von Fiona Phoenix
Diese Geschichte spielt um das Jahr 1000 n. Chr. und dreht sich um Lena, die ältere von zwei Schwestern, welche in einer frühchristlichen Welt ihren Weg durchs Leben zu finden suchen. Ihre Mutter verschwand früh und ein paar Jahre später verstarb auch ihr Vater, während sie gemeinsam auf dem Weg in seine römische Heimat waren. So strandeten die beiden Schwestern auf halbem Weg in Straßbourg und müssen nun praktisch als Waisen in der Welt zurechtkommen. Dabei mögen sie sich aber an die christlichen Normen nicht so recht halten und so ist es kein Wunder, dass sie sich bald, wenn auch eher aus einem Zufall heraus, in einem Gauklerwagen wiederfinden und sich bei den fahrenden Leuten ein Heim schaffen. Hanna soll Seiltanzen lernen, Lena jedoch geht bei einem Erlenmann in die Lehre, denn sie hat beschlossen, wie ihre Mutter eine Idisin zu werden.
Das ist jedoch erst der Anfang des Abenteuers, denn die beiden Schwestern werden bald darauf auseinandergerissen und Lena muss sich auf die Suche nach ihrer Schwester Hanna machen, welche von dem Asen Loki entführt worden ist. Sie zu finden und zu befreien ist zugleich Lenas Aufnahmeprüfung für die Schule der Druiden und zudem kann erst nach bestandener Prüfung ihr Lehrmeister und Freund, der Erlenmann, zu seiner eigenen Familie zurück, welche er selbst bei seiner eigenen Prüfung damals nicht hatte befreien können.
Doch das Leben stellt Lena noch weitere Aufgaben; Fragen, auf die sie eine Antwort finden muss. Warum hat ihre Mutter sie damals verlassen? Ist es wahr, dass sie gefangen gehalten wird, wie Lena in Mimirs Brunnen sieht? Und dann erfährt Lena noch, dass sich der Fenriswolf losgerissen hat und Jörmungandr, die Midgardschlange, sich aus den Tiefen der Erde befreit und bald ihr Unwesen treiben wird. Ist Ragnarök nahe? Und wird sie selbst eine Rolle dabei spielen und bereit sein, auf der Seite der Asen zu kämpfen?
Die Autorin mag für das Buch viel recherchiert und sich belesen haben über die nordischen Göttersagen, Schamanismus, den keltischen Baumkalender, Weissagungen und mehr, aber nichtsdestotrotz war das Buch für mich äußerst schwer zu lesen und ich muss gestehen, ich hätte es nicht einmal fertig gelesen, wenn ich es privat gelesen hätte.
Das Problem liegt schlicht darin, dass sich beim Lesen des Buches keine Spannung aufbaut. Die Protagonistin fällt eher ohne erkennbare Motivation durch die Geschichte, ständig passieren ihr einfach nur Dinge, als dass sie selbst agiert. Gerät die Protagonistin in Probleme, fallen ihr die Lösungen für diese einfach so zu und Ereignisse, die sie hätten betroffen machen oder auch verwundern müssen, tut sie mit einem Schulterzucken ab.
Die Charaktere werden generell ziemlich flach dargestellt und die Geschichte verläuft sprunghaft und oft nicht wirklich nachvollziehbar. Entsteht kurz etwas Spannung, kann man eine Richtung erkennen, wird diese bald darauf wieder zerstört, weil sich die Lösung der fraglichen Unwägsamkeit einfach selbst präsentiert.
Nicht nur die Handlung, auch der Schreibstil war leider etwas schwer zu verdauen. Oft verwendet die Autorin unpassend erscheinende Adjektive oder einen verdreht anmutenden Satzbau, worüber man beim Lesen stolpert. Ebenfalls verwendet sie häufig Worte, etwa um einen Zauber zu benennen oder zu beschreiben, die weder im Text noch in einem Glossar erklärt werden. Vielleicht kann man dieses Buch nur verstehen, wenn man sich die im Anhang genannte „weiterführende Literatur für interessierte Leser“ ebenfalls zu Gemüte geführt hat. Das jedoch ist mir zumindest zu viel Aufwand für ein einzelnes Buch.
Auch ich bin ein Fan nordischer Göttersagen, des Keltentums, des Runenlesens usw. und deshalb tut es mir Leid, all das schreiben zu müssen, denn ich hatte mich auf das Buch gefreut, das sich dem Titel nach sehr interessant angehört hatte. Aber hätte ich mir dieses Buch privat gekauft, ich hätte es bedauert.
Allerdings hat die Autorin gute Ansätze in den Ideen, und der Hintergrund des Buches mit der nordischen Götterwelt und dem Zwiespalt zwischen beginnendem Christentum und dem immer stärker verdrängten alten Götterglauben ist ebenso faszinierend. Wenn die Autorin nur an der Ausarbeitung der Charaktere, dem Schreibstil und einer erkennbaren Linie im Handlungsstrang arbeiten würde, würden die folgenden Bücher (es soll eine vierbändige Reihe werden, Band 2 liegt schon auf meinem Schreibtisch) sicherlich lesbarer und vielleicht sogar wirklich gut werden. Es scheint, als wäre „Nordland“ das erste Buch der Autorin und so mag ein wenig Nachsicht angebracht sein.
Fazit: „Nordland“ versammelt einige gute Ideen zwischen seinen Klappendeckeln, allerdings hapert es leider an der praktischen Ausführung. Doch wie heißt es so schön: „Übung macht den Meister“ – und so besteht vielleicht noch Hoffnung, dass der Lesespaß in den folgenden Bänden noch steigt.
Nordland
Fantasy-Roman
Karin Schulze
Anderwelt Verlag 2007
ISBN: 978-3-940321-00-8
325 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 13,90
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