 30 Prozent. Dann wird diese durch Oath of Enmity (beim Kampf gegen einen Einzelgegner) auf etwa 50 Prozent verbessert. Diese Verbesserung entspricht einem Bonus von +4. Maximal kann ein Bonus von +5 erreicht werden (Fragen zur Mathematik bitte per Email an die Ringboten-Redaktion schicken).

Fazit: Mit dem „Player’s Handbook 2“ präsentiert Wizards of the Coast eine solide Ergänzung der bisherigen Rassen und Klassen für „Dungeons & Dragons“ der 4. Edition. Wer genau danach sucht, kann unbesorgt zugreifen und mit einem neuen Helden zu weiteren Abenteuern aufbrechen.


Player's Handbook 2
Quellenbuch
Jeremy Crawford, Mike Mearls, Hames Wyatt
Wizards of the Coast 2009
ISBN: 978-0-7869-5016-4
224 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 34,95

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